Asylpolitik: Menschenrechtsabbau statt Bekämpfung von Fluchtursachen

EU und Bundesregierung wollen mehr Abschottung wagen. Für die AfD geht das in die richtige Richtung. Symbolbild: vero_vig_050 auf Pixabay (Public Domain)

"Nicht eingereist" auf europäischem Boden: Wie die Asylpolitik der EU und der Bundesregierung Rechtsextreme stärkt. Und warum behauptet wird, das helfe Geflüchteten.

Die Asylpolitik der Bundesregierung und der EU läuft auf eine praktische Aussetzung des Asylrechts für eine Vielzahl der Flüchtenden und Migranten hinaus. Die von den EU-Innenministern am 8. Juni vereinbarte Reform sieht einen deutlich strikteren Umgang mit ihnen vor – allem wenn sie aus als sicher eingestuften Staaten kommen – das umfasst unter anderem die Balkanstaaten, Marokko, Senegal und Ghana.

Beispielsweise zu Ghana lesen wir aber im Länderbericht der Menschenrechtsorganisation Amnesty International über die Zustände im vergangenen Jahr:

Es gab zahlreiche Verstöße gegen das Recht auf freie Meinungsäußerung, und die Polizei übte exzessive Gewalt aus. Nach wie vor fanden rechtswidrige Zwangsräumungen statt. (...)

Ein Gesetzentwurf, der lesbische, schwule, bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche Menschen (LGBTI+) weiter kriminalisiert, wurde noch immer im Parlament behandelt. Frauen erfuhren weiterhin Diskriminierung. Es gab Berichte über Kinderarbeit.


Amnesty International / Ghana 2022

Auch die Todesstrafe ist dort bisher nicht abgeschafft, auch wenn sie in den letzten Jahren nicht mehr vollstreckt wurde.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) nennt den sogenannten Asylkompromiss "historisch". Andere, auch aus den Reihen der Bündnisgrünen, kritisieren: "Die Vorschläge werden Flüchtlinge nicht nur massiv entrechten und Rechtsstaatlichkeit weiter schleifen".

Amnesty kritisiert die Einrichtung von so genannten Asylzentren für Schutzsuchende die an den EU-Außengrenzen vorgesehen sind: In diesen Grenzlagern gelten sie als "nicht eingereist", obwohl sie sich zweifelsfrei auf europäischem Boden befinden.

"Das ist eine alte Idee aus der Ära von Horst Seehofer, dem die neue Bundesregierung nun offenbar ohnehin auf allen Ebenen nacheifert. Absehbar führt dies zur Inhaftierung der asylsuchenden Menschen", so die Menschenrechtsorganisation. Betroffene seien oft noch von der Flucht traumatisiert und in einem psychischen Ausnahmezustand. Eine Inhaftierung belastet sie zusätzlich "und wirkt wie eine Bestrafung dafür, einen Asylantrag gestellt zu haben".

Mit der erneuten Asylrechtsverschärfung tragen die Bundesregierung und die EU zur weiteren Stärkung der Rechten bei, indem sie deren Forderungen übernehmen.

Die AfD fordert beispielsweise "einen effektiveren Schutz der EU-Außengrenzen, notfalls durch die Errichtung von Grenzzäunen". Zudem seien Asylaufnahmezentren in Drittstaaten außerhalb von Europa zu schaffen. Asylverfahren müssten "deutlich verkürzt" und "Rückführungsabkommen mit den Herkunftsstaaten" abgeschlossen werden.

Zum EU-Grenzmanagement gehört die Flüchtlingsbekämpfung vor der Südgrenze Europas; immer wieder kommt es zu Berichten darüber, wie Flüchtende an den europäischen Außengrenzen zurückgeschickt werden.

Frontex in Hunderte Pushbacks verwickelt

Der britische Guardian berichtete vor einem Jahr, die EU-Grenzagentur Frontex sei "in Hunderte von Pushbacks von Flüchtlingen verwickelt". Was dann aus den Betroffenen wird, ist ungewiss.

Die UNO-Flüchtlingshilfe schreibt dazu:

Schon seit Jahren fliehen Menschen aus den Krisenregionen der Welt über das Mittelmeer nach Europa. (...) Jedes Jahr werden über 1.000 Menschen als vermisst oder verstorben registriert. 2022 starben oder verschwanden laut dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) mehr als 1.940 Menschen. (...) Die genaue Zahl der Opfer wird für immer im Dunkeln bleiben.


