Patientenmonitoring in der Quarantäne

Technische Hilfen in Corona-Zeiten, wenn Patienten nicht in der Praxis betreut werden können und Hausbesuche nicht angemessen sind

Die Corona-Pandemie fordert nicht nur Krankenhäuser, sondern auch zahlreiche niedergelassenen Ärzte, die jetzt einen beträchtlichen Teil ihrer Zeit für die Beobachtung von Patienten aufwenden müssen, die sich mit Corona infiziert haben, jedoch keine unmittelbaren Symptome zeigen. Zum Infektionsrisiko kommt in Deutschland noch das Problem, dass Hausbesuche von den gesetzlichen Krankenkassen nicht so gerne gesehen werden und so mancher Arzt in der Folge mit hohen Rückzahlungsforderungen konfrontiert wurde.

Für möglicherweise mit Corona infizierte Patienten gelten nicht nur besondere Sprechstunden, sondern aus Sicherheitsgründen auch ein gesonderter Eingang in die Praxis, so dass sie sich nicht mit anderen Patienten in oder vor der Praxis treffen können. Für positiv getestete Patienten in Quarantäne lässt sich die ärztliche Betreuung inzwischen mit digitalen Hilfsmitteln vor allem in der symptomlosen Anfangsphase durchaus erleichtern.

Und dies, ohne dass der Arzt zu Hausbesuchen ausrücken muss, was ja bei Kassenpatienten immer wieder zu Abrechnungsproblemen führt, wenn der Arzt mehr Hausbesuche machen muss, als ihm abrechnungstechnisch zugestanden werden.

Das Patientenmonitoring-System von Huma bietet dem betreuenden Arzt die Möglichkeit, Vitaldaten der jeweils betreuten Patienten kontinuierlich zu überwachen und die übermittelten Daten in hierarchisierter Form auf seinem Datenbildschirm vorzufinden.

Auf den britischen Inseln mit ihrem zentralisierten staatlichen Gesundheitssystem NHS hat sich der Einsatz eines Remote Patient Monitoring (RPM) Systems, das dort ursprünglich unter dem Namen Medopad eingeführt wurde, bis das Unternehmen im Frühjahr 2020 den Namen "Huma" annahm, offensichtlich schon bewährt.

In Deutschland befindet sich der Einsatz von Patientenmonitoring-Apps noch immer in der Studienphase. Ob das daran liegt, dass man glaubt, die auf den britischen Inseln gewonnenen Erfahrung nicht auf die Situation in Deutschland übertragen zu können oder dass im deutschen Gesundheitssystem eine gewisse Abneigung gegen digitale Lösungen besteht, ist derzeit nicht zu ermitteln.

Wo hakt es bei der Anwendung der Patientenmonitoring-App in Deutschland?

In Deutschland wird die Huma-App zum Patientenmonitoring im Rahmen eines Pilotprojektes des Bundesgesundheitsministeriums beispielsweise am Institut für Infektionsmedizin und Krankenhaushygiene des Universitätsklinikum Jena und dem Universitätsklinikum Heidelberg eingesetzt. Auch in Greifswald hat man schon praktische Erfahrungen mit dem App-gestützten Monitoringsystem machen können.

Telepolis hatte die Gelegenheit, PD Dr. Stefan Hagel, M.Sc., Geschäftsführender Oberarzt am Institut für Infektionsmedizin und Krankenhaushygiene des Universitätsklinikums Jena, zum Einsatz des App-basierten Patientenmonitoring zu befragen.

Wie sind Ihre Erfahrungen mit dem Patientenmonitoring per App?

Stefan Hagel: Wir testen die Huma-App (ehemals Medopad-App) in Kombination mit einem Pulsoximeter bereits seit April 2020 zusammen mit dem Universitätsklinikum Heidelberg im Rahmen eines Pilotprojekt des BMG. Zusammenfassend kann man sagen, dass wir die Patienten sehr gut im häuslichen Umfeld mitbetreuen können, was besonders hilfreich ist, da viele Hausärzte weiterhin zögern, Covid-Patienten aufzusuchen.

Wir konnten schon einigen Patienten zu einem Zeitpunkt eine Klinikeinweisung empfehlen, an dem sie selbst nie den Rettungsdienst gerufen hätten. Die Patienten, die mitmachen, sind auch durchgängig sehr dankbar, dass sie die Möglichkeit haben, sich über die App monitoren zu lassen.

Zumindest für uns kann ich sagen, dass wir bei einigen Patienten mit Hilfe des Patientenmonitoring so einen schweren Verlauf abwenden konnten und den Patienten lange Intensivstationsaufenthalte erspart haben.

Wo liegen die Probleme bei der Anwendung der App?

Stefan Hagel: Leider müssen wir feststellen, dass jetzt in der zweiten Welle das Interesse der Patienten an der Möglichkeit zur Heimüberwachung deutlich abgenommen hat und aus dem ambulanten Bereich die erhoffte Unterstützung fehlt, um das Projekt flächendeckend ausrollen zu können und so auch einen messbaren Einfluss auf die Auslastung der Intensivkapazitäten zu sehen. Mein Fazit: funktioniert gut, hilft dem Patienten und hat durchaus Potential über Corona hinaus.

Was muss der Patient machen?

Um das Patientenmonitoring-System aktiv nutzen zu können, muss der überwachte Patient verschiedene Daten bestimmen und in seine App eintragen. Seine Atemfrequenz pro Minute kann er problemlos selbst zählen.

Die Körpertemperatur kann er beispielsweise mit einem Ohr- oder Stirn-Thermometer messen. Eine Messung im offenen Mund wäre eher suboptimal. Besser wäre da noch ein Fingerscan mit einer entsprechenden App auf dem Smartphone, auf dem ja auch die App läuft. Für zwei weitere Daten wird ein Pulsoxymeter mit der App geliefert, das sich der Patient an den Finger klippt und das die Sauerstoffsättigung im Blut sowie den Puls anzeigt. Beide Werte müssen ebenfalls in der App eingetragen werden.

Welche Fragen zur Anwendung der Patientenmonitoring-App bleiben?

Für die Anwendung im überwachungssensiblen deutschen Markt stellten sich die folgenden Fragen, die Telepolis den für die App Verantwortlichen vorgelegt hat.

Werden die ermittelten Daten an Dritte weitergereicht?

"Die in die App eingegebenen Daten dienen nur der Kommunikation zwischen Patient und Arzt und werden weder an die Gesundheitsämter weitergeleitet, noch sind sie Teil der elektronischen Patientenakte."

Was geschieht mit den Daten, wenn das Monitoring eines Patienten beendet ist?

"Sobald von Seiten der Klinik bzw. des Arztes bestätigt wird, dass der Patient nicht mehr über die Huma App betreut wird, werden die personenbezogenen Daten sicher gelöscht."

Wo stehen die Server, auf denen die Anwendung läuft?

"Die Server für die in Deutschland verwendete Huma Lösung stehen in Deutschland."