Auf dem Weg zu einem chemischen Computer
Eine Gruppe von französischen Forschern steht am Beginn einer für den Eintritt des Informationszeitalters entscheidenden Entdeckung. Sie konnten einen chemischen Schalter auf molekularer Ebene herstellen.
Seit einigen Jahren interessieren sich die Wissenschaftler für Computer, die mit Licht arbeiten, um Berechnungen auszuführen oder phantastische Informationsmengen zu speichern. Andere Gruppen versuchen Transistoren nicht mehr wie heute aus Silizium, sondern aus Plastik herzustellen. Der Vorteil: aus Molekülen gebaute Schaltkreise, die unendlich kleiner sind, und künstliche Materialien, die eine weitaus größere Vielfalt an unterschiedlichen Komponenten zulassen. All das ist der strategische Bereich, den man heute molekulare Elektronik nennt.
Der Nobelpreisträger Jean-Marie Lehn und sein Team am Collège de France haben in diesem Bereich einen Durchbruch erzielt. Sie haben ein Molekül hergestellt, daß die Rolle des Unterbrechers für Elektronen spielt und einen schwachen Strom durchläßt oder blockiert. Das sind Schalter, die es überall gibt! Mechanische, um Licht zu erzeugen, infrarote, um den Fernseher oder die Elektronik in den Computern aus der Ferne zu bedienen, oder transformiert zu Dioden oder Transistoren, ausgehend von Silizium-Halbleitern. Ein Halbleiter arbeitet wie eine Art Filter für Elektronen, die er unter bestimmten, von außen kontrollierbaren Bedingungen durchläßt. Dies ermöglicht die Herstellung von logischen Schaltkreisen, welche die der Arbeitsweise des Computers zugrundeliegenden mathematischen Operationen ausführen.
Mit den molekularen Schaltkreisen der Zukunft wird man auch den Strom von außen kontrollieren können. Eben das ist Jean-Marie Lehn gelungen. Das in einer Art molekularem Draht befindliche Unterbrechungsmolekül läßt eine Gruppe von Elektronen und daher Strom durch, wenn man es mit UV-Licht bestrahlt. Es unterbricht hingegen den Strom, wenn man es mit Infrarotlicht bestrahlt. Ein großer Fortschritt auf dem Weg zum molekularen Computer, den es irgendwann nach dem Jahr 2000 geben wird.
Joel de Rosnay: Homo symbioticus