UNO-Flüchtlingshilfe

Statt Fluchtursachen wie Krieg und Umweltkatastrophen zu bekämpfen, bekämpfen die EU und mit ihr unter anderem auch die Bundesregierung ganz im Sinne der Rechten, darunter vor allem die Asylgegner AfD die Menschen, die vor Krieg und vor der Zerstörung ihrer Lebensgrundlagen fliehen. Die Bundesregierung sieht in der Verschärfung des Asylrechts eine Entscheidung für mehr Rechtssicherheit.

Sie spricht in ihrer Gesetzesvorlage zur Beschleunigung der Asylgerichtsverfahren und Asylverfahren davon, dass diese dank der angestrebten "erhöhten Effizienz und Akzeptanz der Asylverfahren" den betroffenen Menschen diene – unter anderem dadurch, dass sie schneller Klarheit hätten.

AfD: Treiber bei der Abschottung, Scheinopposition in Sachen Frieden

Die Akzeptanz finden EU und Ampel-Regierung vor allem rechts, wo die AfD gerade einen Höhenflug hat, der ihr ebenso viele Wählerstimmen verheißt, wie sie die Kanzlerpartei SPD in Umfragen erhält.

Vieles von ihrer Programmatik wird weißgewaschen – mitnichten nur die Politik gegen Geflüchtete. Die AfD stellt sich mit offensichtlichem Erfolg auch als Friedenspartei dar, etwa im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg. Dabei zeigt sich bei genauem Hinsehen ein ganz anderer Charakter ihrer Militärpolitik. Sie lehnt Waffenlieferungen an die Ukraine vor allem als "Ausplünderung der Bundeswehr" ab.

Der AfD-Obmann im Verteidigungsausschuss des Bundestages, Rüdiger Lucassen, hat ein Ende der Waffenlieferungen an die Ukraine und eine Rückkehr zur Wehrpflicht in Deutschland gefordert. "Bei den Waffenlieferungen, vor allem bei denen aus den Beständen der Bundeswehr, muss aber auch gesehen werden, dass es die Bundeswehr immer weiter plündert und die Verteidigungs- und Einsatzbereitschaft der Bundeswehr total minimiert", sagte der Oberst a. D. im Interview mit dem Fernsehsender phoenix.

Das Militarisierungsprogramm der AfD spricht Bände und steht für alles andere als Friedenspolitik oder gar eine Bekämpfung von Fluchtursachen.

Dazu Dr. Jan Bollinger, 1. stellvertretender Fraktionsvorsitzender und innenpolitischer Sprecher der AfD-Landtagsfraktion in Rheinland-Pfalz: "Offensichtlich hat es einen Krieg gebraucht, um die Altparteien aus ihren naiven Träumen einer friedlichen Weltgemeinschaft zu reißen und sie in die Realität einer Welt der widerstreitenden Kräfte zurückzuholen. Der Angriff Russlands auf die Ukraine zeigt uns, dass Wehrhaftigkeit die Voraussetzung für Freiheit ist."

Von der Wehrpflicht habe aber nicht nur die Bundeswehr profitiert, "sondern auch der Rettungsdienst, die freiwillige Feuerwehr, die Alten- und Pflegeheime und noch viele mehr", betont Bollinger. "Daher ist eine Dienstpflicht für Männer und Frauen begrüßenswert und darf nicht wieder auf die lange Bank geschoben werden. Wir begrüßen auch die Zusagen zu einer besseren Finanzierung der Bundeswehr, die wir als AfD schon lange fordern."

Allerdings braucht es die AfD gar nicht, um andere Länder unsicher zu machen, sei es durch Anheizen der Klimakatastrophe oder durch Kriege. Im Rahmen der Nato beteiligte Deutschland in den letzten Jahrzehnten unter Bruch des Friedengebots der UNO an Kriegen in der Golfregion, im Balkan und in Afrika – in Staaten, aus denen nach der durch Kriege erfolgten Zerstörung von Lebensgrundlagen ein Großteil der Flüchtlinge versucht, in die EU zu kommen.