Andrij Melnyk: Er ist wieder da – und pöbelt wieder

Hinterlässt in Diplomatie Ruinen: Andrij Melnyk. Bild: Achim Wagner, Shutterstock.com

Ukraine-Diplomat zu SPD-Fraktionsvorsitzenden: "Widerlichster deutscher Politiker". Äußerung relativiert versöhnliches Interview. Und: Auf X kam es noch krasser.

Der ehemalige ukrainische Botschafter in Berlin, Andrij Melnyk, hat mit verbalen Angriffen auf die deutsche Politik für Aufsehen gesorgt. Ein entsprechendes Posting sorgt nun erneut für Irritationen in Berlin und lässt die selbstkritischen Töne des umstrittenen Diplomaten unglaubwürdig erscheinen.

Verbale Attacke aus Brasilia

Melnyk war von 2015 bis 2022 Botschafter der Ukraine in Berlin. In dieser Zeit sorgte er mit Angriffen und Beleidigungen gegen deutsche Politiker für Skandale. Nachdem die Spannungen das Verhältnis zwischen Berlin und Kiew belastet waren, wurde er abberufen – und ist derzeit Botschafter seines Landes in Brasilien.

Nach seiner Abberufung als Botschafter in Berlin hatte er in einem Interview mit dem Berliner Tagesspiegel "viele Fehler" während seiner Tätigkeit in Berlin eingeräumt. Melnyk zeigte sich aber auch zufrieden, die bundesdeutsche Politik nach dem russischen Angriff auf sein Land "aus ihrer Lethargie" gerissen zu haben.

Melnyk will nicht als Verrückter gelten

Zu seiner Arbeit als Botschafter in Berlin sagte Melnyk, er sei "oft als Verrückter dargestellt" worden, "der immer etwas Unverschämtes fordert". Dennoch sei es ihm auch gelungen, Diskussionen anzustoßen: "Es liegen Welten zwischen der Hilfe, die wir heute erhalten und der zu Kriegsbeginn. Darauf bin ich stolz."

Flexible Grenzwertigkeit bei Melnyk

In dem Interview gab er sich auch selbstkritisch: "Ich hätte meine Rolle vielleicht ab und zu weniger leidenschaftlich ausfüllen können, um manche Menschen nicht vor den Kopf zu stoßen."

Er habe sich "in einer Art emotionalem Ausnahmezustand" befunden: "Ich wollte so viele Deutsche wie möglich erreichen, um den Druck auf die Regierung zu erhöhen. Aber ich hatte keine Zeit, lange nachzudenken." Dass er Scholz einmal eine "beleidigte Leberwurst" genannt habe, sei im Nachhinein "grenzwertig" gewesen.

So griff Melnyk Mützenich an

Zeit zum Nachdenken scheint Melnyk auch in Brasilien zu fehlen. In der Debatte um einen neuen Taurus-Antrag der Unionsfraktion im Bundestag griff ihn der SPD-Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich in gewohnter Manier scharf an. Melnyk schrieb im Kurznachrichtendienst X:

Habe immer gesagt: dieser Typ war und bleibt der widerlichste deutsche Politiker. Für immer und ewig

Andrij Melnyk

Er bezog sich dabei auf einen Ausschnitt aus Mützenichs Rede, in dem dieser sagte:

Ist es nicht an der Zeit, dass wir nicht nur darüber reden, wie man einen Krieg führt, sondern auch darüber nachdenken, wie man einen Krieg einfrieren und später auch beenden kann? Geht es nicht auch politisch um diese Fragen?

Rolf Mützenich

Die Replik von SPD-Mann Ralf Stegner

Melnyks harsche Replik wurde wiederum vom SPD-Bundestagsabgeordneten Ralf Stegner kritisiert. Er schrieb auf X:

Herr Botschafter, Sie beleidigen den Vorsitzenden der größten Regierungsfraktion einer Regierung, die Ihr Heimatland mit 28 Mrd. € zur Verteidigung gegen den russischen Angriffskrieg mehr unterstützt hat als jedes andere europäische Land +1Mio. ukrainische Flüchtlinge aufgenommen hat.

Ralf Stegner

Stegner zu Hilfen: War das wirklich "falsch"?

Ob diese Aussage "falsch" ist, wie eine anonyme Quelle unter dem Tweet anfügte, weil diese Summe nicht ausschließlich für militärische Zwecke verwendet wurde, sei dahingestellt; schließlich entlasten auch nicht-militärische und humanitäre Hilfen den ukrainischen Staat im Verteidigungskampf.

Fakt ist, dass nach offiziellen Angaben bisher 32 Milliarden Euro aus der Bundesrepublik nach Kiew geflossen sind. Die Attacken von Melnyk dürften die Bereitschaft in Regierungskreisen, einen zunehmend verloren geglaubten Konflikt weiter zu finanzieren, nicht gerade erhöhen.

Melnyk-Fanbase auf X außer Rand und Band

Auf dem Kurznachrichtendienst, der früher Twitter hieß, löste Melnyks Tirade indes einen regelrechten Überbietungswettbewerb an Schmähungen gegen den SPD-Fraktionschef aus.

Ein aus Hamburg gemeldetes X-Konto mit dem Namen "Lena Berger" plädierte dafür, "Mützenichs Bezüge einzufrieren, solange er als Sprachrohr des Kreml in unserem Parlament agiert". Eine problematische Forderung eines bekannten Ukraine-Unterstützer-Accounts: deutsche Abgeordnete sollten nur dann Diäten erhalten, wenn sie genehme Meinungen verbreiten.

"Nafo-Fella" will SPDler einfrieren

Doch damit nicht genug. Der ebenfalls anonym agierende Account "TheFleetadmiral", der sich als "Nafo-Fella", also Nato-nah outet, hat es offenbar sogar direkt auf Mützenich und Stegner abgesehen. Er schlägt vor: "Mützenich einfach selbst einfrieren. Dann müssen wir uns sein Geschwätz wenigstens nicht mehr anhören! Und Ralle legen wir daneben!"

Das erneute Intermezzo mit Andrij Melnyk zeigt: Nach dem russischen Krieg gegen die Ukraine werden nicht nur dort die Trümmer aufgeräumt werden müssen. Auch in der Diplomatie wird ein Neuanfang nötig sein.