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Dauer-Notstand: Rekord-Überschwemmungen in Mosambik und Kalifornien

Am 8. März kehrte der rekordverdächtige tropische Wirbelsturm Freddy nach Mosambik zurück. Bild: MODIS Land Rapid Response Team, NASA GSF

Energie und Klima – kompakt: "Freddy" könnte der bisher längste Tropensturm gewesen sein. Gleichzeitig geht das Klimaphänomen La Niña zu Ende. In Kalifornien herrscht nach dem Niedergang "atmosphärischer Flüsse" der Ausnahmezustand.

Zyklon "Freddy" hat in Mosambik und Madagaskar mindestens 27 Menschenleben gefordert und massive Überflutungen mit sich gebracht. In die hiesigen Nachrichten hat es Freddy kaum geschafft, in erster Linie, weil aufgrund frühzeitiger Warnungen glücklicherweise relativ wenige Menschen gestorben sind.

Trotzdem hat der Sturm die humanitäre Lage verschlechtert: Nach Angaben der Weltorganisation für Meteorologie [1] (WMO) mussten mindestens 8.000 Menschen in Mosambik ihre Häuser verlassen, außerdem verschärfen Verwüstungen und Überschwemmungen durch den Sturm den Ausbruch der Cholera in der Region. Über Mosambik gingen im letzten Monat so große Wassermengen nieder wie sonst in einem Jahr.

In meteorologischer Hinsicht stellte Freddy wahrscheinlich einen neuen Rekord auf. Freddy wurde am 6. Februar so benannt, als er einige hundert Kilometer nordwestlich von Australien Sturmstärke erreichte und sich 33 Tage lang halten konnte. Noch ist unklar – es braucht noch weitere Untersuchungen –, ob Freddy wirklich die ganze Zeit über Sturmstärke hatte. Er schwächte sich über Land mehrmals ab und gewann dann wieder an Kraft.

Am 21. Februar traf der Zyklon auf die Küste von Madagaskar, am 24. Februar auf die von Mosambik. Am vergangenen Wochenende zog Freddy erneut mit Windgeschwindigkeiten von 150 km/h über Mosambik und dann weiter nach Malawi. Mit seiner Lebensdauer von über einem Monat schlägt Freddy den bisherigen Rekordhalter "John", der sich im Jahr 1994 31 Tage lang hielt.

Doch auch in Bezug auf die akkumulierten Energie wird Freddy vermutlich Rekorde brechen. Die NASA spricht von dem bislang energiereichsten Sturm in der südlichen Hemisphäre. Laut Weltorganisation für Meteorologie (WMO) entspricht die Menge der Energie der einer durchschnittlichen nordatlantischen Hurrikan-Saison.

Begünstigt wurde Freddy vermutlich durch das Wetterphänomen La Niña, das drei Winter (bzw. Sommer) in Folge das Wettergeschehen auf der Südhalbkugel beeinflusste. La Niña ist das Gegenstück zum Wetterphänomen El Niño.

Während es bei El Niño außergewöhnlich warm ist, bringt La Niña Kälte im östlichen Pazifik. Wie sehr der Klimawandel die Wetterphänomene El Niño und La Niña – auch El Niño and the Southern Oscillation (ENSO) – verändert, darüber können Klimaforscher:innen bislang keine eindeutige Aussage machen.

So sagte die Klimaforscherin Daniela Domeisen gegenüber dem Science Media Center [2]:

Einige Modelle sagen mit dem Klimawandel vermehrt stärkere El-Niño und zum Teil auch stärkere La-Niña-Ereignisse voraus. Speziell für El Niño sagen verschiedene Studien, dass in Zukunft sogenannte "Super-El-Niños" auftreten könnten (...).

Über atmosphärische Flüsse und Mega-Fluten

Seit vergangenem Donnerstag soll La Niña nun offiziell vorbei sein. Jedenfalls erklärte die US-Behörde für Ozeane und die Atmosphäre (NOAA, National Ocean Atmosphere Administration) das Wetterphänomen für beendet, ENSO sei nun wieder im neutralen Zustand. Im Spätsommer bis Herbst könnte dann wieder das wärmere El Niño einsetzen [3].

Der US-Bundesstaat Kalifornien hat es in den letzten Jahren ja vor allem mit extremen Waldbränden und anhaltender Dürre in die Nachrichten geschafft. In diesem Winter bzw. Frühjahr herrscht allerdings auch in Kalifornien "Land unter".

Vor allem in Zentralkalifornien haben heftige Niederschläge für schwere Überschwemmungen gesorgt, für über die Hälfte der kalifornischen Verwaltungsbezirke wurde der Ausnahmezustand verhängt. Bis Freitag waren knapp 10.000 Menschen aufgefordert, ihre Häuser zu verlassen, zwei Menschen sind in den Fluten gestorben. Ein Dammbruch am Fluss Pajaro führte dazu, dass die gesamte gleichnamige Kleinstadt unter Wasser steht.

Die Starkregenfälle sind auf ein Wetterphänomen zurückzuführen, das "atmosphärische Flüsse" genannt wird. "In der Wissenschaft beschreibt ein atmosphärischer Fluss (engl. atmospheric river) ein relativ schmales, gerichtetes Band feuchtegesättigter Luft in ein bis 2,5 km Höhe mit einer Breite von etwa 500 km und einer Länge von rund 2000 km und mehr", beschreibt der Deutsche Wetterdienst [4] (DWD) das Phänomen.

Solche Bänder, angetrieben von starken Winden, beförderten den größten Teil des Wasserdampfes außerhalb der Tropen. "Ein einzelner Atmosphärenfluss kann laut der NOAA (National Oceanic and Atmospheric Administration) eine Wassermenge mit sich führen, welche in etwa der 7,5- bis 15-fachen Menge entspricht, die der Mississippi an seiner Mündung normalerweise führt", heißt es beim DWD weiter.

Neben der dramatischen Zerstörung führen die atmosphärischen Flüsse in Kalifornien aber auch dazu, dass die extreme Dürre in weiten Teilen des Bundesstaats beendet ist. In 26 Prozent des Bundesstaats herrschte am 7. März gar keine Dürre, unter die Kategorien extreme und außergewöhnliche Dürre fällt nun kein Gebiet mehr. 19 Prozent der Gebiete sind noch von schwerer Dürre betroffen.

Allerdings lässt die Klimaerwärmung Dürre und Starkregen immer extremer werden, warnt die Nichtregierungsorganisation Environmental Defense Fund (EDF). "Zyklen von Dürre und Regenfällen sind charakteristisch für das kalifornische Klima. Aber der vom Menschen verursachte Klimawandel hat diese Ereignisse intensiver und heftiger werden lassen", sagt die Klimaforscherin Shradda Dhungel vom EDF.

Klimaforscher:innen haben in einer Studie [5] festgestellt, dass die Klimaerwärmung das Risiko für eine wochenlange Serie von Stürmen, die zu einer Mega-Flut in Kalifornien führen könnten, verdoppelt.


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https://www.heise.de/-7544031

Links in diesem Artikel:
[1] https://public.wmo.int/en/media/news/tropical-cyclone-freddy-may-set-new-record
[2] https://www.sciencemediacenter.de/alle-angebote/science-response/details/news/wie-entwickeln-sich-la-nina-und-el-nino-im-klimawandel/
[3] https://www.cpc.ncep.noaa.gov/products/analysis_monitoring/enso_advisory/ensodisc.shtml
[4] https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2023/1/11.html
[5] https://www.science.org/doi/10.1126/sciadv.abq0995