Das unfreie Subjekt ist ein Konstrukt des Hirnforschers

Es fehlen schlüssige Beweise. Eine Replik auf Konrad Lehmann

Der Jenenser Neurobiologe Konrad Lehmann veröffentlichte gerade an dieser Stelle einen Artikel über das Willensfreiheitsproblem (Warum wir frei sind). Anders als andere Hirnforscher spielt er darin nicht den Menschen gegen sein Gehirn aus, sondern zeigt auf, warum wir ihn als Körper-Geist-Einheit auffassen müssen.

Sein Ansatz integriert Bewusstes und Unbewusstes, Gefühl und Vernunft. Zudem sieht er das Gehirn im Körper vernetzt. Und den ganzen Menschen in seiner Umwelt. Zum Verständnis müsse man all diese Ebenen einbeziehen und könne sich nicht nur eine herauspicken. So versteht er auch einen körperlich verankerten Willen, der uns zum (Über-) Leben treibt.

Tatsächlich sind einige andere Hirnforscher - ich nenne sie der Einfachheit halber einmal Neuropropheten - hier sehr widersprüchlich aufgetreten: Einerseits behaupteten sie die reduktionistische "Ich bin mein Gehirn"-These; andererseits hieß es in der Diskussion um Verantwortlichkeit, Schuld und Strafrecht: "Mein Gehirn war's, dafür kann ich gar nichts!" Ich halte das für irreführend und sehe es wie Lehmann: Ich bin diese Körper-Geist-Einheit.

Wo sind Geist und Wille?

Dabei ist "Geist" für mich aber kein Ding, sondern ein Sammelbegriff für dynamische Prozesse, die wir sprachlich als psychische - oder eben altmodisch gesagt: geistige, mentale - Vorgänge ausmachen (Das kleine Einmaleins des Leib-Seele-Problems). Sobald wir "Geist" oder auch "Wille" verdinglichen (in Fachsprache: reifizieren, von lateinisch res = Ding), kommen wir in schwierige Gewässer: Denn Dinge lasse sich in der Regel raumzeitlich identifizieren. Und wo soll er denn sein, der Geist oder der Wille?

Wenn ich meinen Kopf in den Kühlschrank halte, ist mein Wille dann im Kühlschrank? Ich denke, niemand hat jemals einen Geist oder Willen gesehen - auch nicht auf den Bildern aus dem Hirnscanner. Wir interpretieren lediglich bestimmte Verhaltensweisen dahingehend. Dabei ist übrigens nicht nur das Wo schwer zu beantworten, sondern auch das genaue Wann.

Das war es auch, worum es dem berühmten Hirnforscher Benjamin Libet (1916-2007; kein Neuroprophet) eigentlich ging: Er wollte die zeitliche Dynamik von Bewusstseinsprozessen besser verstehen. Und das in einer Zeit, in welcher der Behaviorismus noch stark war. Also das Paradigma, dass man Verhalten - in Mensch wie Tier - nur von außen verstehen kann.

Berühmte Vertreter dieser Schule wie Burrhus F. Skinner (1904-1990) hielten Spekulationen über innere beziehungsweise mentale Zustände für wissenschaftlich fragwürdig; der noch radikalere Behaviorist John B. Watson (1878-1958) forderte in seinem bahnbrechenden Aufsatz von 1913 gar, Psychologen sollten überhaupt nicht mehr vom Bewusstsein sprechen.

Zum Libet-Experiment

Bleiben wir noch einen Moment bei Libet. Da beginnt mein Dissens mit Konrad Lehmann. Sonst wäre es ja auch langweilig. Er schrieb: "In berühmten Experimenten hat Benjamin Libet gezeigt, dass das elektrische Bereitschaftspotential im Motorkortex, das einer Bewegung vorangeht (oder sie auslöst), schon rund 350 Millisekunden vor der bewussten Entscheidung zu dieser Bewegung beobachtet werden kann."

