Billigfleisch-Importe: Tierleid und verschmutzte Umwelt

Protestaktion von Greenpeace Spanien gegen industrielle Schweinemast. Foto: Greenpeace

Spaniens Mastschweine leiden unter schlimmen Haltungsbedingen. Die Gülle kontaminiert Wasser und Böden und schadet der Gesundheit der Anwohner. Verkauft wird das Billigfleisch auch in Deutschland.

Ende Dezember hat das Bundeslandwirtschaftsministerium Eckpunkte zum Stallumbau hin einer art- und umweltgerechten Tierhaltung vorgelegt. Gefördert werden sollen zunächst ein artgerechter Neu- und Umbau in der Schweinehaltung. Eine Milliarde Euro will die Bundesregierung dafür als Anschubfinanzierung bis 2026 bereitstellen. Damit sollen vor allem Mehrkosten gedeckt werden, die im Rahmen von Baumaßnahmen entstehen.

Um das Geld zu erhalten, müssen die Tierhalter allerdings Standards erfüllen, die deutlich über den zwingenden gesetzlichen Vorgaben liegen - sowohl im Hinblick auf eine artgerechte Haltung als auch bei der Unversehrtheit der Tiere, zum Beispiel im Hinblick auf einen intakten Ringelschwanz.

Die Pläne gingen an der landwirtschaftlichen Realität vorbei, beschwert sich Olaf Feuerborn, Präsident des Bauernverbandes Sachsen-Anhalt. Denn Haltungen, die mehr als 3.000 Mastschweine pro Jahr verkauften, fielen aus der Förderung heraus. Ein Großteil der Betriebe halte deutlich größere Bestände.

Wolle man eine Schweinemast ökonomisch sinnvoll betreiben, brauche man rund 1.500 Liegeplätze, erklärt Joachim Rukwied, Präsident des Deutschen Bauernverbandes. Bei ungefähr 2,7 Mastdurchgängen pro Jahr sei man bei mehr als 4000 erzeugten Schweinen.

Kritisiert wird auch die "läppische" Summe von einer Milliarde Euro, mit der der Umbau finanziert werden soll. Diese sei nicht ausreichend, die Landwirte blieben auf den Mehrkosten sitzen, hieß es. Rukwied fordert die Bundesregierung daher auf, ihre Pläne zu korrigieren. Ansonsten werde sich die Schweinemast weiter ins Ausland verlagern und Deutschland werde zum Importland für Schweinefleisch.

Tatsächlich ging den letzten zehn Jahren die Zahl der deutschen Mastschweine um 5,8 Millionen zurück, während sich die Tierzahl in Spanien um etwa 7,4 Millionen erhöhte. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht mag Rukwieds Rechnung stimmen. Das liegt aber daran, dass die Bauern in der Schweinemast kaum noch was verdienen. Je weniger Geld ein Tier einbringt, desto mehr Tiere müssen gemästet werden.

In Spanien geht es noch billiger: Hier produziert ein Betrieb pro Jahr und Stallplatz im Schnitt zwei Tiere. Das Kilo Schweinefleisch kostete zum Jahresende ab Schlachthof 1,61 Euro ohne Mehrwertsteuer. Damit war es mindestens 17 Cent billiger als in Deutschland. Billig produzieren können natürlich nur die großen Betriebe. Rund 80 Prozent der 88.000 Zuchtbetriebe sind industrielle Tierhaltungen, die immer weiter wachsen. Kleinere Züchter hingegen können nicht konkurrieren und müssen verstärkt schließen, erklärt Luis Ferreirim.

Der Experte für industrielle Viehzucht bei Greenpeace Spanien recherchierte mit seinem Team Daten und Fakten zur spanischen Schweinemast und deren Auswirkungen auf die Umwelt: Laut FAO essen die Spanier im Schnitt täglich 270 Gramm Fleisch pro Kopf (der deutsche Pro-Kopf-Verbrauch liegt demnach bei 216 Gramm). Spanien könnte sich mit der Schweineproduktion 1,7 Mal selbst versorgen.

Allein 2020 wurden 56 Millionen Schweine geschlachtet und rund fünf Millionen Tonnen Schweinefleisch produziert. Mehr als 90 Prozent davon stammten aus industriellen Großbetrieben. Außer in die EU liefern spanische Schweinemäster vor allem nach China.

Die Billigproduktion hat ihren Preis

Immer wieder filmen Tierschutzorganisationen die Zustände in den "macrogranjas", den industriellen Zucht- und Mastanlagen. So drang ein Greenpeace-Team kürzlich in Spaniens größte Schweinemastanlage in Castilléjar in Andalusien ein. Dort mästet das Unternehmen Grupo Fuertes, zu dem auch die Marken El Pozo und Cefusa gehören, jährlich rund 651.000 Ferkel.

