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Aus A+++ wird C

Das EU-Energieeffizienzlabel geht nach der Überarbeitung in die nächste Runde und sorgt für einige Verwirrung

Die EU will den Wildwuchs beim Energieeffizienzlabel beschneiden und das System für den Verbraucher übersichtlicher gestalten [1]. Bislang haben sich die Effizienzeinstufungen nur innerhalb der jeweiligen Gerätegruppe weiterentwickelt. In manchen Produktgruppen wurde die zweitbeste Klasse mit B bezeichnet, in anderen lautete die Klasse zwei: A++. Übersichtlichkeit sieht anders aus. Und jetzt kommt auf die Kunden erst einmal noch mehr Verwirrung zu.

Wenn die gleichen Geräte, die jetzt mit A+++ ausgezeichnet werden, im neuen Energieeffizienz-Label-System in Klasse C verschoben werden, zeichnet sich das Dilemma schon auf den ersten Blick ab. Da stehen dann Geräte aus der letzten Saison mit einer scheinbar besseren Energieeffizienz neben Geräten, die zwar neuer und besser sind, jedoch schlechter eingestuft werden. Dass man auf die +-Exzesse verzichtet, ist ja durchaus lobenswert. Dass es jetzt für längere Zeit keine mit A ausgezeichneten Geräte mehr geben dürfte, wird nicht nur den Kunden, sondern auch dem Handel einigen Verdruss bereiten.

Der Handel muss künftig bei jeder Neueinstufung eines Geräts die entsprechende Auszeichnung am jeweiligen Ausstellungsgerät innerhalb von etwa zwei Wochen aktualisieren. Nach den Erfahrungen der letzten Jahre ist jedoch kaum damit zu rechnen, dass ein A+++-Label so schnell gegen ein künftig korrektes C-Label getauscht wird. Man hofft auf diese Weise, die Industrie zur Entwicklung noch effizienterer Geräte anzuspornen.

Wie werden Geräte effizienter?

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Elektrogeräte effizienter zu machen. Bei den Staubsaugern erfolgt dies beispielsweise durch eine Optimierung des Luftkanals oder den Tausch des Staubbeutels gegen einen Beutel-losen Zyklon. Bei Waschmaschinen gibt es die Möglichkeit, durch einen verlängerten Waschprozess, in dem die Wäsche mechanisch bearbeitet wird, mit niedrigeren Temperaturen zu arbeiten.

Mechanik braucht für die gleiche Waschleistung in der Regel weniger Energie als die Heizung. So steigt die Waschtemperatur moderner Waschmaschinen bei eco 60 kaum über real 40°C, aber die Dauer des Waschvorgangs erreicht gerne drei Stunden. Den Energiebedarf könnte man jetzt, wie es in Japan üblich ist, noch weiter reduzieren, indem man auf die verstärkte Anwendung von Chemie setzt. In den vergangenen Jahren war es auch üblich, das Fassungsvermögen der Waschmaschinen zu erhöhen.

Dies führt ebenfalls zu einer Energieeinsparung je Kilo Waschgut. Der Vorteil geht jedoch sofort verloren, wenn die Waschmaschine nicht mit ihrer Nennmenge beschickt wird. Selbst eine automatische Füllmengenerkennung hilft da nicht wirklich. Eine erkannte Füllmenge von 50 % führt nur zu einer Energieeinsparung von etwa 20 %. Hat man in einem Haushalt nicht genug Raum zum Stapeln schmutziger Wäsche, ist die größere Waschmaschine energetisch kontraproduktiv.

Veränderungen bei der Energieeffizienz während der Lebensdauer

Auch wenn viele Elektrogeräte in den vergangenen Jahren effizienter wurden, gelten die Aussagen nur für Effizienz eines Gerätes zum Zeitpunkt der Produktion/des Verkaufs. Kühlschränke sind ein unter Fachleuten bekanntes Beispiel dafür, dass Geräte durchaus zügig altern können.

Die Dämmung der in Europa verkauften Haushaltskühlschränke erfolgt durch Formteile aus Polystyrol, wie es in ähnlicher Form auch in der Fassadendämmug zum Einsatz kommt. Dieses Material degradiert schneller, als der Verbraucher erwartet. Es gibt bessere Dämmungssysteme, doch der europäische Kühlschrankmarkt ist so preisempfindlich, dass die besseren Dämmungen hierzulande unverkäuflich sind. Der japanische Elektro-Multi Panasonic hat seine Vakuum-gedämmten Kühlgeräte vor wenigen Jahren wegen Erfolglosigkeit aus dem europäischen Markt zurückgezogen. Es gibt diese heute nur noch in den USA und im japanischen Heimatmarkt.

