Darum brauchen wir ein Bedingungsloses Grundeinkommen
Seite 3: Keine großen Änderungen zu erwarten
- Darum brauchen wir ein Bedingungsloses Grundeinkommen
- Die herrschende Politik selbst macht das BGE notwendig
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Nur deshalb gibt es auch massiven Widerstand: Nicht wegen der Finanzierung, die sich im Endeffekt sehr einfach gestalten wird, sondern wegen des enormen Machtverlusts, den diejenigen erleiden, die bisher die Bedingungen für ein Existenzminimum aufstellen oder sie verwalten, ob nun als Arbeitgeber im Niedriglohnsektor oder als Fallmanager im Jobcenter. Und die Bereitschaft zur Selbstausbeutung wird bei (Solo-)Selbständigen ebenfalls schrumpfen.
Wie immer man ein konkretes Modell rechnet: Bei unveränderter Tätigkeit wird sich im untersten Einkommensbereich eine (leichte) Erhöhung ergeben, bei der Mittelschicht wird sich gar nichts verändern und darüber wird evtl. wieder etwas mehr Steuer fällig werden als derzeit.
Neben dem Ende materieller Existenzangst und den damit verbundenen Kräfteverschiebungen auf dem Arbeitsmarkt sowie dem (eingepreisten) drastischen Bürokratieabbau darf man von einem BGE weitere Effekte auf die Gesellschaft erwarten, beispielhaft seien drei genannt.
1. Weniger Raum für Neid. Bisher gehört tatsächlich jeder, der nicht Hartz IV oder eine ähnliche Sozialleistung bezieht, zu den Finanziers dieses Systems. Denn unter anderem die Mehrwertsteuer muss jeder bezahlen, ohne diesen Obolus gibt es nicht einmal ein reduziertes Brot vom Vortag. Da ein BGE die meisten bisherigen Transferleistungen ersetzen muss, sind dann in der gemeinschaftlichen Grundversorgung alle gleichgestellt: BAFÖG, Mindestrente, Aufstocker-Zahlungen – alles wird BGE. "Warum bekommt der eine was und ich nicht?" – diese Frage gibt es dann nicht mehr.
2. Rationalere Politik. Immer noch wird bei politisch brisanten Projekten mit Arbeitsplätzen argumentiert. Das ist zwar ökonomisch schon immer falsch, aber emotional richtig: ohne Job keine Existenz. Ein BGE könnte hier wenigstens etwas Entspannung bringen, weil bei keinem Job mehr argumentiert werden kann, es brauche ihn unbedingt. Und mit BGE kann sich selbst in Regionen mit grundlegendem Wirtschaftswandel halbwegs Neues entwickeln, weil eben mit der garantierten, jederzeit unbürokratisch verfügbaren Grundsicherung jeder auch Experimente eingehen kann.
3. Mehr Zufriedenheit mit der Erwerbstätigkeit. Die Grundsicherheit durch ein BGE erleichtert berufliche Veränderungen inklusive Weiterbildung, der Job oder die Jobs können an die jeweilige Lust- und Lebensphase angepasst werden. Das verbreitete "Warten auf die Rente" entfällt (vom Abschluss privater Versicherungsmodelle abgesehen), weil jeder jederzeit mit seinem BGE "in Rente gehen" kann, aber eben auch so lange und viel arbeiten darf wie er mag.
Der Einführung eines BGE steht wie so oft entgegen, dass sich diejenigen, die es tendenziell für richtig halten, über die genaue Form nicht einig sind und sich dafür gegenseitig attackieren. Was wiederum an zwei Grundproblemen in gesellschaftlichen Debatten liegt: Zum einen vertritt jeder Lobbyist immer auch seine eigenen Interessen und nicht nur die derer, für die er angeblich spricht.
Man möchte mit seiner Idee durchkommen, der eigene Name soll mit einem Erfolg verbunden sein, man selbst möchte mit seiner Lobbyarbeit ein gutes Auskommen haben. Diesen Interessen stehen gütliche Einigungen regelmäßig im Wege. Wer davon lebt, Probleme lösen zu wollen, hat eben selbst ein Problem, wenn das ursprüngliche Problem tatsächlich gelöst ist.
Zum anderen werden Demokratien unter Stichworten wie "Sozialstaat" als Wunschkonzert missverstanden: Ein jeder meint, alles Mögliche fordern zu dürfen, ohne begründen zu müssen, warum andere etwas für ihn oder seine Klientel leisten sollten.
Mit der Einführung eines BGE wären selbstredend längst nicht alle sozialen Fragen geklärt (erinnert sei nur an das Problem Grundeigentum). Und für die notwendige grundlegende Umstellung der Sozialverwaltung muss in der Tat noch diskutiert werden, welche weiteren Transferleistungen es auch mit BGE noch geben soll oder geben muss.
Aber es wäre sinnvoll, einen Schritt nach dem anderen zu tun und zunächst festzustellen, dass ein BGE unumgänglich ist, weil es eben gerade keine Forderung nach Geld fürs Nichtstun ist, sondern eine notwendige Kompensationszahlung, damit das gegenwärtige Wirtschaftssystem einstweilen weitermachen darf, obwohl es so extrem übergriffig ist.
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