Was das Greenpeace-Team dort zu Gesicht bekam, waren schreckliche Szenen, die ihre schlimmsten Erwartungen übertroffen hätten, sagt der Fotograf Pedro Armestre, der das Elend aus Bildern festhielt. Verletzte sowie tote Ferkel lagen im Dreck. In einem Video ist zu sehen, wie frisch geborene Ferkel auf Exkrementen liegen. Andere Tiere hatten blutig gebissene Schwänze. Über die Flure huschten Ratten. Ähnliche Berichte gibt es auch aus anderen Regionen.

Laut EU-Vorschriften müssen Mastschweine mindestens einen Quadratmeter Raum und Zugang zu Frischwasser und Frischluft haben. Doch viele Halter ignorieren die laxen Vorgaben, weiß Jordi Gispert vom spanischen Tierschutzverein ADDA. Konsequenzen hätten sie kaum zu befürchten. Wenn die Inspektoren überhaupt kontrollieren, kündigen sie ihren Besuch vorher an, so dass die Mäster genügend Zeit haben, um die gröbsten Missstände zu beseitigen. Überhaupt werden Verstöße gegen den Tierschutz selten hart bestraft.

Ein weiteres Problem entsteht durch den übermäßigen Einsatz von Antibiotika: In den überbelegten Buchten können die Tiere ihre natürlichen Verhaltensweisen nicht ausleben. Sie verletzen sich oder werden krank. Hohe Antibiotika-Gaben sollen diese Missstände ausgleichen. Infolgedessen nehmen die Antibiotika-Resistenzen zu.

Gülle verursacht Ammoniak und Treibhausgase

Die Schweinezucht ist der wichtigste Sektor in der spanischen Viehzucht. Seit 2012 stieg die Zahl der Mastschweine im Land um mehr als 30 Prozent. Der Druck auf die spanischen Bauern wächst. Jahrelang vergrößerten sie ihre Ställe, um die Nachfrage aus China zu decken. Seit 2021 will China sein Schweinefleisch selbst produzieren. Mittlerweile wird immer weniger Schweinefleisch nach China exportiert. Die Folge: Ein Überangebot an Schweinefleisch bei sinkenden Preisen.

Die Region zwischen Lleida und Girona gilt als Hochburg der Schweinemastindustrie. Allein in der Region um Osona stehen rund eine Million Tiere. Die Gülle wird auf Feldern ausgebracht, weiß Joel Vidal von der Bürgerinitiative zum Schutz des Flusses Ter. Bei der Hälfte der jährlich entnommenen Grundwasserproben der Nitratwert deutlich über dem zugelassenen Grenzwert. Die Schweinebestände produzieren so viel Exkremente, dass keine Fläche groß genug ist, um die Gülle aufzunehmen.

Auch Biogas anlagen können nur einen sehr kleinen Teil der Exkremente verwerten. Wo Gülle illegal versickert, wird auch der Boden mit Nitrat verseucht. Inzwischen muss sich das Land wegen Überschreitung der Nitratmengen vor dem Europäischen Gerichtshof verantworten.

Neben den Zuchtbetrieben gibt es in der Region auch mehrere große Schlachthöfe. Hier verkehren rund um die Uhr Lastkraftwagen mit viel Lärm. Auf den Farmen und Schlachthöfen arbeiten meist Immigranten unter prekären Bedingungen.

Der Anteil an den Treibhausgasen ist entsprechend hoch: Knapp 70 Millionen der 313 Millionen Tonnen Kohlendioxid, die das Land jedes Jahr verursacht, stammen aus der Viehzucht, die Hälfte davon aus der Schweinezucht. Während in der restlichen EU die Ammoniakemissionen von 1990 bis 2015 um 24 Prozent sanken, nahmen sie im selben Zeitraum in Spanien um zwölf Prozent zu.

Auch Murcia im Südosten stehen Hunderte Schweinemastställe neben den Orangenplantagen. In der Region um Lorca werden Millionen Schweine in mehr als 900 Betrieben gemästet. Ein Betrieb muss 4000 Schweine halten, um davon gut leben zu können, erklärt ein Bauer im Interview mit dem Bayerischen Rundfunk.

Dabei mästen die so genannten "intergrierten Landwirte" noch nicht mal ihre eigenen Schweine. Vielmehr liefert der Schlachthof die Tiere mit 20 Kilo an und holt sie nach viereinhalb Monaten mit einem Gewicht von mehr als Hundert Kilo Gewicht wieder ab.

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