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Britischer Historiker zum Ukraine-Krieg: "EU sollte auf Diplomatie setzen"

Das sagt der britische Russland-Experte Geoffrey Roberts. Er meint: Der Herbst könnte die letzte Chance für Diplomatie bieten. Verhandlungen könnten Schaden begrenzen.

Geoffrey Roberts ist britischer Historiker, emeritierter Professor für Geschichte am University College Cork in Irland und Mitglied der Royal Irish Academy. Sein Forschungsschwerpunkt ist sowjetische Außenpolitik sowie Militär- und Diplomatie-Geschichte. Einige seiner Bücher wurden in 20 Sprachen übersetzt.

Vor einigen Tagen hat das American Committee for US-Russia-Accord [1] (Acura) auf einen Beitrag von Roberts [2] über den Krieg in der Ukraine aufmerksam gemacht, der auf Brave New Europe – einer englischsprachigen Website für kritisches Denken und Alternativen zum Neoliberalismus – erschienen ist.1 [3]

Der Text besteht aus einer kurzen Zusammenfassung und neun Fragen zum Ukraine-Krieg, die von Roberts klarsichtig beantwortet werden. Mit Erlaubnis von Brave New Europe hat unser Autor Klaus-Dieter Kolenda den Beitrag ins Deutsche übertragen:


Das Zeitfenster für ein Verhandlungsende des Krieges schließt sich zusehends. Dieser Herbst könnte die letzte Chance der Diplomatie sein, irgendeine Art von Lösung zu erreichen. Wenn das nicht geschieht, wird sich das Schicksal der Ukraine auf dem Schlachtfeld entscheiden, und wenn die Waffen verstummen, wird der ukrainische Staat möglicherweise nicht mehr in einem sinnvollen Sinne existieren.

Neun Fragen und Antworten

1. Die ukrainische Gegenoffensive verläuft nicht so gut, wie es sich die westlichen Politiker und Mainstream-Medien wünschen. Was glauben Sie, was in den nächsten Wochen auf dem Kriegsschauplatz passieren wird? Wird das Ergebnis der ukrainischen Gegenoffensive die Politik der Brüsseler gegenüber Kiew ändern?

Die ukrainische Gegenoffensive ist gescheitert. Die ukrainischen Streitkräfte mögen in der Lage sein, einige taktische Gewinne zu erzielen, aber es gibt keine Aussicht auf irgendeine Art von strategischem Durchbruch. Die materiellen und menschlichen Kosten der gescheiterten Offensive waren enorm, und langsam, aber sicher, verschiebt sich das militärische Gleichgewicht entscheidend zu Gunsten Russlands. Trotz massiver westlicher Hilfe verliert die Ukraine eindeutig den Krieg.

Es bleibt abzuwarten, ob diese Realität die westlichen Entscheidungsträger dazu veranlasst, sich der Diplomatie zuzuwenden und ein Verhandlungsende des Krieges anzustreben, das die Zukunft der Ukraine sichern könnte. Das hängt von der Stärke realistischer und pragmatischer Stimmen unter den westlichen Eliten ab.

Weil die Führung des Westens so viel politisches Kapital in die Niederlage Russlands in der Ukraine investiert hat, wird es ihr schwerfallen, ihren Kurs zu ändern. Ich hoffe, dass sie die Richtung ändern, aber es kann eine Weile dauern, und in der Zwischenzeit wird das unermessliche Leid in der Ukraine weitergehen.

2. Muss der Westen Angst vor einer Eskalation mit der Russischen Föderation haben? Halten Sie etwa einen lokalen Krieg zwischen Polen und Weißrussland für möglich? Würde es zu einer kontinentalen oder globalen Dimension eskalieren?

Eines der besorgniserregendsten Dinge an dem Krieg ist die mangelnde Angst des Westens vor einer Eskalation. Das anhaltende Muster ist eine immer größere Eskalation des Stellvertreterkriegs des Westens mit Russland und seiner materiellen Unterstützung für die Ukraine.

Es sind die Handlungen des Westens, die zu einem so langen Krieg geführt haben.

Hätten die EU und die Nato ihre Hilfe für Kiew zurückgehalten und gekürzt, wäre der Krieg schon vor Monaten beendet und die Ukraine vor immensen Schäden bewahrt worden, einschließlich des Verlusts von Hunderttausenden ihrer Bevölkerung.

Ja, die Ukraine hätte Territorium verloren und ihre Staatlichkeit wäre beschnitten worden. Aber es hätte als souveräner und unabhängiger Staat überlebt. Die Verlängerung des Krieges hat und wird weiterhin zu weiteren Gebietsverlusten der Ukraine führen.

