Asylrecht unter Beschuss: Das sagt ein Pfarrer im Wahlkampf

Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU).

Flexibel in Sachen christliche Werte: Michael Stübgen (CDU). Foto: © K. Baumert / Quelle: MIK Brandenburg

Brandenburgs Innenminister Stübgen (CDU) fordert Streichung des Asylrechts. Er stand einst im Dienst der evangelischen Kirche. Die positioniert sich anders.

Wenige Tage vor der Landtagswahl in Brandenburg hat sich der dortige Innenminister Michael Stübgen (CDU) dafür ausgesprochen, das individuelle Recht auf Asyl aus dem Grundgesetz zu streichen. In dem Bundesland führte in Umfragen zuletzt die AfD, die mit einem "konsequenten Remigrationsprogramm" für sich wirbt und damit im Wahlkampf den Ton angibt.

"Das individuelle Recht auf Asyl ist im Grundgesetz nicht mehr nötig, weil wir nach den Regeln der Genfer Flüchtlingskonvention ohnehin Menschen, die verfolgt werden, Schutz gewähren", sagte Stübgen dem Handelsblatt.

"Deshalb befürworte ich, im Grundgesetz die Genfer Flüchtlingskonvention als Institutsgarantie zu verankern", so der Vorsitzende der Innenministerkonferenz (IMK), der zu DDR-Zeiten Theologie studiert hat und vor seinem Gang in die Politik als evangelischer Pfarrer tätig war.

Statt Recht auf Asyl: Deutschland soll Migranten aussuchen

Ohne das grundgesetzlich garantierte Asylrecht für Verfolgte wäre es möglich, Flüchtlingskontingente einzuführen, betonte Stübgen. "Wir entscheiden dann, wer in unser Land kommt. Und wir können festlegen, in welchem Ausmaß wir Migranten aufnehmen und integrieren können."

Stübgen schätzt die Chancen auf eine Grundgesetzänderung aber scheinbar selbst nicht als hoch ein; möglicherweise, weil das Asylrecht dem Schutz der Menschenwürde in Artikel 1 zuzuordnen ist und damit der "Ewigkeitsklausel" im Grundgesetz unterliegt.

"Deshalb konzentrieren wir uns jetzt auf das Machbare", sagte Stübgen laut Handelsblatt und forderte die Ausrufung einer nationalen Notlage, um Schutzsuchende an den Grenzen zurückweisen zu können.

Er sei überzeugt, dass dies rechtlich möglich ist, obwohl die Zahl der Neuankommenden derzeit rückläufig sei. "Die Belastungen sind nicht mehr zu stemmen", so Stübgen. Damit die Zurückweisungen erfolgreich sind, müssten Verhandlungen mit den Nachbarländern geführt werden.

Kirchenasyl: Ziviler Ungehorsam christlicher Gemeinden

Mit ehemaligen Pfarrerkollegen könnte Stübgen diesbezüglich in Konflikt geraten, denn in evangelischen Gemeinden gibt es seit Jahrzehnten eine Kirchenasylbewegung, die mit der christlichen Botschaft der Nächstenliebe argumentiert und nicht nur das bestehende Asylrecht verteidigt, sondern auch in Härtefällen Schutz vor beschlossenen Abschiebungen organisiert.

"Kirchenasyl bedeutet heute die vorübergehende Aufnahme von Flüchtlingen durch eine Pfarrei oder Kirchengemeinde zur Abwendung einer von den Gemeindemitgliedern als für die Schutzsuchenden an Leib und Leben bedrohlich angesehenen Abschiebung", erklärt der Verein Asyl in der Kirche Berlin-Brandenburg e. V. auf seiner Internetseite.

Anfang September waren dem Verein in Berliner und Brandenburger Gemeinden 40 Kirchenasyle mit insgesamt 47 Personen, darunter vier Kinder, bekannt. In 36 Fällen handelte es sich um "Dublin-Flüchtlinge" – also Asylsuchende, für die formell andere EU-Mitgliedsstaaten zuständig sind.

Asylrecht: Das sagt die Evangelische Kirche

Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) hat 2023 eine Broschüre mit dem Titel "Zehn Überzeugungen zu Flucht und Integration" veröffentlicht, in der es unter anderem heißt: "Nächstenliebe und Solidarität zeigen sich im Handeln: Menschen die Hand reichen, Brot geben, Zuflucht bieten, aus Lebensgefahr retten, vor Verfolgern verstecken. Viele Engagierte, darunter zahlreiche Christinnen und Christen, helfen Tag für Tag weltweit Schutzsuchenden und leben den Glauben, der auffordert, die Schwachen zu schützen."

Mit dem Plan, "das Asylrecht weiter auszuhöhlen", stelle die Europäische Union "ihr Selbstverständnis als Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts in Frage", kritisierte die EKD seinerzeit.

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