Corona: 15-Kilometer-Grenze gerichtlich gekippt
FFP2-Masken "zumutbar"
Gestern setzte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) nach dem bayernweiten Alkoholverbot auch die so genannte 15-Kilometer-Grenze vorläufig außer Kraft. Grundlage der Entscheidung in diesem Eilverfahren ist die aus dem Rechtsstaatsgebot in Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes abgeleitete Normenklarheit. Dieses Gebot soll die Bürger einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Juli 2005 nach "befähigen, die Rechtslage anhand der gesetzlichen Regelung zu erkennen, damit sie ihr Verhalten danach ausrichten können".
Nicht deutlich und anschaulich genug
Der Ansicht der bayerischen Richter nach ist für die bayerischen Bürger aber "aller Voraussicht nach" wegen mangelnder Deutlichkeit und Anschaulichkeit "nicht hinreichend erkennbar", was ihnen die bayerische Staatsregierung mit Paragraf 25 Absatz 1 Satz 1 der 11. Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (11. BayIfSMV) verbietet und was sie ihnen erlaubt. Konkret (aber nicht konkret genug) heißt es in dieser mit 500 Euro Bußgeld bewehrten Vorschrift:
Wird in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt der nach § 28a Abs. 3 Satz 12 IfSG bestimmte Inzidenzwert von 200 Neuinfektionen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 je 100 000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen überschritten, so sind unbeschadet der §§ 2 und 3 touristische Tagesausflüge für Personen, die in dem betreffenden Landkreis oder der betreffenden kreisfreien Stadt wohnen, über einen Umkreis von 15 km um die Wohnortgemeinde hinaus untersagt. […] (11. BayIfSMV)
"Schadmünchner" dürfen weiter ferngehalten werden
Weil es diesen Satz 1 bereits mit dem Verweis auf die Normenklarheit vorläufig außer Kraft setzte, musste sich das Gericht im Eilverfahren noch nicht mit der Frage der Verhältnismäßigkeit der Maßnahme beschäftigen, die nun im Hauptsacheverfahren behandelt wird. Kläger im Eil- und im Hauptsacheverfahren ist der Passauer Rechtsanwalt und SPD-Landtagsabgeordnete Christian Filsek. Er lobte die Entscheidung als Zeichen dafür, dass man sich "auch in Krisenzeiten" auf den Rechtsstaat verlassen könne.
Ganz erfüllt hat der BayVGH Filseks Wünsche im Eilverfahren allerdings nicht: Den Satz 3 des Paragrafen 25 Absatz 1, mit dem "Landkreise oder kreisfreie Städte ferner anordnen [können], dass touristische Tagesausflüge in den Landkreis oder die kreisfreie Stadt untersagt sind" lässt das Gericht nämlich weiterhin gelten. Er wurde bislang vor allem von Gebietskörperschaften im Oberland genutzt, die damit die im Volksmund spöttisch "Schadmünchner" genannten Kurzurlauber fernhalten.
Ebenfalls in Kraft ließ der BayVGH das Gebot, in Geschäften und öffentlichen Verkehrsmitteln FFP2-Masken zu tragen, gegen das ein bayerischer Schwabe geklagt hatte. FFP2-Masken bieten der Ansicht des Gerichts nach nämlich "voraussichtlich gegenüber medizinischen oder sogenannten Community-Masken einen erhöhten Selbst- und Fremdschutz", weshalb die Richter bezüglich ihrer "Eignung und Erforderlichkeit zur Bekämpfung der Corona-Pandemie keine Bedenken" haben. Die damit verbundenen Kosten seien "zumutbar". Gesundheitsgefährdungen durch diese Masken erwartet man "insbesondere wegen der regelmäßig begrenzten zeitlichen Tragedauer nicht".
Söder vs. Aiwanger
Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder betonte gestern, er halte seine "Strategie" im Umgang mit der Corona-Pandemie für "komplett richtig". Das zeigt seiner Ansicht nach die gesunkene Zahl der Positivtests. Da sich der Trend aber wieder umkehren könne, müsse man jetzt "das Wasser halten, anstatt den Mund wässrig zu machen". Diese Metapher kann man als Seitenhieb auf Söders kleinen Koalitionspartner Hubert Aiwanger verstehen, der in den letzten Tagen Lockerungen der Lockdownregeln ins Spiel gebracht hatte.
Solche Lockerungen wird es Söder zufolge frühestens Mitte Februar geben. Um sich darauf vorzubereiten will er nächste Woche mit Vertretern von Eltern, Lehrern und Schülern über eine Schulöffnung mit "Testkonzept" sprechen.
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