Jein. Das ist zwar die übliche Darstellung, die hier grafisch ganz nett dargestellt ist. (Aus lizenzrechtlichen Gründen leider nur der Link.) Sie ist aber nicht vollständig, schlicht und ergreifend aus dem Grund, dass das Bereitschaftspotential (BP) die Bewegung nicht festlegte. Wie kann das sein?

Nun, es stimmt zwar, dass sich das BP ab ca. 550 Millisekunden vor der Bewegung im EEG-Signal (Elektroenzephalographie; Messung von Hirnströmen) sichtbar aufbaute. Es stimmt auch, dass die Versuchspersonen angaben, sich ca. 200 Millisekunden vor der Bewegung - also nach Beginn des BP - bewusst für die (Hand-) Bewegung entschieden zu haben. Es stimmt aber nun einmal auch, dass es eine Veto-Bedingung gab, in der die Bewegung trotz BPs nicht ausgeführt wurde.

Veto!

Es sollte doch schon einem Abiturienten einleuchten, dass das BP nicht die - zumindest nicht: vollständige - Ursache für die Bewegung sein kann, wenn diese nach dem BP gar nicht auftritt! Das haben auch die neuseeländischen Neuropsychologen Judy Trevena und Jeff Miller mit einem schlauen Experiment im Jahr 2010, rund drei Jahrzehnte nach Libet, noch einmal unabhängig bestätigt: Das BP sieht mehr oder weniger identisch aus, ob sich die Versuchspersonen am Ende bewegen oder nicht.

Die meisten Forscher (und vor allem die Neuropropheten) haben Libets Originalarbeit also nur einseitig gelesen - oder die einseitige Darstellung womöglich bloß von anderen abgeschrieben. Der renommierte Bewusstseinsforscher Anil Seth, in dessen Artikel die zuvor verlinkte Grafik erschienen ist, wischt diesen Einwand lapidar beiseite.

Schutzbehauptungen

Wenn nicht das BP, sondern doch die bewusste Entscheidung die Bewegung festlege, dann müsse das Bewusstsein eben auf andere Weise von vorhergehenden Gehirnprozessen festgelegt werden. "Jedes bewusste 'Veto' hat jedoch wahrscheinlich andere identifizierbare neuronale Vorläufer - das alleine löst also nicht Libets Zwickmühle", schreibt er (meine Übersetzung). Genau betrachtet liegt hier aber eine doppelte Veräpplung des Lesers vor.

Erstens ist nämlich die Annahme, wenn das (unbewusste) BP nicht das (bewusste) Veto determiniert, dann müsse es eben eine andere (unbewusste) Gehirnreaktion geben, schlicht "ad hoc". Das heißt, es ist eine willkürliche, nicht näher begründete Schutzbehauptung. Damit versucht man nun, unter den Tisch zu kehren, dass man das Libet-Experiment jahrzehntelang hochgejazzt hat, weit jenseits seiner Aussagekraft. Gute Wissenschaft ist das nicht.

Zweitens wird hier so getan, als sei der (zum Zeitpunkt von Seths Artikel schon lang verstorbene) Benjamin Libet in der Bringschuld. Auch das stellt die Tatsachen auf den Kopf. Immerhin ging es Libet gar nicht um die Willensfreiheit, sondern die zeitliche Dynamik von Bewusstseinsvorgängen. Die übertriebene und falsche Interpretation haben reduktionistische/naturalistische Philosophen und Hirnforscher dem Experiment aufgezwungen.

Erfundene Experimente

Das erinnert auch an Daniel Dennetts Ausrutscher, sogar ein ganzes Experiment zu erfinden. Immer soll gezeigt werden: Nicht du entscheidest (bewusst), sondern dein Gehirn entscheidet (unbewusst). Pech, wenn ein Philosoph wie Dirk Hartmann (inzwischen Dekan an der Universität Duisburg-Essen) sauber arbeitet und die Quellen überprüft (deutsch, englisch - und der Star-Philosoph Dennett aus Amerika dann verlegen einräumen muss, dass es das Experiment wahrscheinlich nie gegeben hat. Hartmann schrieb:1

