Bundestagswahl 2025: Wenig Personal, kurze Fristen, Zweifel an Briefwahl

Harald Neuber

Bild: Heike Pinkall/ Shutterstopck.com

Die vorgezogene Bundestagswahl stellt Kommunen vor massive Probleme. Vor allem fehlen Wahlhelfer und die Zeit drängt. Was passiert, wenn nicht alle ihre Stimme abgeben können?

Während sich die Parteien auf den entscheidenden Wahltag am Sonntag vorbereiten, spricht kaum jemand über die Probleme des vorgezogenen Urnengangs. Die relativ kurze Frist und erhebliche strukturelle Probleme schmälern die demokratische Legitimation dieser Abstimmung. Weshalb aber spielt das in der politischen Debatte kaum eine Rolle? Schließlich lässt ein Blick auf andere Wahlszenarien erahnen, wie dramatisch solche Fehlschläge enden können.

Die vorgezogene Bundestagswahl am 23. Februar 2025 stellt vorwiegend die Kommunen vor große logistische Herausforderungen. Insbesondere die Briefwahl bereitet vielen Städten und Gemeinden Kopfzerbrechen. Experten warnen eindringlich vor möglichen Problemen und raten teilweise sogar von der Stimmabgabe per Brief ab.

Grund für die Bedenken sind die stark verkürzten Fristen durch die rasch anberaumte Neuwahl. Die Briefwahlunterlagen konnten erst sehr spät versandt werden, da die Zulassung der Wahlvorschläge erst am 30. Januar endete – nur 24 Tage vor dem Wahltermin. Üblicherweise beträgt diese Frist 52 Tage.

Appell an Wähler

Landeswahlleiter und Kommunen appellieren an die Bürger, nach Möglichkeit direkt im Wahllokal abzustimmen. Wer dennoch per Brief wählen möchte, hat seine Unterlagen hoffentlich schnellstmöglich bei der zuständigen Gemeinde beantragt, vor Ort ausgefüllt oder abgeholt. Nur so ließen sich Verzögerungen durch den Postversand vermeiden.

Trotz aller Besichtigungen blieben Zweifel, ob wirklich alle Wähler ihre Stimme fristgerecht abgeben können. Denn verschärft wird die Situation durch einen Mangel an Wahlhelfern in vielen Kommunen. Sie werden dringend benötigt, um einen reibungslosen Ablauf zu gewährleisten. Auch die gesonderte Auszählung der Briefwahlstimmen erfordert zusätzliches Personal.

Wenig Geld für Wahlhelfer

Und das ist seit Jahren ein Problem. Denn die Aufwandsentschädigungen für Wahlhelfer sind teilweise lächerlich gering, die Spanne reicht von 25 Euro bis über 100 Euro. Obwohl dieser Engpass seit Jahren bekannt ist, unternehmen weder die Gemeinde noch der Bund etwas. Dass es mit dem entsprechenden Geld geht, haben die Behörden in Nordrhein-Westfalen und Berlin gezeigt. Dort wurde das sogenannte Erfrischungsgeld auf über 100 Euro erhöht, die Folge war ein Ansturm von Wahlhelfern.

Experten befürchten dennoch, dass Komplikationen bei der Briefwahl das vorläufige Wahlergebnis grundsätzlich verzögern könnten. Angesichts der politisch angespannten Lage und zunehmenden Problemen durch Fake News und Manipulation birgt dies ein erhebliches Risiko.

Briefwahl soll Ausnahme sein

Auch inhaltlich steht die Briefwahl in der Kritik. Das Bundesverfassungsgericht hat immer wieder betont, dass diese Methode der Stimmabgabe eine Ausnahme sein sollte. Bei der Abstimmung außerhalb des Wahllokals ist schwer zu kontrollieren, ob der Wähler unbeeinflusst und geheim votiert. Dies schränkt wichtige Wahlrechtsgrundsätze ein.

Trotz aller Warnungen ist die Beliebtheit der Briefwahl in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Gaben 1990 nur 9,4 Prozent der Wähler ihre Stimme auf diesem Weg ab, waren es 2021 schon 47,3 Prozent. Die Pandemie hat diesen Trend verstärkt. Viele Menschen empfinden die Briefwahl einfach als bequemer.

Für die Parteien erschwert ein hoher Briefwahlanteil den Wahlkampf. Wenn viele Bürger schon Wochen vor dem Wahltermin abstimmen, werden Trendwenden in der Endphase unwahrscheinlicher. Ob die Wähler angesichts der aktuellen Probleme von der Briefwahl abrücken, bleibt abzuwarten.

Von den geschätzt drei bis vier Millionen Deutschen im Ausland konnten viele ihre Stimme wohl nicht rechtzeitig abgeben. Vor allem in Übersee sind die Postlaufzeiten zu lang. Tausende Auslandsdeutsche warteten auf ihre Unterlagen oder haben sie zu spät erhalten, berichtet die Zeit.

Als Lösung hat das Auswärtige Amt seinen Kurierdienst für den Versand geöffnet und die Hürden für die Online-Registrierung gesenkt. Einige Auslandsdeutsche greifen zu kreativen Lösungen wie Privatkurieren. Dennoch befürchten Experten eine geringere Wahlbeteiligung der im Ausland lebenden Deutschen.

International steht die Briefwahl wegen Sicherheitsbedenken schon lange in der Kritik. Frankreich hatte die Briefwahl 1975 wegen Betrugsvorwürfen ganz abgeschafft. Darauf beruft sich in Deutschland etwa die AfD, sie warnt vor Manipulationsrisiken.

Die deutschen Behörden betonen hingegen die Sicherheit des Briefwahlsystems. Durch Wählerregistrierung, Fristen und strenge Auszählkontrollen seien Manipulationen praktisch ausgeschlossen. Es gebe keine Beweise für systematische Versuche der Wahlfälschung, so Experten. Die OSZE wird die Wahl wie üblich beobachten.

Befürworter sehen die Briefwahl als Mittel für eine höhere Wahlbeteiligung5. Bei der letzten Bundestagswahl 2021 machten sogar 47,3 Prozent der Wähler davon Gebrauch –offensichtlich wegen der damals noch andauernden Corona-Pandemie.

Als am 6. Januar 2021 tausende Anhänger des nun wiedergewählten Republikaners Donald Trump das Kapitol in Washington stürmten, war dies übrigens auch auf das knappe Wahlergebnis zurückzuführen. In den USA sind die Probleme des Wahlprozesses weitaus gravierender, dennoch gibt es eine Gemeinsamkeit: Strukturelle Schwächen, zumal bekannte, können das Vertrauen in die demokratischen Strukturen weiter schwächen.