Wenn der Krieg nicht bald endet, wird das Schicksal der Ukraine das eines dysfunktionalen Rumpfstaates sein, der vollständig von einem Westen abhängig ist, der nach dem Ende der Kämpfe weit weniger großzügig in seiner Unterstützung sein wird.

Es ist unwahrscheinlich, dass der Krieg zu einem totalen Konflikt zwischen Russland und dem Westen eskaliert, aber es bleibt möglich, auch als Ergebnis eines Zusammenstoßes zwischen Polen und Belarus, wie Sie andeuten.

Denken Sie auch daran, dass es im antirussischen Lager Extremisten gibt, die eine solche Eskalation herbeisehnen und seit Beginn des Krieges darauf drängen.

Westliche Neokonservative und ukrainische Ultranationalisten sind davon überzeugt, dass Russland ein Papiertiger ist, der zusammenbricht, wenn man sich ihm stellt. Verrücktes Denken, aber sie scheinen wirklich solchen Unsinn zu glauben.

3. Wiederholt sich die Geschichte in der Ukraine? Ich beziehe mich auf die deutschen Panzer, die wieder nach Osten rollen, oder auch auf einen hypothetischen großen Zusammenstoß zwischen dem maritimen "anglo-amerikanischen" Imperium und dem russischen Landreich.

Gegenwärtig rollen die deutschen (und britischen) Panzer nicht nach Osten. Sie werden von russischer Artillerie, Luftwaffe und Panzerabwehrraketen zerstört. Das Gleiche gilt für alle anderen Arten westlicher Panzer, die an die Ukraine geliefert wurden.

Nüchterne Elemente unter den westlichen Militärs müssen zur Kenntnis nehmen und erkennen, dass Russland in der Lage ist, den Westen in jeder direkten, großangelegten konventionellen Begegnung zu besiegen. Sie sind sich auch darüber im Klaren, dass ein solcher Krieg schnell auf die nukleare Ebene eskalieren würde, weil die Vereinigten Staaten nur so in der Lage wären, Europa gegen einen russischen Angriff zu verteidigen.

Glücklicherweise gibt es keine Beweise dafür, dass Russland solche Absichten hat. Während des gesamten Krieges hat Putin versucht, die vom Westen ausgehende westlichen Eskalationsdynamik einzudämmen, indem er auf Provokationen wie die Lieferung deutscher Leopard-Panzer an die Ukraine nicht überreagierte.

War der Ukraine-Krieg unvermeidlich?

4. Glauben Sie aus akademischer Sicht, dass dieser Krieg aus unvermeidlich war? Und vor allem: Ist sein Ergebnis unvermeidlich, da es bereits von historischen Elementen bestimmt ist und seine Manifestation nur eine Frage der Zeit war, oder kann er durch bestimmte Entscheidungen der Politiker oder der Generäle beeinflusst werden?

Der russisch-ukrainische Krieg ist der unvermeidlichste und zugleich vermeidbarste Krieg der Geschichte. Er hätte verhindert werden können, wenn die Nato ihre Ausdehnung bis an die Grenzen Russlands eingeschränkt und auf ihre militärische Aufrüstung der Ukraine verzichtet hätte.

Dies hätte durch die Umsetzung der Minsker Vereinbarungen verhindert werden können, die die Rebellengebiete von Donezk und Luhansk unter ukrainische Souveränität zurückgeführt und gleichzeitig die Rechte und die Autonomie prorussischer Elemente in der Ukraine geschützt hätten.

Minsk scheiterte, weil ukrainische Ultranationalisten die Umsetzung der Vereinbarungen sabotierten und der Westen sie damit durchkommen ließ. Der Krieg hätte durch ernsthafte Verhandlungen über die europäische Sicherheit abgewendet werden können, die die russischen Ängste besänftigt und seine Interessen in Bezug auf die Ukraine respektiert hätten.

Putins Invasion in der Ukraine war ein illegaler Akt der Aggression, aber er war keineswegs unprovoziert. Die Ukraine und der Westen sind gemeinsam für den Ausbruch des Krieges verantwortlich.

Wichtig ist, dass der Krieg nach wenigen Wochen hätte enden können, wenn die Friedensverhandlungen in Istanbul im Frühjahr 2022 erfolgreich gewesen wären. Diese Verhandlungen scheiterten, weil die Ukraine – mit westlicher Unterstützung – aus einem Abkommen ausgestiegen ist, das den Schaden für ihre Territorialität und Souveränität der Ukraine begrenzt und ihre Beziehungen zu Russland stabilisiert hätte.