Und nun ist es an der Zeit über eine Merkwürdigkeit zu berichten. Vielleicht hat sich der eine oder andere Leser schon gefragt, wieso ich über Grey Walters [1910-1977; ein berühmter amerikanisch-britischer Neurophysiologe und Kybernetiker, Anm. St. S.] Experiment nur via Dennett referiert habe. Nun, natürlich habe ich versucht, die Originalarbeit von Grey Walter zu beschaffen. Dabei stellte sich allerdings heraus, daß sie einfach nicht aufzutreiben ist. Es schien zudem, daß niemand sonst außer Dennett über das Experiment berichtet (von diversen, sich wiederum auf Dennett berufenden Autoren selbstverständlich abgesehen), weshalb ich mich schließlich entschloß, Dennett selbst anzuschreiben.

Dirk Hartmann

Der berühmte amerikanische Philosoph schrieb dann zurück:2:

Diese Leute hatten monatelang Telefonstecker in ihre Schädel zementiert! Das erzählte er [gemeint ist Walter, Anm. St. S.] uns jedenfalls. Mehrere Neurowissenschaftler äußerten inzwischen Zweifel, dass er diese Experimente jemals ausführte. Ich erinnere mich an Röntgenaufnahmen, die er uns zeigte, doch das beweist gar nichts. Auf jeden Fall sollten Sie Ihre Suche einstellen, denn sie ist mit Sicherheit vergeblich. Andere haben ebenfalls ohne Erfolg gesucht.

Daniel Dennett

Hartmann selbst nennt diese Reaktion einen "Hammer". Da berichtet einer der einflussreichsten (naturalistischen) Philosophen des 20. Jahrhunderts über ein Experiment, das unser Menschenbild radikal in Zweifel zieht, als sei es ein Fakt. Übrigens in Dennetts Buch mit dem äußerst bescheidenen Titel "Bewusstsein erklärt". Und beim kritischen Nachforschen entpuppt sich das Ganze als Gehirngespinst.

Selbes Muster

Es ist immer wieder dasselbe Muster: Ob es um das Libet-Experiment geht, um die angebliche Existenz von Willenstäuschungen (also Patienten, die durch elektrische Hirnstimulation eine Entscheidung träfen, doch diese als ihre eigene erführen) oder auch um die angeblichen Persönlichkeitsveränderungen von Phineas Gage, dem vielleicht berühmtesten neurologischen Patienten der Welt (der nach einem Arbeitsunfall mit Hirnschaden zum Psychopathen geworden sei) - jedes Mal fehlen schlüssige Beweise, wurden die vorhandenen Berichte krass verzerrt oder gar frei erfunden.

Und das sind, wohlgemerkt, keine Fehler von schlampig arbeitenden studentischen Hilfskräften, auch nicht Plagiatsfälle bei Doktorarbeiten zweifelhafter Politikerpersönlichkeiten, sondern die Arbeitsweise von renommierten, zum Teil führenden Akademikern aus Hirnforschung (nicht Konrad Lehmann), Neurologie, Philosophie und Psychologie: Klinikdirektoren, Forschungsdirektoren, gar MPI-Direktoren.

Studierenden würde man Hausarbeiten mit solchen gravierenden Mängeln zur Überarbeitung zurückgeben. Führende Forscher verkaufen damit aber Bestseller. Gemein ist all diesen Fällen, dass sie die naturalistisch/reduktionistische Autorität des Hirnforschers beziehungsweise Neuropropheten untermauern: "Du bist dein Gehirn! Und der Hirnforscher sagt dir, wie du funktionierst und warum das traditionelle Menschenbild überholt, ja unwissenschaftlich ist."

Jetzt versteht vielleicht auch mancher Leser besser, warum ich so hart mit Reduktionisten/Naturalisten ins Gericht gehe (Was ist Naturalismus?).

Man kann nicht einerseits wissenschaftliche Standards einfordern und sich mit den Federn der angeblich "harten" Wissenschaft (Hirnforschung) schmücken und dann andererseits Probleme mit spekulativen Schutzbehauptungen verdecken oder sich gar ganze Experimente ausdenken. (Diejenigen, die im Forum immer wieder über "geisteswissenschaftliches Geschwurbel" jammern, sollte nun mal ganz lange in den Spiegel schauen.)

