"Ampel"-Plan: Impfpflicht für Volljährige soll bis Ende 2023 befristet werden
Abgeordnete wollen demnach Bußgelder, aber keine Erzwingungshaft. Die Meinungen von Medizinern gehen auseinander. Zielgruppengerechte Aufklärung gefordert
Eine größere Gruppe von Abgeordneten der Regierungsfraktionen von SPD, Grünen und FDP im Bundestag hat sich laut Medienberichten Eckpunkte für eine allgemeine Impfpflicht gegen das Coronavirus ab 18 Jahren geeinigt.
Die allgemeine Impfpflicht für Volljährige soll demnach bis Ende 2023 befristet eingeführt und mit Bußgeldern, aber angeblich nicht mit Erzwingungshaft durchgesetzt werden. Erfüllt wäre sie mit drei Impfungen – die Vollstreckung eines Bußgeldbescheids soll ausgesetzt werden, wenn die Impfung innerhalb von sechs Wochen nachholt, berichtete am Freitagabend das ARD-Hauptstadtstudio unter Berufung auf ein Eckpunktepapier der Ampel-Abgeordneten.
"Zwangsimpfungen wird es nicht geben"
"Das ist der Weg, den wir gehen wollen", sagte der Grünen-Politiker und frühere Hamburger Justizsenator Till Steffen als einer der Initiatoren der Nachrichtenagentur Reuters. "Es geht bei der Impfpflicht darum, möglichst viele Menschen zu einer Impfung zu bewegen." Daher werde eine enge Zusammenarbeit mit den Krankenkassen angestrebt, die ihre Versicherten über das neue Gesetz und Beratungsangebote informieren sollten. Ein fertiger Gesetzentwurf soll kommende Woche vorgelegt werden. Im März könnte der Bundestag ohne Fraktionszwang darüber abstimmen.
Ein Alternativkonzept aus den Reihen der FDP, das auch von einzelnen Grünen-Abgeordneten unterstützt wird, sieht vorerst nur verpflichtende Beratungsgespräche für alle volljährigen Ungeimpften vor. Je nachdem, wie sich die Lage dann weiterentwickelt, soll es eine Impfpflicht ab 50 Jahren geben, da mit dem Alter das Risiko schwerer Verläufe steigt und die Impfung vor allem als Eigenschutz effektiv ist.
Die Einschätzungen von Medizinern zur Sinnhaftigkeit einer allgemeinen Impfpflicht gehen auseinander. Der Vorstandsvorsitzende des Weltärztebunds, Frank Ulrich Montgomery, begrüßt es grundsätzlich, meldet aber Zweifel an, wie es umgesetzt werden soll: "Zwangsimpfungen wird es nicht geben – dazu stehen Ärztinnen und Ärzte nicht zur Verfügung. Deswegen kommt es auch hier auf die handwerkliche Qualität des Gesetzes an", sagte Montgomery der Rheinischen Post.
Impfgegnertum vs. Sprachbarrieren und Diskriminierungserfahrungen
Der Virologe Stöhr meint dagegen, für diese Saison käme eine allgemeine Impfpflicht zu spät, sie sei weder zielführend noch alternativlos. "Dazu kommt, dass sie auch nicht ohne Nebenwirkungen ist", sagte Stöhr der Fuldaer Zeitung und regte an, mehr Soziologen und Psychologen einzubinden, um mit einem besseren Wissen über die Impfskeptiker zielgerichtet Impfangebote machen zu können.
Während ideologisch gefestigte Impfgegner in der Regel deutschstämmig sind, kommen Ungeimpfte ohne grundsätzliche Vorbehalte oft aus migrantischen Communities – und hier spielen offenbar Sprachbarrieren, aber auch Diskriminerungserfahrungen eine Rolle. Dies ergab zumindest eine Studie des Robert-Koch-Instituts (RKI), die vor wenigen Tagen veröffentlicht wurde: "Je häufiger Diskriminierung im Gesundheits- oder Pflegebereich erlebt wurde, desto eher sind Personen ungeimpft", heißt es darin.