Corona-Medikament in Deutschland kaum genutzt
Der US-Konzern Pfizer produziert neben dem mit Biontech entwickelten Impfstoff Comirnaty auch das Coronamedikament Paxlovid, das im Gegensatz zum Impfstoff in Deutschland kaum Verwendung findet
Während der Impfstoff Comirnaty, ehemals BNT162b2, mit dem "Wirkstoff" Tozinameran bei der Mainzer Firma BioNTech, die den Impfstoff in Deutschland vermarktet, für hohe Umsatzzahlen sorgt, liegt das in Freiburg im Breisgau von Pfizer an einem alteingesessenen Pharmastandort produzierte Paxlovid, das aus aus dem Präparat Nirmatrelvir und dem zur Wirkungsverstärkung zugefügten Ritonavir besteht, in Deutschland wie Blei in den Regalen.
Paxlovid gilt als Durchbruch in der Covid-Therapie. Pfizers antivirales Medikament ist damit eine der wichtigsten Waffen im Kampf gegen Sars-Cov-2, den Erreger von Covid-19. Es zeigte in klinischen Studien gute Resultate und ist eines der wenigen Covid-Arzneien, die oral als Tablette eingenommen werden können.
Die EU-Kommission hatte für das antivirale Arzneimittel Paxlovid am 28. Januar 2022 eine bedingte Zulassung zur Behandlung von Covid-19 erteilt. Es kann seit dem 25. Februar 2022 ärztlich verordnet und über den Großhandel bestellt werden. Obwohl in Deutschland produziert, wird das Arzneimittel übergangsweise mit einer englischen Verpackung und ohne Gebrauchsinformation verkauft.
Die unter dem Link www.bfarm.de/paxlovid-patienten bereitgestellte Gebrauchsinformation muss durch die Apotheke ausgedruckt und dem Medikament beigelegt werden. Vorgesehen ist Paxlovid für Erwachsene mit einer Covid-19-Diagnose, die keinen zusätzlichen Sauerstoff benötigen, jedoch ein erhöhtes Risiko haben, einen schweren Verlauf zu entwickeln.
Das Arzneimittel muss zum richtigen Zeitpunkt verabreicht werden
Paxlovid ist offensichtlich nur für die Behandlung von relativ wenigen Infizierten eine nützliche Option. Die Verschreib sollen in der hausärztlichen Versorgung eher eine Randerscheinung sein. Ein Hindernis für den Einsatz von Paxlovid sieht man bei der WHO darin, dass das Medikament nur in einem frühen Stadium, fünf Tagen nach Symptombeginn, sinnvoll eingesetzt werden kann und dieses Stadium muss auch erkannt werden.
Zum rechtzeitigen Erkennen wäre ein Monitoring der betroffenen Patienten sinnvoll, was in Deutschland nur im Rahmen von Pilotprojekten zulässig ist.
In einer klinischen Studie mit gut 1.200 Teilnehmern konnte Paxlovid das Risiko für schwere Krankheitsverläufe und Klinikeinweisungen um fast 90 Prozent reduzieren, wenn die Behandlung innerhalb von fünf Tagen nach Symptombeginn gestartet wurde. Eine Studie, bei welcher Paxlovid zur Vorbeugung gegen Covid-Erkrankungen nach Kontakt mit dem Virus eingesetzt wurde, schlug dagegen fehl. Es lässt sich als nicht zur Vorbeugung einsetzen.
In der deutschen Ärzteschaft sieht man in Paxlovid daher nicht den Pandemieüberwinder. Diese Rolle schreibt man der Impfung zu. Paxlovid sei eher ein Notnagel für Ungeimpfte und noch nicht Genesene über 65 Jahre. Zum Einsatz bei Geimpften generell gebe es bisher keine verlässlichen Daten.
Der Einsatz von Paxlovid erfordere höchste Vorsicht und gute Patientenaufklärung. Ein Grund für die Bedenken sollen mögliche Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten sein. Ob das Medikament auch gegen Omikron wirkt, ist bislang nicht durch Studien belegt, da diese vor der Omikron-Welle durchgeführt wurden.
Furcht vor Resistenzen
Blickt man auf die Erfahrung mit mutationsfreudigen Viren besteht wohl auch bei Sars-Cov-2 das Risiko, dass diese nicht nur den Impfschutz unterlaufen, sondern auch Resistenzen gegen Medikamente entwickeln.
Auffällig scheint auch zu sein, dass manche Patienten nach anfänglichem Behandlungserfolg mit Paxlovid einen Rückfall erlitten, also die Viruslast zunächst wie erwartet zurückgeht, nach Ende der fünftägigen Behandlung aber wieder ansteigt und Covid-Tests wieder positiv ausfallen.
Es besteht die Vermutung, dass Viren bei den betroffenen Patienten so mutierten, dass Paxlovid seine Wirkung verliert. Eine Resistenzbildung konnte jedoch bislang noch nicht nachgewiesen werden. Wenn das Medikament jedoch häufiger eingesetzt wird, besteht durchaus die Möglichkeit, dass Resistenzen auftreten.
Hoffnung besteht darin, Paxlovid mit einem weiteren Wirkstoff und mit einem anderen Wirkprinzip zu kombinieren. So könnte man ihn in Kombination mit dem vom amerikanischen Pfizer-Konkurrenten Merck & Co. entwickelten Covid-Medikament Lagevrio mit dem Wirkstoff Molnupiravir einsetzen, das in klinischen Studien aber weniger gute Resultate als Paxlovid lieferte.
Klinisch getestet wurde eine derartige Kombination bislang offenbar noch nicht, was nicht zuletzt am Widerstand von Pfizer gegen solche Tests liegen könnte. Wirtschaftlich scheint sich Paxlovid für Pfizer gelohnt zu haben, auch wenn die Zahl der Verschreibungen in Deutschland im Vergleich zu den Infektionszahlen eher niedrig ist.
Zahlreiche Regierungen haben größere Mengen des Medikaments geordert und das ist für den wirtschaftlichen Erfolg relevanter als die Verschreibungspraxis der Hausärzte.