5. Wie erklären Sie sich die Tatsache, dass Finnland und Schweden ihre traditionelle neutrale Position aufgegeben haben? Werden Irland oder Österreich den gleichen Weg gehen?

Die Mitgliedschaft Finnlands und Schwedens in der Nato ist kein so radikaler Schritt, wie es scheinen mag. Seit Jahrzehnten sind die beiden Staaten eng miteinander verbunden und arbeiten mit der Nato zusammen.

Die Gefahr besteht darin, dass die Mitgliedschaft in der Nato zur Errichtung von US-Militärstützpunkten auf schwedischem und finnischem Territorium führen wird. Das würde von Russland als Bedrohung empfunden.

Historisch bedingt war das Verhältnis Österreichs zur Nato immer distanzierter als das Schwedens und Finnlands, und ich glaube nicht, dass sich daran etwas ändern wird.

Irlands praktische Zusammenarbeit mit der Nato hat sich seit Jahren entwickelt und im Laufe des gegenwärtigen Krieges erheblich zugenommen, aber in der öffentlichen Meinung findet die Idee der irischen Neutralität breite Unterstützung.

All dies alles ist sehr bedauerlich, denn ein fester neutraler Block in Europa hätte dazu beitragen können, die Diplomatie am Leben zu erhalten und eine konstruktive Rolle bei den Bemühungen um einen Waffenstillstand und eine Friedenslösung zu spielen.

Neutrale europäische Staaten hätten sich auch mit der wachsenden Kampagne des Globalen Südens für Verhandlungen zur Beendigung des Krieges verbünden können.

6. Wie schwierig ist es heute für einen Universitätsprofessor, seine Meinung zu äußern, ohne Angst vor Zensur oder Verächtlichmachung durch die Medien oder die Kollegen zu haben? Leider haben wir in Italien in dieser Angelegenheit schlechte Erfahrungen gemacht.

Für mich ist es nicht schwierig, weil ich "im Ruhestand" bin und sagen und tun kann, was ich will, einschließlich Reisen nach Russland für akademische Konferenzen zu unternehmen.

Der Druck auf Kolleginnen und Kollegen in weniger günstigen Situationen, sich der westlichen "Parteilinie" im Ukraine-Krieg anzupassen, ist jedoch enorm und erklärt ihre Zurückhaltung, sich zu äußern oder gar ihre wissenschaftliche Expertise mitzuteilen, da alle Bemühungen um Unparteilichkeit zensiert oder niedergeschrien werden.

Natürlich sind Akademikerinnen und Akademiker in der Ukraine weitaus stärker bedroht und unter Druck gesetzt, sich anzupassen. Auch für russische Wissenschaftler ist es gefährlich, wenn nicht gar unmöglich, sich kritisch über den Krieg zu äußern.

7. Glauben Sie, dass die EU die Ukraine tatsächlich als Mitglied aufnehmen wird? Oder wird sie den Beitritt immer wieder hinauszögern, so wie es die Nato tut?

Ich denke, dass die Ermutigung vonseiten der EU zu einem Krieg bis zum sprichwörtlichen letzten Ukrainer bedeutet, dass sie eine moralische Verpflichtung hat, die Ukraine als Mitglied aufzunehmen. Aber trotz aller schönen Worte der EU wird es Jahre dauern, bis die Ukraine Mitglied wird, wenn überhaupt.

Ironischerweise wird das Land, das das größte Hindernis für die EU-Mitgliedschaft der Ukraine darstellen wird, der Staat sein, der während des Krieges ihr treuester Unterstützer war, nämlich Polen.

Trotz aller gemeinsamen antirussischen nationalistischen Rhetorik in wirtschaftlicher und politischer Hinsicht kollidieren die Interessen Polens und der Ukraine im EU-Kontext. Polen ist das Land, das durch den EU-Beitritt der Ukraine am meisten zu verlieren hat, und das könnte der Grund dafür sein, dass es nicht dazu kommen wird.

Ich nehme an, dass ein besiegter, dysfunktionaler ukrainischer Rumpfstaat irgendwann in der Zukunft Mitglied der Nato werden könnte, aber selbst das würde die Zustimmung Russlands sowie die Einstimmigkeit aller seiner Mitglieder erfordern.

