Baerbock im Spiegel-Interview: Warum es keine grüne Außenpolitik gibt
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Nachrichtenmagazin fokussiert auf Baerbocks Politikstil. Dabei wird ihr Mainstream-Kurs ausgeblendet – inklusive Doppelstandards. Eine Einordnung
In einem Interview mit dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel antwortet die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock auf die Frage, ob die schlechten Wahlergebnisse in Thüringen und Sachsen auch eine Absage an grüne Außenpolitik darstellen, mit den Worten:
Es ist zum Glück gute Tradition zwischen den demokratischen Kräften, dass in der Außenpolitik nicht die Partei im Vordergrund steht, sondern sie geleitet ist von unserer Geschichte, unseren Werten und Interessen. Mit der Europäischen Union im Zentrum, transatlantisch ausgerichtet und im klaren Verständnis dafür, dass der Schutz der Menschen- und Freiheitsrechte unser Auftrag ist.
Wettbewerb um Härte
Was Baerbock mit Werten und Menschenrechten meint, stellt sie auch klar. Sie verteidigt die Asylverschärfung auf EU-Ebene und allgemein die Ukraine- und Nahost-Politik sowie die "Neuausrichtung unserer Sicherheitspolitik", sprich die militärische Aufrüstung und die geplante Stationierung von US-Raketen in Deutschland, die gegen Russland gerichtet sind.
Der Spiegel belässt es bei einigen Nachfragen zum Politikstil Baerbocks. Dabei wären kritische Fragen zum Inhalt der Außenpolitik lehrreich gewesen.
Denn in zentralen Aspekten sind die Grünen immer mehr auf den politischen Mainstream eingeschwenkt, und das ist keineswegs im Sinne der von Baerbock beschworenen Werte.
Derzeit gibt es wieder einmal einen Wettbewerb darum, wer am härtesten gegen Asylsuchende, Geflüchtete und fliehende Migranten vorgehen will (Ukrainerinnen und Ukrainer sind hiervon nicht getroffen, es geht um Afrikaner:innen und Araber:innen). Die AfD profitiert von dem hysterisch betriebenen Diskurs, wie zu erwarten und in der Vergangenheit schon mehrfach geschehen.
Baerbocks "Meilenstein"
Baerbock ist in diesem Wettstreit mittendrin. Sie lobt die Asylrechtsverschärfungen ("Meilenstein"), die sie mit verhandelt hat: Verlagerung der Verfahren an die EU-Außengrenzen, weniger Überstellungen an Deutschland, schnelle Rückführungen und Abschiebungen, Leistungskürzungen, Inhaftnahme an den Grenzen usw. Ob das grüne Wähler:innen an die Urnen bringt, ist mehr als fraglich.
Menschen- und Flüchtlingsrechtsorganisationen sind schockiert, warnen vor noch mehr Toten und Menschenrechtsbrüchen, während mit den weiteren und noch chaotischeren Abschottungsmaßnahmen nicht nur die Lage für Geflüchtete, sondern auch die gesellschaftliche Stabilität in der EU, siehe Rechtsentwicklungen und "autoritäre Versuchungen", verschärft werden.
Von einer echten Reform, wie sie von Experten seit Jahrzehnten entwickelt und gefordert wird, die ein allseits faires und berechenbares Verantwortungsteilungssystem beinhaltet, ist bei den Grünen nichts (mehr) zu hören – Anklänge davon finden sich noch in Plänen und Programmen der Grünen vor der Bundestagswahl 2021, nicht jedoch in ihrer Realpolitik.
Die Hardlinerin
Hinsichtlich des russischen Ukraine-Kriegs ist Baerbock schnell zur Hardlinerin innerhalb der Ampel-Regierung aufgestiegen und spricht von "Russland ruinieren". Sie propagiert Waffenlieferungen, extreme Sanktionsregime, Aufrüstung, aber keine Verhandlungen.
Ihr Leitprinzip ist: Es gibt nur eine militärische Lösung, koste es, was es wolle. Sie will sogar Taurus-Lieferungen an die Ukraine genehmigen, was den Konflikt weiter eskalieren könnte. Doch bisher ist Bundeskanzler Scholz (noch) dagegen.
Das Credo des Außenministeriums unter grüner Führung: Nur wenn Russland vollkommen besiegt wird (militärisch und ökonomisch), kann der Konflikt gelöst werden. Zugleich wird der Ukraine weiter ein Nato-Beitritt versprochen – was, wie alle wissen, eine rote Linie Moskaus ist, die den Konflikt provoziert hat, und was kein russischer Präsident jemals, in Hinsicht auf vitale russische Sicherheitsinteressen, akzeptieren wird.
Es ist das Rezept für endlosen Krieg, mit allen Gefahren und Auswirkungen, die das in sich birgt.