Aufmarsch in Kursk: Einsatz nordkoreanischer Truppen steht kurz bevor

Soldaten bei einer Parade

Nordkoreanische Soldaten bei einer Militärparade in Pjöngjang

(Bild: Astrelok/Shutterstock.com)

Nordkoreanische Soldaten unmittelbar vor Kampfeinsatz. Eskalationsrisiko sorgt für Besorgnis. Ukraine kontert mit psychologischer Kriegsführung.

In Russland sind nach Angaben der Vereinigten Staaten etwa 8000 nordkoreanische Soldaten stationiert, die sich zur Stunde unmittelbar auf einen Einsatz gegen ukrainische Truppen vorbereiten. Dies berichtet CNN unter Berufung auf US-Regierungsbeamte.

Einsatz bei Kursk steht kurz bevor

Das wäre deutlich mehr als bis vor kurzem bekannt, als US-Verteidigungsminister Lloyd Austin lediglich von einigen Truppen sprach, die sich in der Region Kursk auf die Grenze zubewegt hätten. Dort kämpfen die russischen Streitkräfte gegen eine ukrainische Offensive.

Aktuelle Schätzungen der USA gehen von insgesamt etwa 10.000 nordkoreanischen Soldaten in Russland aus. Südkorea und seine Verbündeten gehen von 11.000, die Ukraine von bis zu 12.000 Soldaten aus.

US-Außenminister Antony Blinken sagte auf einer Pressekonferenz am Donnerstag, man rechne damit, dass die Truppen in den kommenden Tagen in Kampfhandlungen verwickelt würden. Er betonte, dass Russland die Soldaten in Artillerie, Drohneneinsatz und grundlegenden Infanterieoperationen ausgebildet habe, was darauf hindeute, dass sie tatsächlich an vorderster Front eingesetzt werden sollen.

Nordkoreas Kalkül

Die Vertiefung der Beziehungen zwischen Nordkorea und Russland ruft in vielen Ländern Besorgnis hervor, insbesondere hinsichtlich einer möglichen Ausweitung des Krieges und der militärischen Unterstützung, die Russland im Gegenzug leisten könnte.

Wie das Militärfachportal WarZone berichtet, will Nordkorea mit dem Einsatz vor allem praktische Kampferfahrung gewinnen – die der nordkoreanischen Armee seit den 1950er Jahren fehlt. "Nordkorea wird aus diesem Konflikt mit einem neuen Verständnis für die Erfordernisse moderner Kriegsführung hervorgehen, auf einem Schlachtfeld, das Ähnlichkeiten mit dem aufweist, das auf der koreanischen Halbinsel ausbrechen könnte", schreibt das Portal. "Es wird diese Lektionen maximal ausnutzen."

Moskau hat die Anwesenheit der Truppen weder bestätigt noch direkt dementiert. Nach anfänglichem Dementi verteidigte Nordkorea die Truppenstationierung als völkerrechtskonform. Chinas Außenamtssprecher Lin Jian erklärte: "Nordkorea und Russland sind zwei unabhängige souveräne Staaten. Wie sie ihre bilateralen Beziehungen gestalten, ist ihre eigene Angelegenheit."

Psychologische Kriegsführung der Ukraine

Für die ukrainische Kriegsführung bedeuten die nordkoreanischen Truppen, deren Stärke im Kampfeinsatz naturgemäß unbekannt ist, eine zusätzliche psychologische Belastung: Derzeit werden überall im Land unerfahrene Zivilisten rekrutiert, die mit der Perspektive an die Front gelangen, möglicherweise auf gut ausgebildete und hoch motivierte Soldaten aus Fernost zu treffen. Die Militärführung arbeitet deshalb mit Hochdruck daran, den "Nordkorea-Faktor" möglichst klein zu halten.

Als Reaktion auf die bevorstehende Beteiligung nordkoreanischer Truppen an der Seite Russlands verstärkt die Ukraine deshalb ihrerseits die psychologische Kriegsführung. Ein hochrangiger ukrainischer Beamter erklärte, Seoul werde südkoreanische Militärbeobachter in die Ukraine entsenden, um die nordkoreanischen Truppen zu beobachten und zu analysieren.

In der vergangenen Woche veröffentlichte ein Projekt des ukrainischen Militärgeheimdienstes mit dem Titel "I Want to Live" eine Videobotschaft in koreanischer Sprache auf YouTube und X sowie eine Textnachricht auf Telegram.

Darin werden nordkoreanische Soldaten aufgefordert, sich zu ergeben und nicht "sinnlos im Land eines anderen zu sterben". Außerdem werden ihnen Nahrung, Unterkunft und medizinische Versorgung angeboten.

Andrii Kovalenko, Leiter des Zentrums zur Bekämpfung von Desinformation unter dem Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrat der Ukraine, sagte gegenüber der ukrainischen Edition der Voice of America, dass aktiv daran gearbeitet werde, die ankommenden Personen und die Einheiten, denen sie sich anschließen, zu identifizieren.

Außerdem würden Beweise für ihre Anwesenheit in Russland und ihre wahrscheinliche Beteiligung an Kampfhandlungen gesammelt.

US-Experten betonen, dass die Ukraine seit Beginn der russischen Invasion ähnliche psychologische Operationen gegen russische Soldaten durchführe. Sie hätten viele Russen zur Fahnenflucht veranlasst, und es sei zu erwarten, dass sie Ähnliches mit Nordkoreanern versuchen würden.

Internationale Reaktionen und UN-Resolutionen

Die Entsendung von Truppen aus Nordkorea, das seit langem UN-Sanktionen unterliegt, die die Entwicklung von Nuklearwaffen und ballistischen Raketen verhindern sollen, wird von den USA, Großbritannien, Südkorea, der Ukraine und anderen als Verstoß gegen UN-Resolutionen und die Gründungscharta der Vereinten Nationen gewertet.

Die Lage bleibt angespannt und die Entwicklungen werden weltweit mit Sorge verfolgt, da eine Beteiligung nordkoreanischer Truppen an dem Konflikt eine neue Dimension in den bereits seit Februar 2022 andauernden Krieg zwischen Russland und der Ukraine bringen könnte.

Sollten die nordkoreanischen Truppen zudem über russisches Territorium hinaus in die Ukraine eindringen (wozu bisher keine Informationen vorliegen), wäre dies eine weitere Eskalationsstufe des laufenden Konflikts. Dies dürfte auch von Seiten Südkoreas und anderer westlicher Länder neue Reaktionen hervorrufen.