8. Was kann die EU tun, um den Krieg zu beenden?

Die EU sollte auf Kriegstreiberei verzichten und auf Diplomatie setzen. Sie sollte ihre Identität als Pro-Friedens-Projekt wiederentdecken. Sie sollte ihre beeindruckenden Fähigkeiten und Erfahrungen, die sie bei Verhandlungen, Kompromissen und auch Täuschungen gemacht hat, einsetzen, um einen Waffenstillstand und eine dauerhafte Friedenslösung zu erreichen.

9. Nächstes Jahr finden in den Vereinigten Staaten Präsidentschaftswahlen statt. Glauben Sie, dass sich etwas zum Besseren verändern kann?

Biden könnte die Wahl wegen des Krieges durchaus verlieren. Vermutlich würde das einen Sieg für Trump bedeuten.

Das Problem bei Trump ist, dass er viel redet, aber wenig liefert. Jetzt scheint Trump den Frieden in der Ukraine zu befürworten, aber es war seine Regierung, die die militärische Aufrüstung der Nato in der Ukraine beschleunigt hat.

Putin wird sehr vorsichtig sein, wer auch immer US-Präsident wird. Putin wird den Krieg nur zu Bedingungen beenden, die die Sicherheit Russlands garantieren und die Interessen der prorussischen Ukrainer schützen. Wenn nötig, wird er den Krieg bis zum bitteren Ende führen und dann einen für die Ukraine höchst strafenden Frieden durchsetzen.

Das Zeitfenster für ein Verhandlungsende des Krieges schließt sich zusehends. Dieser Herbst könnte die letzte Chance der Diplomatie sein, irgendeine Art von Lösung zu erreichen.

Wenn das nicht geschieht, wird sich das Schicksal der Ukraine auf dem Schlachtfeld entscheiden, und wenn die Waffen verstummen, wird der ukrainische Staat möglicherweise nicht mehr in einem vernünftigen Sinne existieren.

Ende der Übersetzung des Beitrags von Geoff Roberts

Einige ergänzende Anmerkungen

Roberts schätzt ein, dass die ukrainische Gegenoffensive gescheitert sei, die Ukraine den Krieg gegen Russland verlieren und als ein dysfunktionaler Rumpfstaat enden werde, wenn es nicht bald zu einem Kriegsende durch Diplomatie komme.

Die Befürchtung, dass dieser Krieg aus der Ukraine einen dysfunktionalen Rumpfstaat machen werde, wenn er noch lange weitergeführt wird, vertritt auch John Mearsheimer, der eine Reihe von Belegen für diese Beurteilung anführt.2 [4]

Roberts sagt, dass für ihn eine der besorgniserregendsten Dinge an dem Krieg die mangelnde Angst des Westens vor einer Eskalation sei, und er spricht auch von der Möglichkeit einer nuklearen Eskalation durch die USA für den Fall, dass der Westen in dem Stellvertreterkrieg in der Ukraine besiegt werde und die USA nur so in der Lage wären, Europa vor einem russischen Angriff zu verteidigen.

Glücklicherweise gibts aber nach seiner Auffassung keine Beweise dafür, dass Russland solche Absichten habe, denn während des gesamten Krieges habe Putin versucht, die vom Westen ausgehende Eskalationsdynamik einzudämmen.

Im Unterschied zu Roberts hat Mearsheimer eine mögliche russische Eskalation bis zu einem eventuellen Einsatz von Atomwaffen im Blick und sagt in seiner Analyse, ein russischer Sieg verringere die Gefahr eines Atomkriegs deutlich, da eine nukleare Eskalation am wahrscheinlichsten sei, wenn die ukrainischen Streitkräfte siegen und alle bzw. die meisten Gebiete zurückerobern würden, die Kiew an Moskau verloren habe.

Sollte Russland den Krieg in der Ukraine verlieren und der russische Staat dadurch in seiner Existenz bedroht sein, werde die russische Führung entsprechend ihrer Nukleardoktrin wahrscheinlich überlegen, dieses Desaster mit dem Einsatz von Atomwaffen abzuwenden.3 [5] Er schreibt:

Wenn ich mich jedoch irre, wohin der Krieg führt, und das ukrainische Militär die Oberhand gewinnt und beginnt, die russischen Streitkräfte nach Osten zu drängen, würde die Wahrscheinlichkeit eines nuklearen Einsatzes natürlich erheblich steigen, was jedoch nicht heißt, dass das eine Gewissheit wäre.

John Mearsheimer

Weiterhin sagt Roberts, der russisch-ukrainische Krieg sei der unvermeidlichste und zugleich vermeidbarste Krieg der Geschichte.

