Das Ende der Panzer-Ära? Der russische T-14 Armata und die Drohnen
- Das Ende der Panzer-Ära? Der russische T-14 Armata und die Drohnen
- Unbemannte Systeme: Warten auf den Quantensprung
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Russland zögert, seinen neuen Superpanzer in der Ukraine einzusetzen. Die Serienfertigung scheint zurückgestellt worden zu sein. Es gibt Gründe dafür, die auch für den Westen gelten.
Er sollte der große Wurf im Panzerbau werden und die russische Panzerwaffe revolutionieren: der T-14 Armata. Doch nun sieht es so aus, als würde er vorerst nicht in großen Stückzahlen gebaut. Dabei gilt der T-14 Armata als der modernste Panzer der Welt.
Vor allem zwei Eigenschaften lassen ihn als revolutionär erscheinen.
Als erster Panzer der Welt verfügt der Armata über einen komplett unbemannten Turm, der ferngesteuert wird. Zwar hat Russland mit dem T-64 bereits in den 1960er-Jahren einen Ladeautomaten für seine Panzerwaffe eingeführt, ein Feature, das den als modern geltenden Panzern westlicher Bauart bis heute fehlt.
Das zweite revolutionäre Element ist eine vollständig vom Rest des Panzers getrennte und stark geschützte Besatzungskapsel, welche die Überlebensfähigkeit der Besatzung entscheidend erhöhen soll.
Weltspitze im Panzerbau
Zusammen mit weiteren Merkmalen, die bereits in anderen Panzern vorhanden sind, wie z.B. eine überlegene Sensorik, ein aktives Schutzsystem (APS) oder eine Reaktivpanzerung, gehört der Armata zur Weltspitze im Panzerbau.
Doch das reicht derzeit nicht aus, um auf den Schlachtfeldern der Ukraine ausreichend überlebensfähig zu sein. Denn der Krieg hat sich in der Ukraine technologisch rasant zu einem Krieg der kleinen Drohnen entwickelt, die 500 oder 600 Euro kosten und sowohl einzelne Soldaten kaltblütig töten als auch millionenschwere Kampfpanzer mit einem Schlag ausschalten können: FPV-Drohnen haben die Kriegsführung verändert.
Waren es zu Beginn des Kriegs in der Ukraine vor allem ATGMs (Anti Tank Guided Missles), also Anti-Panzer-Lenkwaffen, die ganze Panzerkolonnen auslöschten oder präzisionsgelenkte Artillerie-Munition, so erfand die ukrainische Armee bereits wenige Monate nach Beginn der russischen Intervention in der Ukraine die FPV-Drohne als Waffe gegen Menschen, Panzer, Fahrzeuge.
Kleine, billige Spielzeugdrohnen, ferngelenkt wie Spielzeugautos, ausgerüstet mit relativ kleinen, aber hocheffektiven Sprengköpfen, oft nicht teurer als 600 Dollar – das ist im Moment die Waffe, gegen die es kaum einen Schutz, kaum ein Gegenmittel gibt. Sie zerstören mit nur einem Schlag einen mehrere Millionen teuren Panzer.
Historische Vorläufer
In der Geschichte gab es von Anbeginn des Panzerkrieges Gegenwaffen, Panzerknacker, eine effektive Abwehr, von Anfang an war der Angriff mit Panzern eine verlustreiche Unternehmung.
So verloren die deutschen Angreifer allein in der Schlacht von Kursk in nur 11 Tagen rund 1.200 Panzer – ein Wert, der heute in der Ukraine schlicht unvorstellbar ist. Auch im Jom-Kippur-Krieg waren die Panzerverluste hoch, Ägypten musste 2250 Panzer als zerstört oder beschädigt melden - in nur 19 Tagen.
Auch die Ukraine verlor bei der gescheiterten Frühjahrsoffensive im vergangenen Sommer Hunderte gepanzerte Fahrzeuge und damit ihre Fähigkeit, größere Offensivoperationen durchzuführen.
Derzeit sind in der Ukraine nur kleine Panzerverbände im Einsatz, meist nur ein oder zwei Panzer, die direkte Feuerunterstützung für bis zu zehn Schützenpanzer leisten.
