Bürgergeld für Ukrainer: Argumente zwischen Arbeitsmarkt und Schützengraben
FDP und Union wollen sparen. Vor allem bei wehrpflichtigen Männern. Was ändert sich, wenn geflüchtete Ukrainer wie Asylbewerber behandelt werden?
Die Debatte um Bürgergeld für geflüchtete Ukrainer spitzt sich zu: Parallel zur deutschen Waffenhilfe für die Ukraine wollen FDP- und Unionspolitiker den Druck auf ukrainische Männer im wehrpflichtigen Alter erhöhen und Sozialleistungen einsparen.
"Neu ankommende Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine sollten künftig kein Bürgergeld mehr bekommen, sondern unter das Asylbewerberleistungsgesetz fallen", sagte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai am Montag der Bild.
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"Wir sollten nicht länger mit dem Geld der Steuerzahler Arbeitslosigkeit finanzieren, sondern müssen dafür sorgen, dass die Menschen in Arbeit kommen", fügte er hinzu. Auch in den Unionsparteien waren ähnliche Forderungen aufgekommen.
Wehrpflicht in der Ukraine vs. Arbeit in Deutschland
Ab Mittwoch soll bei der Innenministerkonferenz von Bund und Ländern über das Thema beraten werden. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) will dort zum Thema sprechen – sein Standpunkt ist bekannt: Er hat bereits gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) erklärt, es sei der deutschen Bevölkerung "nicht mehr lange vermittelbar", dass mehrere zehntausend wehrpflichtige Ukrainer hier Bürgergeld bekämen.
Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU) sagte dem RND: "Es passt nicht zusammen, davon zu reden, die Ukraine bestmöglich zu unterstützen und im gleichen Atemzug fahnenflüchtige Ukrainer zu alimentieren". Das Bürgergeld sei auch zum "Bremsschuh für die Arbeitsaufnahme" geworden.
Dem widerspricht allerdings das Bundesarbeitsministerium unter Hubertus Heil (SPD): Ein Sprecher des Ressorts wies am Montag laut einem Bericht der ARD darauf hin, dass mit der Zuständigkeit der Jobcenter für Geflüchtete aus der Ukraine auch schneller Maßnahmen für ihre Integration in den Arbeitsmarkt ergriffen werden könnten.
Regelsatz für Asylbewerber deutlich geringer
Mit "Bremsschuh" ist gemeint, dass die Regelsätze gemäß Asylbewerberleistungsgesetz deutlich geringer ausfallen. Für Alleinstehende beträgt der Bürgergeld-Regelsatz 563 Euro im Monat, der Regelsatz gemäß Asylbewerberleistungsgesetz lediglich 460 Euro.
Auch das Bundesinnenministerium unter Nancy Faeser (SPD) verteidigt aktuell die bisherige Regelung für Geflüchtete aus der Ukraine. Ein Sprecher des Ministeriums verwies laut ARD darauf, dass die Innenminister der EU-Staaten erst am vergangenen Donnerstag den Schutzstatus der Ukrainerinnen und Ukrainer um ein weiteres Jahr bis März 2026 verlängert hatten.
Wer aus dem Land vor dem russischen Angriffskrieg geflohen ist, muss demnach in Deutschland kein Asylverfahren durchlaufen, sondern erhält Bürgergeld und darf im Gegensatz zu neu ankommenden Asylsuchenden sofort arbeiten.
Allerdings wäre dies nicht die erste EU-Richtlinie, die in Deutschland unterlaufen wird: Das geschieht auch beim Mindestlohn. Die EU-Mindestlohnrichtlinie sieht als angemessenen Mindestlohn 60 Prozent des Medianlohns im jeweiligen Land vor, also 60 Prozent des Lohns in der Mitte der Einkommensverteilung. In Deutschland wäre das aktuell Lohn von rund 14 Euro pro Stunde. Real liegt hier der gesetzliche Mindestlohn aber bei 12,41 Euro.
Rund 200.000 wehrfähige Ukrainer in Deutschland
Verschiedene Initiativen, die sich für die Rechte von Geflüchteten einsetzen, hatten bereits die Ungleichbehandlung ukrainischer und anderer bedürftiger Kriegsflüchtlinge (etwa aus Syrien) kritisiert – aber nicht, um Ukrainer schlechter zu stellen, sondern um eine Verbesserung für alle zu fordern.
Die Mehrzahl der rund 1,1 Millionen Geflüchteten aus der Ukraine in Deutschland sind allerdings Frauen, Kinder und Ältere. Rund 200.000 wehrfähige ukrainische Männer sollen sich hier aufhalten.