Chinas Aufstieg zur Supermacht und das bröckelnde US-Imperium
- Chinas Aufstieg zur Supermacht und das bröckelnde US-Imperium
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Vom Ukraine-Krieg bis Saudi-Arabien: China überholt die USA als globaler Vermittler. Der Niedergang der US-Macht reicht zurück zum Irak-Kriegsverbrechen. Warum der US-Hegemon nicht mehr auf die Füße kommt.
Der chinesische Präsident Xi Jinping und der russische Präsident Wladimir Putin haben nach ihrem Treffen in Moskau Anfang dieser Woche eine "neue Ära" in den chinesisch-russischen Beziehungen ausgerufen.
Die beiden Staatsoberhäupter haben Berichten zufolge Chinas Zwölf-Punkte-Vorschlag zur Beendigung des Krieges in der Ukraine erörtert, wobei Putin erklärte, dass Chinas Plan die Grundlage für ein Friedensabkommen sein könnte.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat sich kürzlich ebenfalls bereit erklärt, Chinas Friedensplan in Betracht zu ziehen, obwohl er selbst noch nicht mit Xi zusammengetroffen ist.
Amy Goodman und Juan González vom US-Nachrichtenprogramm Democracy Now haben mit Andrew Bacevich, Mitbegründer des Quincy Institute for Responsible Statecraft, über den Aufstieg Chinas und den 20. Jahrestag der US-Invasion im Irak gesprochen.
Bacevich ist emeritierter Professor für internationale Beziehungen und Geschichte an der Boston University und Autor von "On Shedding an Obsolete Past: Bidding Farewell to the American Century".
Ich möchte mit Ihnen über Entwicklungen sprechen, die zurückreichen zu den Ereignissen vor zwanzig Jahren, der US-Invasion in den Irak, und sich fortsetzten bis hin zum Krieg in der Ukraine. Lassen Sie uns in der Gegenwart beginnen, mit den Nachrichten vom Xi-Putin-Gipfel, dem chinesischen Friedensplan, der angeboten wurde, und Selenskyjs Reaktion darauf. Sehen Sie im Moment einen Weg für Diplomatie? Sprechen Sie zunächst über die Bedeutung des Gipfels.
Andrew Bacevich: Zunächst einmal sollten wir nichts von dem, was die einzelnen involvierten Akteure sagen, für bare Münze nehmen, egal ob es sich um Russland, China, die Ukraine oder die Vereinigten Staaten handelt.
Ich denke, was mich beeindruckt, ist das diplomatische Engagement Chinas. Und das sage ich auch im Hinblick auf ihre Rolle bei der Wiederherstellung der diplomatischen Beziehungen zwischen dem Iran und Saudi-Arabien. Unsere Diplomatie, die amerikanische Diplomatie, erscheint mir reaktiv, fantasielos und ineffektiv.
Die chinesische Diplomatie hingegen scheint mir einfallsreicher und potenziell effektiver zu sein. Das bedeutet, dass sich die Welt in Bezug auf die Verteilung von Macht und Einfluss auf der Welt auf wichtige und dramatische Weise verändert.
Das bestätigt in gewisser Weise etwas, was wir schon immer sehen konnten, oder seit Langem wussten, dass China tatsächlich zu einer globalen Supermacht aufsteigt, die den Vereinigten Staaten von Amerika ebenbürtig ist.
Können Sie über den Friedensplan sprechen, den China angeboten hat? Selenskyj lehnt ihn zwar ab, da er bedeuten würde, dass Russland in den besetzten Gebieten in der Ukraine, sowohl auf der Krim als auch in der Ostukraine, bleiben würde, und es ihnen erlauben könnte, zu einem späteren Zeitpunkt einzumarschieren. Aber es ist schon auffällig, wenn Selenskyj sagt: "Ich möchte mit dem chinesischen Präsidenten sprechen", und dann seinen eigenen Friedensplan vorlegt. Was halten Sie davon?
Andrew Bacevich: Ich habe das nicht im Detail analysiert, aber ich denke, Sie treffen den Kernpunkt, dass Selenskyjs Bereitschaft, China anzuhören, auf eine Offenheit gegenüber Beijing als Vermittler hindeutet, was ein Abkommen möglich machen würde.
Es ist höchst unwahrscheinlich, dass es in diesem Konflikt eine Seite gibt, die gewinnt, und eine, die verliert, auch wenn das die Erwartung der Biden-Administration zu sein scheint, nämlich dass die Ukraine gewinnt und Russland verliert. Das wird nicht passieren. Also muss es einen Kompromiss geben.
Ich habe den Eindruck, dass Selenskyj Kompromissbereitschaft signalisiert, während die Vereinigten Staaten auf einer sehr harten Position beharren.