Doppelte Gerätedatenbank

Die Idee einer Geräteregistrierung und einer Gerätedatenbank für den Endverbraucher ist schon seit vielen Jahren in der Diskussion. Jeder Anlauf zur Umsetzung ist jedoch bislang kläglich gescheitert. Jetzt soll dies mit zwei neuen Datenbanken erneut in Angriff genommen werden. Die erste Datenbank soll der Produktregistrierung dienen, wie es in ähnlicher Form in Australien schon seit Jahren üblich ist.

Dort darf kein Gerät auf den Markt gebracht werden, das nicht zuvor registriert wurde. Diese Registrierung darf nicht verwechselt werden mit der Registrierung aufgrund der WEEE-Richtlinie, die in Deutschland im ElektroG umgesetzt wurde. Die Registrierung nach dem ElektroG folgt einer anderen Systematik. Sie muss bei der Stiftung EAR abgegeben werden.

Mit der Produktregistrierung der in Verkehr gebrachten Geräte, die mit einem Energieeffizienzlabel auszustatten sind, soll es den zuständigen Marktaufsichtsbehörden in den EU-Mitgliedsstaaten erleichtert werden, die von den Herstellern vorgenommene Klassifizierung der Geräte zu überprüfen. Der Einfachheit halber, kann diese Überprüfung dann online erfolgen, ohne dass die Marktüberwachung in den Verkaufsstätten des einschlägigen Handels nachsehen muss, ob die ausgestellten Geräte mit dem richtigen und korrekt konfektionierten Effizienzlabel ausgezeichnet wurden.

Dass unter dem gleichen Namen unterschiedlich effiziente Geräte im Handel anzutreffen sein können, weil diese aus unterschiedlichen Fertigungs-Chargen stammen oder Bauteile von unterschiedlichen Zulieferern enthalten können, könnte für zusätzliche Verwirrung sorgen. Dies trifft in verstärktem Maße zu, wenn Geräte gleichen Namens in unterschiedlichen Märkten aus verschiedenen Produktionsbetrieben kommen.

Mit einer weiteren Datenbank will man dem Endverbraucher die Möglichkeit geben, sich schon online über das aktuelle Geräteangebot und dessen Einordnung in die jeweilige Effizienzklassen zu informieren. Dass der Endverbraucher von solch einer europäischen Datenbank einen realen Nutzen haben kann, wird nicht nur auf Herstellerseite bezweifelt. Damit der Endverbraucher einen Nutzen von der Datenbank hat, darf sie nicht nur in englischer Sprache, sondern muss auch in der jeweiligen Landessprache zur Verfügung stehen.

Das Übersetzungsvolumen war bislang einer der Hauptgründe für das Scheitern beim Aufbau von entsprechenden Produktdatenbanken. Ein weiteres Problem dürfte die Finanzierung der Datenbank nach Ablauf des Datenbankaufbaus sein. Vieles spricht dafür, dass sich dann bald wieder Efeu über den Datenbankserver rankt.

Ein weiteres Problem besteht in der Tatsache, dass es innerhalb der EU keinen Binnenmarkt für elektrische Geräte gibt. Aufgrund der WEEE-Richtlinie und ihrer 28 unterschiedlichen Umsetzungen in das jeweils nationale Recht sind die Märkte der EU-Mitgliedsländer weitgehend voneinander abgeschottet. Eine einzelne Lieferung aus einem EU-Land in ein anderes erfordert einen beachtlichen bürokratischen Aufwand. Zusammen mit den anfallenden Kosten ist eine legale Lieferung einzelner Geräte innerhalb des Binnenmarktes praktisch nicht wirtschaftlich umsetzbar.

Wie geht es jetzt mit dem Energieeffizienzlabel weiter?

Wenn es nach der Industrie geht, bleibt es jetzt erst einmal für mehrere Jahre ohne Veränderung, d.h. ohne Neueinstufungen. Man hat die Datenbanken mit deutlich vernehmbaren Zähneknirschen akzeptiert.

Eine dynamische Neueinstufung vorhandener Produkte innerhalb kürzerer Zeitabstände und die damit verbundene Entwertung des bestehenden Produktangebots, dürften jedoch nur sehr wenig Freunde finden. Es sei denn, man kann mit neuen Produkten in einer besseren Klasse auch die Marge anheben.


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[1] http://europa.eu/rapid/press-release_IP-17-691_de.htm