Bald Ausnahmezustand in Oberbayern: G7-Gipfel und Proteste stehen bevor

Schloss Elmau wirkt auf den ersten Blick idyllisch. Was hier beim G7-Treffen ausbaldowert wird, ist genau das nicht. Foto: Schloss Elmau / CC-BY-SA-3.0

Ende Juni treffen sich die Staatschefs der sieben Industrienationen unter großem Polizeiaufgebot auf Schloss Elmau. Gegendemos, ein Protestcamp und ein Alternativgipfel sind geplant

Das geplante Gipfeltreffen der G7-Staatschefs auf Schloss Elmau im oberbayerischen Landkreis Garmisch-Partenkirchen vom 26. bis zum 28. Juni wird trotz "Zeitenwende" von Protesten begleitet sein. Ein exklusiver Kreis von Mächtigen der reichsten Industriestaaten berät hier über Fragen von globaler Bedeutung – die Legitimation der Ergebnisse muss deshalb infrage gestellt werden, daran ändert nach Einschätzung des Aktionsbündnisses "Stop G7 Elmau" auch der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine nichts.

Angesichts von weltweit rund 20 Kriegen und globalen Gefahren, die sich dem geopolitischen Freund-Feind-Schema entziehen, will das Aktionsbündnis andere Konfliktlinien sichtbar machen – und den Einsatz von Geld und Ressourcen zur Bekämpfung von Armut und Klimakrise statt für Rüstung fordern.

Der Globale Süden sei in der "Gruppe der Sieben" nicht vertreten; die G7-Länder stellten nur rund zehn Prozent der Weltbevölkerung, bestimmten aber eine Reihe internationaler Organisationen wie Weltbank und IWF, betont Uwe Hiksch vom Bundesvorstand der Naturfreunde Deutschlands, die Teil des Aktionsbündnisses gegen das Gipfeltreffen sind.

Klimakrise, Armut und Nord-Süd-Gefälle als Herausforderungen

Vertreten sind in der "Gruppe der Sieben" seit 1975 Deutschland, Frankreich, Italien, Japan, Kanada, Großbritannien und die USA. Von 1998 bis 2014 war hier auch Russland willkommen im Club, der sich in diesem Zeitraum G8 nannte. Diesen Status verspielte Russland allerdings durch den Anschluss der Krim. Der Charakter des alljährlichen Gipfeltreffens hat sich aber dadurch aus Sicht des Protestbündnisses nicht wesentlich verändert.

Die großen Herausforderungen sind aus der Sicht der Aktiven die Umwelt- und Klimakrise sowie die globale Ungleichheit. Die G7-Staaten seien hierbei nicht Teil der Lösung, sondern Teil des Problems, weil sie trotz aller negativen Erfahrungswerte weiter auf "freie Märkte", neoliberale Freihandelskonzepte, Privatisierung und Militarisierung setzten, so die Kritik.

Das Auswärtige Amt gibt ab, im G7-Format finde "Zusammenarbeit auf Basis gemeinsamer Werte" statt. Die Kritiker ziehen in Zweifel, dass es dabei um Menschenrechte geht, da beispielsweise in den USA immer noch die Todesstrafe praktiziert und Strafgefangene im großen Stil wirtschaftlich ausgebeutet würden.

Was die G7-Staatschefs unter sich ausmachen wollen, müsse in die Gremien der Vereinten Nationen verlagert werden, forderte Hiksch am Mittwochabend in einem Online-Vortrag zur Mobilisierung gegen das Gipfeltreffen.

Alternativgipfel unter dem Motto "Global gerecht Wirtschaften in Krisenzeiten"

Die geplanten Proteste werden außerdem von Attac, der Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND), dem Naturschutzbund Deutschland (NABU), der Welthungerhilfe und WWF Deutschland unterstützt. Mobilisiert wird unter anderem zu einem Aktionscamp vom 24. bis 28. Juni in Krün, Kreis Garmisch-Partenkirchen. Rund 750 Menschen in Zelten werden dort auf der Wiese neben dem Garmischer Reitlweg erwartet.

Bereits am 24. Juni sollen auf einem Alternativgipfel im Münchner EineWeltHaus unter dem Motto "Global gerecht Wirtschaften in Krisenzeiten" in Workshops und Vorträgen eigene Konzepte der Protestbewegung vorgestellt werden. Die Teilnahme ist kostenlos und via Zoom-Link auch online möglich.

In München soll außerdem am 25. Juni eine Großdemonstration stattfinden, eine weitere am 26. Juni in Garmisch-Partenkirchen.

Doch nicht nur wegen der Proteste und nicht nur während des G7-Treffens vom 26. bis zum 28. Juni selbst müssen Einheimische und Reisende in der Region mit erheblichen Einschränkungen durch das Polizeiaufgebot rechnen, das die Teilnehmer des exklusiven Treffens weiträumig abschirmen soll.

Eine Bahnstrecke zwischen Garmisch-Partenkirchen und Mittenwald wird vom 25. bis zum 29. Juni stillgelegt, da die Trasse der Werdenfelsbahn direkt neben den Straßen liegt, die nach Schloss Elmau führen. Es fahren allerdings Ersatzbusse.

Schon ab dem 23. Juni – also drei Tage vor Beginn des Treffens – kommt es deshalb zu Verkehrsbehinderungen: Auf der A95 werden Durchreisende an der Ausfahrt Sindelsdorf ausgeleitet und auf weiträumige Umfahrungsstrecken geschickt. 20 Kontrollstellen werde es im nachgeordneten Straßennetz geben, sagte eine Polizeisprecherin am Donnerstag dem Münchner Merkur

Autofahrern droht sogar in der Landeshauptstadt München an einer Stelle der Abschleppdienst – für den Fall, dass die G7-Staatschefs wegen ungünstiger Wetterverhältnisse nicht per Helikopter vom Münchner Flughafen nach Elmau geflogen werden können. Die Protokollstrecken, auf denen sie dann ersatzweise chauffiert werden sollen, verlaufen vom Flughafen über die A99 auf die A95 oder durchs Stadtgebiet München und werden gegebenenfalls für Normalsterbliche gesperrt.