Mit der Einschätzung, der Ukraine-Krieg sei der "unvermeidlichste" Krieg, weist er auf die Jahrzehnte-langen Provokationen hin, wie das auch schon Mearsheimer4 [6] und Jeffrey Sachs5 [7] ausführlich getan haben.

Und wenn er sagt, der Krieg in der Ukraine sei der "vermeidbarste" Krieg in der Geschichte, dann meint er damit, dass es eine Reihe von Möglichkeiten vonseiten des Westens, d. h. den USA, gegeben hätte, den Ausbruch des Krieges zu verhindern, wenn die Entscheidungsträger in den USA das gewollt hätte.

Dazu sagt Roberts in einer größeren Abhandlung, die im Dezember 2022 veröffentlicht wurde6 [8]:

Hätte ein russisch-westliches Abkommen einen Krieg verhindern können, der die Nato-Erweiterung stoppte und die Ukraine im Gegenzug für solide Garantien der ukrainischen Unabhängigkeit und Souveränität neutralisierte? Gut möglich.

Kein Krieg ist unvermeidlich bis zum Moment der Entscheidung. Das galt im Februar 2022 genauso wie im Juli 1914. Ein ständiges Thema in Putins öffentlichem Diskurs während der Krise vor der Invasion war sein extremes Misstrauen gegenüber dem Westen, insbesondere gegenüber den Vereinigten Staaten.

Bedeutende Zugeständnisse des Westens in Bezug auf Russlands Sicherheitsbedenken hätten seine dunkelsten Vorahnungen besänftigen und ihn davon überzeugen können, dass die Risiken des Friedens geringer waren als die eines Krieges. Dass die USA und der Westen es nicht taten, bedeutet nicht, dass sie es nicht hätten tun können.

Geoff Roberts, Dezember 2022

"Die EU sollte auf Kriegstreiberei verzichten und auf Diplomatie setzen", sagt Roberts gegen Ende des Interviews. Ein diskussionswürdiger detaillierter Verhandlungsvorschlag für ein Friedensabkommen in der Ukraine [9] wurde kürzlich von Prof. Dr. Peter Brandt, Prof. Dr. Hajo Funke, General a. D. Harald Kujat und Prof. Dr. h.c. Horst Teltschik vorgelegt. Dieser wurde am 1. September 2023, dem Antikriegstag, vonseiten der IPPNW in einem Appell an die Bundesregierung, diplomatische Initiativen für einen Verhandlungsfrieden zu unterstützen, veröffentlicht und ist auch bei Telepolis erschienen [10].

Über den Autor: Klaus-Dieter Kolenda, Prof. Dr. med., Facharzt für Innere Medizin – Gastroenterologie, Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin/Sozialmedizin, war von 1985 bis 2006 Chefarzt einer Rehabilitationsklinik für Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems, der Atemwege, des Stoffwechsels und der Bewegungsorgane. Seit 1978 ist er als medizinischer Sachverständiger bei der Sozialgerichtsbarkeit in Schleswig-Holstein tätig. Zudem arbeitet er in der Kieler Gruppe der IPPNW e. V. (Internationale Ärztinnen und Ärzte für die Verhütung des Atomkriegs und für soziale Verantwortung) mit. E-Mail: klaus-dieter.kolenda@gmx.de


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[3] https://www.heise.de/tp/features/Britischer-Historiker-zum-Ukraine-Krieg-EU-sollte-auf-Diplomatie-setzen-9311366.html?view=fussnoten#f_1
[4] https://www.heise.de/tp/features/Britischer-Historiker-zum-Ukraine-Krieg-EU-sollte-auf-Diplomatie-setzen-9311366.html?view=fussnoten#f_2
[5] https://www.heise.de/tp/features/Britischer-Historiker-zum-Ukraine-Krieg-EU-sollte-auf-Diplomatie-setzen-9311366.html?view=fussnoten#f_3
[6] https://www.heise.de/tp/features/Britischer-Historiker-zum-Ukraine-Krieg-EU-sollte-auf-Diplomatie-setzen-9311366.html?view=fussnoten#f_4
[7] https://www.heise.de/tp/features/Britischer-Historiker-zum-Ukraine-Krieg-EU-sollte-auf-Diplomatie-setzen-9311366.html?view=fussnoten#f_5
[8] https://www.heise.de/tp/features/Britischer-Historiker-zum-Ukraine-Krieg-EU-sollte-auf-Diplomatie-setzen-9311366.html?view=fussnoten#f_6
[9] https://www.ippnw.de/startseite/artikel/de/appell-an-die-bundesregierung-diplo.html
[10] https://telepolis.de/-9292994