Bis zu zwei Monate kein Bürgergeld: Verschärfte Sanktionen gelten befristet
Arbeitsminister Heil setzt sich durch. Scharfe Kritik von Jusos und Sozialverbänden. Vor allem eine Zahl sorgt für Irritationen.
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hat sich durchgesetzt: Erwerbslosen kann für bis zu zwei Monate der Bürgergeld-Regelsatz für Ernährung, Hygiene, Kleidung, Hausrat und Strom komplett gestrichen werden, wenn sie gegen die sogenannte Mitwirkungspflicht bei der Jobvermittlung verstoßen.
Dafür gab das Ampel-Kabinett am Donnerstag grünes Licht, befristete die Regelung allerdings auf zwei Jahre. In der Neufassung eines entsprechenden Änderungsantrags für das Haushaltsfinanzierungsgesetz hieß es: "Die Regelungen zum Entzug des Regelbedarfs bei Arbeitsverweigerung sind auf zwei Jahre nach Inkrafttreten befristet."
Jusos sehen Menschenwürde verletzt
Die Nachwuchsorganisation der SPD hatte vergeblich versucht, Heil umzustimmen, nachdem dessen Pläne bekanntgeworden waren: "Der Vorschlag, sämtliche Leistungen abseits der Miete zu streichen, ist weder mit der Menschenwürde noch mit dem Grundgedanken des Bürgergelds vereinbar", hatte Juso-Chef Philip Türmer Ende Dezember dem Tagesspiegel gesagt.
Irritationen gab es über die genannte Summe, die dadurch eingespart werden könne, da Heil von "einigen wenigen" Betroffenen gesprochen hatte, andererseits aber von 170 Millionen Euro.
Unklar: Wie kommt Heil auf 170 Millionen?
"Um 170 Millionen Euro im Jahr einzusparen, müssten etwa 150.000 Bürgergeldbeziehende entsprechend sanktioniert werden. So viele willentliche Verweigerer gibt es nicht", hatte der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands, Ulrich Schneider vergangene Woche erklärt.
Er wies zudem darauf hin, dass einige der Bedürftigen psychisch krank oder beeinträchtigt seien – das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) ging bei Personen im Arbeitslosengeld-II-Bezug von etwa einem Drittel aus. Es wurde auch mehrfach die Frage aufgeworfen, wie Jobcenter-Mitarbeitende ohne entsprechende Schulung beurteilen sollen, wer "willentlich" Mitwirkungspflichten verletzt.
Keine Notlage ausgerufen
"Die Möglichkeit der Arbeitsaufnahme muss tatsächlich und unmittelbar bestehen und willentlich verweigert werden", heißt es zur Voraussetzung für die Vollsanktionierung im Entwurf für das Haushaltsfinanzierungsgesetz, den das Kabinett am Donnerstag beschlossen hat.
Wegen der Flutschäden im Ahrtal 2021 soll unterdessen keine Notlage ausgerufen werden. Rund 2,7 Milliarden Euro an Hilfsgeldern für die Region müssen demnach aus dem regulären Haushalt finanziert werden, um die Schuldenbremse einzuhalten.