Das High-Tech-Wunder Indien

Indien und der Softwaremarkt

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Indiens phŠnomenaler Erfolg bei der Herstellung leistungsstarker Softwarelšsungen verdankt sich der mathematischen und logischen Kompetenz seiner Bewohner. Im antiken Indien wurde schlie—lich die Zahl Null erfunden, und es schenkte der Welt das Dezimalsystem. Diese mathematische und logische Intelligenz hat, als sie mit den Wundern der Softwaretechnologie verbunden wurde, eine unžbertreffliche Kombination beider Welten geschaffen.

Nach einer neuen Umfrage, die im Auftrage der Weltbank žber die Software-Anbieter in den USA durchgefžhrt wurde, um die PrŠferenzen fžr SoftwareverkŠufer und zum Outsourcen zu ermitteln, wurde Indien als Nummer 1 eingestuft. Diese Umfrage war fžr die amerikanischen Unternehmen nicht žberraschend, die bereits in geschŠftlichen Beziehungen mit Indien stehen, aber sie alarmierte andere Firmen, die keine haben. Jetzt vergeht keine Woche, in der nicht eine grš—ere amerikanische Firma aus dem Sektor der Informationstechnologie PlŠne ausarbeitet oder ankžndigt, in Indien Zweigniederlassungen oder Joint Ventures fžr Software zu gržnden.

Heute hat Indien einen Marktanteil von 16,7 Prozent an der globalen Softwareindustrie im Bereich der nicht organisierten Softwareentwicklung, aber der Anteil an Produkten und Produktpaketen ist mit 0,05 Prozent verschwindend gering. Die Softwareindustrie hat einen Wert von 2,2 Milliarden Dollar. Vor 10 Jahren lag er noch bei 10 Millionen Dollar. Doch die Gesamtanzahl von PCs in Indien betrug 1996-97 erst 1,8 Millionen. Das ist nur ein Drittel der Computer, die es allein in New York gibt. Das Fehlen einer angemessenen Computerisierung hat zu einer relativ schwachen Softwareindustrie gefžhrt, auch wenn es seit jžngstem einige Fortschritte gegeben hat. Seit den ZusŠtzen zum Copyrightgesetz und den zollfreien Importen geht die National Association of Software and Service Companies (NASSCOM) davon aus, da— der heimische Markt mit einer Steigerung von 40-50 Prozent in den nŠchsten Jahren schneller wŠchst. NASSCOM prognostiziert, da— die Ausgaben fžr Software bis zum Ende des Jahres auf 694 Millionen Dollar ansteigen werden. Andere sind da skeptischer. IDC India beispielsweise meint, da— die Einnahmen durch heimische Software 1997-98 286 Millionen Dollar betragen werden, was ein Wachstum von etwa 34 Prozent gegenžber dem letzten Jahr ergŠbe.

Indiens wachsende Schlagkraft als Nation fžr Softwareexporte lŠ—t sich daran erkennen, da— diese gegenžber dem globalen durchschnittlichen Wachstum von 20 Prozent um fast 45 Prozent zugenommen haben. 1996-97 wurde Software fžr žber eine Milliarde Dollar exportiert, und man geht davon aus, da— es dieses Jahr 1,8 Milliarden werden. Aber auch wenn der Softwareexport zunimmt, bleibt Indien in der Wertschšpfungskette weiterhin am Low-End.

Die indischen Softwarefirmen haben, wie ein Wirtschaftswissenschaftler sagt, nicht die KapazitŠt, ganze Produkte zu entwickeln und sie zu vermarkten. Diese SchwŠche resultiert aus der "Persšnlichkeit des Landes". Indien ist im Ingenieurbereich gut, wŠhrend die Amerikaner gut im Vermarkten sind, also die FŠhigkeit besitzen, Marktbedžrfnisse einschŠtzen und den Konsumenten liefern zu kšnnen, was sie wollen. Anders wie in den USA, wo die Entwicklung von Produkten von Unternehmen gemeinsam mit Risikokapital vorangetrieben wird, steht dieses hier kaum zur Verfžgung. Indien hat auch einen Mangel an Marktintelligenz.

Nach den Asian CERC Information Services sind nur 35 Prozent aller indischen Softwarefirmen in der Lage, komplizierte AuftrŠge aus dem Ausland zu verstehen und nur 10 Prozent besitzen eine ausreichende Produktionserfahrung in einer westlichen Umgebung. So haben heute nur 25 Firmen einen Marktanteil von 73 Prozent an den Exporten. Die zwanzig an der Spitze befindlichen indischen Softwareexporteure sind fžr 60 Prozent der Exporte verantwortlich. Davon gehen 58 Prozent in die USA und 21 Prozent nach Europa.

