Biden droht Saudi-Arabien
Seite 2: Die Waffenlieferungen
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Als Obama Präsident war, machten die USA, soweit es den Jemen-Krieg betraf, mit der Drohung ernst. Damals war Biden Vizepräsident.
Als Biden dann Präsident wurde, wusste man in Riad, dass es keinen Dollarregen-Win-Win-Tanz wie zu Trump-Zeiten geben würde. Biden nahm den Fall Jamal Khashoggi politisch ernster und die Menschenrechte, immerhin war er ein Kandidat der Demokraten.
Es ist nicht ausgeschlossen, dass Biden tatsächlich an den Waffenlieferungen etwas verändern könnte. Schließlich haben die US-Rüstungsunternehmen momentan genug Aufträge und das humanitäre Desaster des Jemen-Kriegs, für das Saudi-Arabien maßgeblich mitverantwortlich ist, spricht gegen weitere Waffenlieferungen.
Für die Waffenlieferungen sprechen die guten Geschäfte und die strategische Partnerschaft zwischen den USA und Saudi-Arabien, die wie selbstverständlich zur Grundarchitektur der Machtverhältnisse im Nahen Ostens gehört - oder gehörte. Sie wird nun auch fluide. Zu erkennen an den Beteuerungen, die daran festhalten, aber keine Konzessionen machen.
"Demokratische Staaten gegen autoritäre Staaten"
In Riad bemüht man sich zwar um diplomatische Deeskalation. So spielt der saudi-arabische Außenminister, Prinz Faisal bin Farhan al-Saud, in einem Interview mit dem Haussender al-Arabiya, das Zerwürfnis herunter und betont: Die USA seien der "der wichtigste strategische und sicherheitspolitische Partner für Saudi-Arabien".
Aber Bin Farhan al-Saud stellte die Opec-Entscheidung nicht infrage. Sie sei "aufgrund der Marktbedingungen getroffen" worden. Saudi-Arabien braucht Geld, viel Geld, und die anderen Opec-Staaten auch. Die Interessen der USA sind da zweitrangig, bedeutet das.
Das heißt auch, dass Staaten, die maßgeblich die Energie für Industriestaaten liefern, sich weigern, bei der Frontenbildung mitzumachen, die die USA und die Nato-Führung seit dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine forciert bemühen: Demokratische Staaten gegen autoritäre Staaten.
In dieser Polarisierung schneiden nicht nur viele Staaten, die über große Erdöl- und Erdgasvorkommen verfügen, schlecht ab: Saudi-Arabien, Katar, die Vereinigten Arabischen Emirate, Algerien, Libyen usw., sondern auch die führenden Protagonisten der Demokratie.
Die Kriege, die die USA und ihre westlichen Verbündeten in der Region im Namen der Demokratie führten, exemplarisch im Irak, haben dort ebenso wenig wie chaotische Verhältnisse in der Folge eines Ordnungsanspruches der USA der Glaubwürdigkeit dieser Frontenbildung geholfen.
Veränderungen im Nahen Osten
Das mag man in Debatten hierzulande als Anti-US-amerikanische Polemik leicht abtun, in den Ländern des Nahen Ostens sind die Erfahrungen und der Blick darauf anders. Auf die Art, wie die USA ihren Anspruch auf Führung und Ordnung in der Region ausspielten, kann von jüngeren Politikern an der Spitze maßgeblicher Regionalmächte nun auch anders reagiert werden.
Sie haben jetzt Alternativen.
Frühere Auseinandersetzungen fanden entweder während des Kalten Krieges statt, als die Saudis und die Amerikaner vor allem durch ihre antikommunistischen Ansichten verbunden waren, oder während der Ära der amerikanischen Vorherrschaft, als Riad wirklich nirgendwo anders hin konnte.
Doch die Zeiten eines unipolaren Amerikas sind im Nahen Osten längst vorbei - fatal verwundet durch die amerikanische Invasion im Irak, manifestiert durch die arabischen Aufstände 2011.
Der Anstieg der chinesischen Investitionen und des chinesischen Einflusses sowie der opportunistische Interventionismus Russlands geben den Golfstaaten Optionen, auch wenn die Aussicht auf einen tatsächlichen Bruch mit den USA diese Alternativen in ein schlechtes Licht rücken könnte.
Marc Lynch