Neulich im Kernspintomographen

Ich will zum Schluss kommen. Konrad Lehmann verweist noch auf eine andere Studie, der zufolge die bewusste Entscheidung von Versuchspersonen bereits Sekunden vorher durch unbewusste Gehirnaktivierung festgelegt sein soll. Es handelt sich um die vielzitierte Arbeit von (unter anderem) Chun Siong Soon und Deutschlands "Chef-Gedankenleser" John-Dylan Haynes in Nature Neuroscience. Die haben eine Variante des Libet-Experiments (leider ohne die entscheidende Veto-Bedingung) im Kernspintomographen (fMRT) wiederholt.

Lassen wir einmal die ohnehin nicht gerade atemberaubende Vorhersagewahrscheinlichkeit außen vor. Der wichtigste Aspekt ist, dass diese Versuchspersonen keine bedeutenden Entscheidungen treffen, sondern eher einen Zufallsgenerator simulieren sollten. Wer beispielsweise strategisch vorausplante oder nicht zufällig genug auf die Knöpfe drückte, wurde schlicht von der Auswertung ausgeschlossen. Auch bei Libet ging es nie um bedeutende Willensentschlüsse, sondern um den spontanen Drang einer Bewegung.

Das heißt, der Hirnforscher konstruiert sich sein Subjekt, seine Versuchsperson, indem er erst einmal alles verbietet, was bedeutende Entscheidungen ausmacht. Die wesentliche Reduktion (im Sinne von Vereinfachung, Beschränkung) findet schon vor der ersten Messung statt. Das hinterher zu vergessen und dennoch von der großen Willensfreiheit zu sprechen, die man nun widerlegt habe, ist irgendetwas zwischen Fahrlässigkeit und Hochstapelei.

Neurokosmologie

Ein interessantes Beispiel ist die Neurokosmologie von besagtem John Haynes, Direktor des Berlin Center for Advanced Neuroimaging. 2011 berichtete er noch über seine Studie in der Tradition des Libet-Experiments wie von einem Erleuchtungserlebnis:

Auf einmal hatte ich diese große Vision über das ganze deterministische Universum, von mir selbst, von meinem Platz in ihm und all diesen unterschiedlichen Momenten, wo wir glauben, Entscheidungen zu treffen, die bloß irgendeinen Kausalfluss reflektieren.

John Haynes (Übersetzung, St. S.)

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Das Wissenschaftsmagazin Nature inszenierte das als großen Schlagabtausch zwischen Philosophie und Hirnforschung.

Einige Jahre später ließ Haynes - jetzt mit (unter anderem) Matthias Schultze-Kraft - Menschen über eine Gehirn-Computer-Schnittstelle (via EEG) gegen den Computer antreten. Versuchspersonen sollten die Vorhersage ihres Verhaltens überlisten, Libets "Veto" lässt grüßen. Und siehe da, auch wenn es hier immer noch nicht um Willensentschlüsse ging: Das Mensch-Maschine-Duell endet unentschieden!

PR-Arbeit

Was an sich interessante Forschung ist, wird nun gleich in der Pressemitteilung von Haynes' Institut (hier: der Berliner Charité) zur bahnbrechenden Erkenntnis hochgejazzt: "Unser Wille ist freier als bislang angenommen." Und der Studienleiter selbst erklärt: "Die Probanden sind den frühen Hirnwellen nicht unkontrollierbar unterworfen. […] Dies bedeutet, dass die Freiheit menschlicher Willensentscheidungen wesentlich weniger eingeschränkt ist, als bisher gedacht."

Brisant: In der Originalarbeit klammern die Forscher die Willensfreiheitsproblematik explizit aus. Und in Haynes' gerade erschienenem Buch "Fenster ins Gehirn: Wie unsere Gedanken entstehen und wie man sie lesen kann" (zusammen mit dem Wissenschaftsjournalisten Matthias Eckoldt) klagen die Autoren, es seien immer diese Journalisten, die alles übertreiben, damit ihre Artikel nur oft genug angeklickt werden. Nein, es sind durchaus die Aussagen von Forschern wie Haynes und der PR-Abteilungen ihrer Institute. Das hat auch die Kommunikationsforschung gut belegt.