Die indische Regierung hat Software als wichtigen Sektor fžr die wirtschaftliche Entwicklung erkannt, was sowohl Exporte als auch den heimischen Markt betrifft. Nach dem beeindruckenden Wachstum der Exporte zielt der jžngste Trend in der Industrie stŠrker auf den heimischen Markt, so da— vielleicht alle mšglichen Ressourcen erschlossen werden, um dann einen Quantensprung im internationalen Markt zu erzielen. Die indische Regierung hat eines der schŠrfsten Copyrightgesetze. Es gibt kein Einfuhrzšlle fžr Computersoftware. †berdies wurden alle Gewinne aus Softwareexporten von der Einkommenssteuer ausgenommen. Die Regierung beschlo— auch PlŠne zur Innovationsfšrderung, wie z.B. die Gržndung von 48 Software-Technikparks (STPs), von denen bereits 14 fertiggestellt sind.

Aber auch wenn die Regierung die Industrie fšrdert, ist die Bžrokratie doch im Rahmen der Politik und der Verfahren Ursache von Behinderungen. Es existiert keine richtige Planung oder Entwicklungsrichtung, da es viele von kleinlichen Politikern geschaffenen Probleme gibt. Viele andere Wirtschaftssektoren konnten nicht mit der Entwicklung im Softwarebereich mithalten. Fehlende Stromversorgung, Schnellstra—en, Telekomunikationssysteme, GebŠude und internationale FlughŠfen sind zu einem gro—en Problem geworden. Wirtschaftsbeobachter glauben, da— sofort die Einrichtung eines digitalen High-Speed-Backbone erforderlich sei, weil nur so der Gebrauch von PCs, des Internet und von Software gefšrdert wžrde.

Ein weiterer Faktor, der die Entwicklung des Marktes behindert, sind Raubkopien. Trotz des verabschiedeten Copyrightgesetzes ist die in Indien benutzte Software zu 60 Prozent unlizensiert. Und die Konkurrenz durch LŠnder wie Malaysien, Singapur, Taiwan, das seine wirtschaftliche Ausrichtung von der Hardware auf Software umstellt, und China ist jetzt spžrbar. Dennoch hat Indien gegenžber anderen LŠndern, die Softwareexporte fšrdern, einen Vorteil, da es žber den zweitgrš—ten Bestand an wissenschaftlicher und die englische Sprache beherrschender Manpower verfžgt. Obgleich das Land bezžglich der Infrastruktur nicht voll entwickelt ist, setzt die Mehrzahl der indischen Firmen die neuesten Technologien wie Java, CASE Tool, OOPS, GUI oder Client Networking ein.

Die indischen Softwarefirmen kšnnen mšglicherweise viel Arbeit durch Europas Umstellung auf eine gemeinsame WŠhrung und durch Lšsungen fžr das Jahr-2000-Problem finden. Die Liste der globalen Softwareriesen, die sich in Indien niederlassen, um sich einen Marktanteil zu sichern, wird immer lŠnger. Microsoft und die hollŠndische Baan Company richten Zentren fžr Softwareentwicklung in Indien ein und schlie—en sich so Oracle, Texas Instruments oder Motorola an.

Ein weiterer Lichtstreifen am Horizont ist das Ende des staatlichen Monopols beim Internet. Am 18. September 1997 beschlo— die Regierung, da— private Internet Service Provider (ISP) ihre Dienste anbieten kšnnen. Die endgžltige politische Entscheidung wird bald getroffen sein. Wenn dies geschieht, dann wird sich alles Šndern, wie die gesamte Industrie glaubt. Die Aussichten, Hosts fžr Informationen in Indien anbieten zu kšnnen, wird zu einem Boom fžr viele Softwareentwickler fžhren, die meist kleine, neu gegržndete Firmen sein werden. Das Internet in Indien basiert vor allem auf Unix. Selbst wenn dies anders wŠre, gŠbe es eine gro—e Chance fžr die indische Softwareindustrie, Produkte durch das und im Internet zu entwickeln. Es gibt bereits 19 internationale Firmen, die sich in Indien als ISP etablieren wollen. Dazu gehšren AT&T, MCI und Sprint. Daneben gibt es 15 lokale Bewerber wie Axcess, Global Telecom und die Service Provider fžr Email.

Aus dem Englischen žbersetzt von Florian Rštzer