Die USA sagen, dass sie China nicht trauen können. Warum glauben Sie, dass China und andere Länder bei der Vermittlung eines Friedensabkommens eine wichtige Rolle spielen könnten?
Andrew Bacevich: Der größere Zusammenhang ist der, den auch andere Kommentatoren vorbringen, nämlich dass der Krieg zwischen der Ukraine und Russland ein Stellvertreterkonflikt ist. Es ist ein Stellvertreterkonflikt, der Teil eines größeren Wettbewerbs zwischen dem Westen, angeführt von den Vereinigten Staaten (auch wenn die US-Regierung sich nicht ganz sicher ist), und der Volksrepublik China. Es zeigt sich dabei ein Durchsetzungsvermögen, eine Vorstellungskraft seitens der Volksrepublik, die von den USA nicht auf vergleichbare Weise beantwortet wurde.
Andrew Bacevich, wir haben nun den zwanzigsten Jahrestag der US-Invasion in den Irak miterlebt, während der Ukraine-Krieg sich weiter fortsetzt. Von den Medien wird an den Irak-Einmarsch kaum erinnert. Und selbst wenn die Mainstream-Medien darauf eingehen, dürfen dieselben Leute darüber reden, die vor zwanzig Jahren für den Krieg, für die Invasion die Werbetrommel rührten – und ich spreche nicht nur vom Sender Fox News. Sie kopierten die Art und Weise, wie die politisch Verantwortlichen – von Joe Biden bis Hillary Clinton, die damals im Senat saßen – für die US-Invasion stimmten, die der damalige US-Präsident George W. Bush vorantrieb. Was sind die Auswirkungen dieses katastrophalen Krieges, in dem – anders als in Afghanistan – immer noch 2.500 US-Soldaten stationiert sind?
Andrew Bacevich: Eine Frage ist: Warum sind die Vereinigten Staaten überhaupt in den Irak eingefallen? Und es gibt mehrere Antworten auf diese Frage. Ich denke, in vielerlei Hinsicht ist die wichtigste Antwort, dass der Irak-Krieg sowohl von der Bush-Regierung als auch von den Befürwortern des Krieges – zum Beispiel in den Medien – als eine Möglichkeit gesehen wurde, zu demonstrieren, dass die Anschläge vom 11. September 2001 tatsächlich bedeutungslos seien. Die USA, das sollte gezeigt werden, sind immer noch die einzige globale Supermacht
Die Botschaft war: Wenn wir US-Truppen in den Irak schicken, wenn wir Saddam Hussein zusammenschlagen und stürzen, dann können wir damit die offensichtlichen Konsequenzen aus den Anschlägen vom 11. September vergessen machen. Denn die Angriffe hatten gezeigt, dass die USA viel verletzlicher, viel schwächer waren, als nach dem Ende des Kalten Krieges mit Hinweis auf die "unverzichtbare Nation" behauptet wurde.
Es war also ein Versuch, zu zeigen, dass 9/11 wirklich keine Rolle gespielt hat. Dabei wurde davon ausgegangen, dass die USA einen großen, entscheidenden militärischen Sieg ohne größere Kosten im Irak erringen würden. Und das ist natürlich nicht eingetreten.
Hier stehen wir nun zwanzig Jahre später. Sie haben recht: Das Establishment ist wirklich nicht bereit, sich ehrlich mit den Folgen des Krieges auseinanderzusetzen. Und in gewisser Weise, ironischerweise, bietet der Krieg in der Ukraine dem Establishment eine günstige Gelegenheit, das Thema zu wechseln.
Wir haben immer noch US-Truppen im Nahen Osten. Wir halten an der Grundstruktur der nationalen Sicherheitspolitik fest, geben mehr Geld für das Militär aus als die zehn nächstgrößten Militärmächte der Welt, unterhalten mehr als 800 Stützpunkte auf der ganzen Welt, betreiben regionale Kommandozentralen, wie das Zentralkommando, die Nato und so weiter. Wir haben nichts gelernt.
Das ist, gelinde gesagt, traurig, und ich denke, dass wir die Fehler wiederholen werden. Wir befinden uns in diesem Showdown, einem Stellvertreter-Showdown, mit Russland und der Ukraine. Wir scheinen davon auszugehen, dass Putins Kriegsanstrengungen ausschließlich aus konventionellen Waffen bestehen werden, obwohl Russland natürlich über ein massives Atomwaffenarsenal verfügt.
Man hat zudem illusorische Annahmen über den Kriegsverlauf. Am Ende sind wir dann völlig überrascht, wenn der Krieg nicht dem gewünschten Drehbuch folgt.
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