Wendepunkt: Awdijiwka
Ein effektiver, relativ großskalierter und erfolgreicher Einsatz der russischen Panzerwaffe mit mehreren Dutzend Panzern war zuletzt in den Anfangstagen der Schlacht um Awdijiwka zu beobachten, als es den russischen Streitkräften gelang, die nördlich der Stadt gelegene Schlackehalde einzunehmen und weiter in Richtung Eisenbahndamm vorzustoßen.
Zwar waren die Vorstöße von hohen Verlusten gekennzeichnet, doch gelang es hier durch den Einsatz der Panzerwaffe, taktisch wichtige Ziele zu erobern, die schließlich nach wochenlangem Kampf zur Einnahme der Stadt führten. Eine Vielzahl weiterer erfolgreicher Panzermanöver ist bekannt, die aber meist nur mit einer Handvoll Panzer durchgeführt wurden.
Klar ist, dass jeder Panzervorstoß mit Verlusten verbunden ist, oft sogar mit hohen Verlusten. Es ist dann eine Frage der Abwägung, ob diese durch das Erreichen eines wichtigen taktischen Zieles gerechtfertigt sind. Beim Vorstoß auf Awdijiwka war dies offensichtlich der Fall: Durch einen massiven Vorstoß konnten russische Kräfte sehr schnell Schlüsselstellungen erobern, die schließlich nach wochenlangem Kampf zur Eroberung der stärksten ukrainischen Festung führten.
Der große Umbruch
Nur kleine Panzerverbände, keine massiven Panzervorstöße: Die Panzerwaffe erfuhr durch die Erfindung der FPV-Waffe einen großen Umbruch. Angesichts dieser massenhaft verfügbaren und unschlagbar billigen Waffe ist der Einsatz eines Kampfpanzers riskant – und teuer.
Angesichts dieser Waffe, die weder von vermeintlichen Superpanzern wie dem Abrams oder dem Challanger noch von russischen Panzermodellen aufgehalten werden kann, machen ökonomische Lösungen einfach mehr Sinn: Auch ein Armata wäre derzeit einer billigen FPV-Drohne weitgehend schutzlos ausgeliefert.
Ein modernisierter T-80 oder der T-90M, der letztlich ein heftiges Upgrade des T-72 darstellt, sind billiger und bieten in etwa den gleichen, nämlich unzureichenden Schutz gegen die allgegenwärtige FPV-Waffe –gegenüber der FPV-Waffe ist der T-14 Armata im Vergleich zu modernisierten russischen Panzermodellen kein rüstungstechnischer Quantensprung, der den höheren Preis rechtfertigen würde.
Ökonomische Lösungen
Zum Vergleich: Ein T-90M kostet vermutlich bis zu 4,5 Millionen Dollar, ein T-14 wird dagegen auf bis zum Doppelten des Preises geschätzt.
Die Art der russischen Kriegsführung ist, wie es aussieht, in ihrer Wirtschaftlichkeit und Effektivität der Nato-Kriegsführung überlegen: Wenn die Befestigung einer Antenne an einer Drohne mit Klebeband funktioniert, dann werden sich russische Ingenieure nicht für eine Metallhalterung entscheiden, auch wenn das Ergebnis nicht schön aussieht.
Wenn ein chinesischer Billig-Buggy-4 Soldaten ungeschützt an die Front bringen kann, wird man sich gegen eine Lösung entscheiden, die einen sechsstelligen Betrag kostet. Wenn eine Consumer-Kamera von Canon ein stabiles Bild in einer Sensorik-Suite liefert, dann wird man sich für die preiswerte Consumer-Kamera entscheiden, statt eine hochpreisige optische Insellösung zu entwickeln.
Und wenn ein billigerer Panzer in etwa die Leistung eines weit teureren Panzers bringt, dann wird die Entscheidung immer zugunsten für den billigeren Panzer getroffen – das russische Militär scheint dem Paretoprinzip verbunden.
Neben der Unzulänglichkeit gegenüber den neuesten Herausforderungen auf dem Schlachtfeld bietet der T-90M vermutlich deutlich günstigere Betriebskosten, weil die dem T-90M zugrundeliegende T-72-Plattform tausendfach in der russischen Armee zu finden ist und eine seit Jahrzehnten etablierte Logistikkette und Ersatzteilversorgung aufweist – letztlich sind die Beschaffungskosten nur ein einzelner Faktor in der Gesamtpreisrechnung einer Waffenplattform.