"Auf jedes Szenario vorbereitet": Russland warnt vor Beschlagnahme von Vermögen für Ukraine
Russland droht USA mit Abbruch von Beziehungen bei Konfiszierung. 300 Milliarden US-Dollar sollen an Ukraine fließen. Nun kam eine klare Ansage aus Moskau.
Die russische Regierung könnte die diplomatischen Beziehungen zu den USA abbrechen, sollte Washington russische Guthaben konfiszieren, die wegen des Krieges in der Ukraine eingefroren worden sind. Das berichtete die russische Nachrichtenagentur Interfax unter Berufung auf den stellvertretenden Außenminister Sergej Rjabkow.
Die Vereinigten Staaten "sollten sich nicht der Illusion hingeben, dass Russland sich mit beiden Händen an die diplomatischen Beziehungen zu diesem Land klammert", sagte Rjabkow.
Russische Vertreter haben die Beziehungen zu den USA wegen der Militär- und Finanzhilfe Washingtons für die Ukraine als "unter der Nulllinie" bezeichnet.
Rjabkow betonte jetzt, dass Russland keine aktiven Schritte zum Abbruch der diplomatischen Beziehungen unternehmen werde. Ein Ende der politischen Kontakte zwischen Moskau und Washington aber könnte durch eine Reihe von Faktoren ausgelöst werden.
"Der Auslöser könnte die Beschlagnahmung von Vermögenswerten, eine weitere militärische Eskalation oder anderes sein. Ich möchte hier keine negativen Prognosen abgeben", so Rjabkow. Moskau, so fügte er an, sei "auf jedes Szenario vorbereitet".
Politiker in westlichen Staaten haben seit Beginn des russischen Krieges gegen die Ukraine wiederholt darauf gedrängt, eingefrorene russische Guthaben im Wert von rund 300 Milliarden US-Dollar an die Ukraine zu übergeben. Mit dem Geld solle der Wiederaufbau des vom Krieg zerstörten Landes unterstützt werden.
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Ein solcher Schritt wäre eine deutliche Zäsur in den internationalen Beziehungen. Das Einfrieren von Vermögen ist im Zuge politischer Strafmaßnahmen zwar üblich. Eine Konfiszierung aber würde mit dem internationalen Konsens brechen.
So sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Freitag vor Journalisten, eine Beschlagnahme russischen Vermögens wäre "ein schwerer Schlag für das globale Finanzsystem". Er bezog sich damit auf Gelder der russischen Zentralbank.
Diskutiert wurde aber auch der Einzug von Vermögen kremlnaher Oligarchen. Teilweise konnten sich diese Geschäftsleute die eingezogenen Vermögenswerte auf juristischem Weg aber wieder zurückerlangen, was auf die dünne juristische Grundlage entsprechender Maßnahmen hinweist.
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Peskow fügte an, Russland würde kein Land "in Frieden lassen, das seine Vermögenswerte beschlagnahmt". Für den Fall einer solchen Entwicklung prüfe Moskau bereits Mittel und Wege, westlichen Vermögenswerte es als Vergeltung zu beschlagnahmen.
Russland hat sich auf verschiedene Weise gegen westliche Strafmaßnahmen gewehrt. Westliche Staaten haben Moskau mit Sanktionen für den Krieg in der Ukraine bestraft. Eine Finanzierung des Krieges konnte nicht verhindert werden.
Diese Woche ordnete Präsident Wladimir Putin an, dass zwei europäische Konzerne, Wintershall Dea und OMV, ihre milliardenschweren Beteiligungen an Gasprojekten in der russischen Arktis zurückziehen.
Einzug von russischem Vermögen: Experten kritisch
Auch Experten haben sich verschiedentlich kritisch zum Einzug russischer Vermögenswerte geäußert. Anton Moiseienko von der Australian National University verlieh in seinem Artikel Frozen Russian Assets and the Reconstruction of Ukraine: Legal Options von Juni 2022 zwar seiner Überzeugung Ausdruck, der Zugriff auf eingefrorene russische Vermögenswerte sei wahrscheinlich die einzige Möglichkeit, russische Gelder zur Entschädigung der Ukraine zu sichern.
Es existiere jedoch noch kein rechtlicher Rahmen für eine solche Entschädigung. Daher besteht ein Unterschied zwischen den politischen Bestrebungen und den verfügbaren rechtlichen Instrumenten zur Einziehung der Gelder.
Bundestagsdienst: Staaten zögern vor konkreten Schritten
Moiseienko skizziert Wege, wie aus seiner Sicht eine Beschlagnahme russischer Vermögenswerte möglich wäre. Die rechtlich einfachste Maßnahme wäre, die russischen Vermögenswerte einzufrieren, bis Russland die Ukraine vollständig entschädigt hat.
Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags stellte dazu fest, es gebe Zweifel an der Völkerrechtskonformität entsprechender "Enteignungs-Sanktionen". Die Autoren eines Berichts der Organisation Ceasefire stellen fest, dass zwar zahlreiche Staaten Maßnahmen ergriffen haben, um russische Devisenreserven einzufrieren, aber offenbar zögern, diese Gelder einzuziehen. "Die Debatte in den Vereinigten Staaten und in Europa dreht sich diesbezüglich um rechtliche Hindernisse und strategische Überlegungen", heißt es in der Einschätzung von Mitte 2022.
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