DIE TECHNOZOOSEMIOTIK

Seite 2: DIE TECHNOZOOSEMIOTIK

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Die TECHNOZOOSEMIOTIK ist einer der Zweige der Zoosemiotik. Wir wissen, daß diese sich an der Kreuzung zwischen der Semiotik oder der allgemeinen Theorie der Zeichen und der Ethologie sowie einer bestimmten Ästhetik befindet, die mit der Selbstdarstellung von Systemen verbunden ist.

Die Zoosemiotik untersucht ganz allgemein die von lebendigen Wesen ausgesendeten Zeichen, mit denen sie untereinander kommunizieren. Dieser neue Forschungsbereich schreibt sich in ein erweitertes wissenschaftliches Feld ein, das die Kodierung von Informationen und die Informationsaufnahme umfaßt, bei der die Tiere eine verbindende Rolle in der folgenden Kette spielen:

Informationen => Input => kognitive Verarbeitung => Output => Sinn

Die TECHNOZOOSEMIOTIK setzt technische, methodische und instrumentelle Mittel wie das der Schnittstelle ein, um zwischen verschiedenen lebendigen Arten und ihren Ausdrucks- und Kommunikationsweisen Modalitäten des Austausches herzustellen.

Um diese Modalitäten zu erforschen und sie praktisch umzusetzen, stützt man sich auf Verfahrensweisen, mit denen Tiere aufeinander einwirken.

Das gesendete Signal ist ein Verhalten, das zahlreiche Formen annehmen kann. Die Reaktion des Empfängers äußert sich gleichfalls als Verhalten oder in physiologischer Form, wodurch das Empfangen der Botschaft bestätigt wird.

Ganz allgemein müssen bei jeder Art die Quelle der Information und der Adressat einen identischen oder zumindest ähnlichen Code gemeinsam haben. Beim Versuch, eine Kommunikation zwischen Arten herzustellen, wird es notwendig, einen "Übersetzer" mit einem vermittelnden Code dazwischen zu schalten.

Die grundlegende Hypothese der TECHNOZOOSEMIOTIK ist letztlich, daß alle Tiere soziale Wesen sind. Jede Art muß eine bestimmte Reihe von Kommunikationsproblemen lösen. Einige schreiben sich in ein Substrat von gemeinsamen oder ähnlichen Stimuli und Reaktionen ein. Ausgehend von diesem Substrat zielt die TECHNOZOOSEMIOTIK auf die Verwirklichung von bislang nicht vorhandenen Verbindungen und auf die Hervorbringung von intelligenten Zeichen zwischen verschiedenen lebendigen und künstlichen Arten. Sie arbeitet an den Grundlagen der Tier-Mensch-Maschine-Beziehung.

Wir können die Behauptung aufstellen, daß es eine Logik des Lebendigen gibt, die sich zu einer auf alle lebendigen Organismen der Biomasse erweiterten Kommunikation zwischen den Arten verwenden läßt und innerhalb derer die menschliche Gattung eine wesentliche Rolle spielt.

Man kann beobachten, daß jede organische Verbindung eine bestimmte Kommunikation voraussetzt: die Protozoen tauschen Signale aus; ein Zellverband wird dann zu einem Organismus, wenn dessen Zellen sich wechselseitig beeinflussen können.

Die Angehörigen derselben Art müssen sich wechselseitig lokalisieren und identifizieren können. Außerdem müssen sie die Nische erkennen, die sie aus der territorialen Perspektive besetzen, und auch ihren Platz in der sozialen Hierarchie.

Ebenso wie aus den zellulären Prozessen bis hin zur Entwicklung von Kommunikationsstrukturen der Ökosysteme und der soziotechnologischen Kommunikation von heute höhere symbolische Verhaltensweisen und die Erfindung der Sprache hervorgegangen sind, entsteht aus der permanenten Erschaffung eines Informations- und Kommunikationsprinzips ein Projekt.

Die aufeinanderfolgenden Phasen seiner Verwirklichung sind durch die zunehmende Komplexität des Lebendigen in seinen ontogenetischen und phylogenetischen Evolutionsformen, durch seine zerebralen und kognitiven Fortschritte, aber auch durch die Verbreitung technischer Kommunikationsprothesen, mit denen wir gegenwärtig konfrontiert sind, markiert.

Daraus entsteht als eine der Antriebskräfte der Evolution der Arten das Prinzip einer transversalen Kommunikation zwischen den Arten, die auf eine zerstreute, aktive, aber dauerhafte Weise funktioniert.

Wir können uns vorstellen, daß wir gerade eine Beschleunigungsphase dieses Prozesses erleben. Das Wirken eines solchen Prinzips der Kommunikation zwischen den Arten wäre ein Symptom für den Eintritt einer zweiten darwinistischen Revolution .

Sie würde sich nicht nur in Umgestaltungen des Lebendigen auf der Ebene der Gene, der Biotechnologien, der Nanotechnologien und von künstlichen Organen, nicht nur durch die künstliche Erschaffung von Robotern und eines digitalen und mit künstlicher Intelligenz ausgestatteten "fast Lebens" materialisieren, sondern vor allem durch die Ausarbeitung einer gemeinsamen Sprache , die auf die Gesamtheit aller lebendigen Wesen erweitert wäre. Dadurch würde die mögliche Existenz anderer Intelligenzformen als die der Menschen und anderer möglichen Lebensformen im Universum bestätigt werden.

All das geschieht, als ob die fortschreitende Verkünstlichung des Lebendigen durch eine verteilte oder künstliche Intelligenz ein neues Potential des Austausches zwischen allen Bestandteilen des Lebendigen schaffen würde.

Wir können feststellen, daß seit den letzten 50 Jahren von der menschlichen Gattung ein geschichtlich einmaliges Unternehmen zur Verbesserung der Kommunikation zwischen allen anderen lebenden Arten verfolgt wird. Trotz der noch wenig beweiskräftigen Ergebnisse werden mit einer seltenen Entschlossenheit mittels kognitiver Methoden und geeigneter technische Instrumente Experimente durchgeführt.

Bringt diese gigantische Aufgabe, sehr unterschiedliche Kommunikationsverfahren zwischen Menschen und Tieren zu bewerkstelligen, den nostalgischen Wunsch nach einer universellen Sprache zum Ausdruck, die schon in der Zoo-Navigation der Arche Noah zum Einsatz kam?

Noch immer scheint dieser Wunsch stark in den wissenschaftlichen Bereichen vorhanden zu sein. Die Ethologie widmet sich der Untersuchung bestimmter Sprachformen bei den Schimpansen und taucht in das Studium der "Sprache" bei den Delphinen und Walgesängen ein. Die Erforschung der tierischen Kognition modelliert soziale Verhaltensweisen, den Bau von Nestern bei Insekten oder Vögeln oder die Kommunikationskapazitäten der chromatophorischen Codes der Cephalopoden.

Die Ethologen und Psychologen haben unterschiedliche Techniken entwickelt, um die Tiere zu befragen. Das Arsenal ihrer Methoden reicht von wiederholten Beobachtungen eines Verhaltens, um Regeln zu entdecken, bis hin zu vielfältigen Techniken der Konditionierung und des Lernen. Das schließt Versuche ausgehend von geeigneten Instrumenten wie Tastaturen, Bildschirmen oder plastischen Symbolen Tieren eine Sprache zu lernen.