Ein Forschungsgebiet, das alle paar Jahre ein neues Menschen- und Weltbild predigt, diskreditiert sich selbst. Schade, dass solche Versuche, immer wieder in die Medien zu kommen, so die wirklich interessanten wissenschaftlichen Ergebnisse (durchaus auch von Haynes selbst) verdrängen. Doch rein PR-technisch ist das natürlich gut gemacht: Erst erklärt man das traditionelle Bild als wissenschaftlich widerlegt; und wenn sich das herumgesprochen und seinen Neuheitswert verloren hat, widerlegt man die Widerlegung.

So schwimmt man immer auf der Welle der Aufmerksamkeit. Korrekt müsste man einräumen: Weder in den alten, noch in den neuen Experimenten ging es um Willensentschlüsse. Und sowohl in den alten wie in den neuen Experimenten steuerten die Versuchspersonen ihr Verhalten bewusst. Dazu passen auch die Muster der gefundenen Hirnaktivierungen.

Das hört sich natürlich weniger reißerisch an: "Versuchspersonen drücken unter bewusster Kontrolle Knöpfe im Hirnscanner." Damit schafft man es wahrscheinlich nicht in Zeitschriften wie Nature, wo alle hippen Wissenschaftler publizieren wollen. (Oder müssen, weil sie im Hyperwettbewerb um eine der wenigen Professuren konkurrieren.)

Ernste Folgen

Es sei noch einmal daran erinnert, dass solche Funde nicht nur zur reinen Unterhaltung verbreitet wurden, sondern handfeste Forderungen damit verknüpft wurden: Das Strafrecht gründe auf einem Fehler; niemand sei für seine Taten verantwortlich, daher müssten neue Gesetze her.

Es ist jedoch ein weiterer Mythos, in Strafverfahren ginge es wirklich um das philosophische Willensfreiheitsproblem (Von der theoretischen zur praktischen Freiheit).

Konrad Lehmann handelt sich diese Schwierigkeit gar nicht erst ein, da für ihn Determinismus kein Problem darstellt und er auch bewusste und unbewusste Einflüsse nicht gegeneinander ausspielt. Über seinen Ansatz kann man nachdenken. Die näheren Details, wie die Entscheidungsfindung konkret abläuft - biologisch, psychologisch und sozial - müssten noch herausgearbeitet sein. So geht Forschung: Hypothese, Experiment, Daten, neue Hypothese.

Die kritischen Leserinnen und Leser sollten sich aber merken, den Neuropropheten nicht blind zu folgen. Wenn diese auf ein reduziertes Menschenbild kommen, liegt das an deren reduzierter Arbeitsweise. Insbesondere konstruieren sie das unfreie Subjekt selbst. Dabei machen sie im Zweifelsfalle auch nicht vor unwissenschaftlichem Arbeiten halt.

Manches Dinge ändern sich halt nie: In seiner Antrittsrede über "Die Materialistische Weltanschauung unserer Zeit" von 1864 fühlte der berühmte Anatom und Rektor der Wiener Universität Joseph Hyrtl (1810-1894) den damaligen Neuropropheten auf den Zahn. Die hätten nichts Neues zu bieten. Vielmehr sei es dem Zeitgeist geschuldet, dass deren reißerische Argumente vom Gehirndeterminismus in den Medien so viel Aufmerksamkeit erhielten.

Die Materialisten reagierten gekränkt. Es kam zum Eklat und Hyrtls Rede erschien darum erst posthum. Ich kann aber wohl in Ruhe schlafen: Meine Kritik können mir die Neuropropheten nicht übelnehmen. Schließlich war's ja nur mein Gehirn!

Hinweis: Dieser Artikel erscheint ebenfalls im Blog "Menschen-Bilder" des Autors.