Deep State hinter Trump?

Bild: shopcatalog.com/ CC BY-SA-2.0

Der Mercer-Milliardärsclan, SCL und die NSA

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Fühlen Sie sich angenehm im Einklang mit unseren westlichen Eliten? Glauben an deren Legitimation durch faire Wahlen, an freie Märkte und eine Presse, die Sie gut informiert? Lieben Sie Ihre Regierung, hassen Sie deren Feinde und unterstützen Sie die Kriege, die der Westen leider überall gegen diese Schurken führen muss? Dann verdanken Sie solche Gefühle vielleicht auch der Firma EMmerdata, die modernste Verhaltensforschung und -steuerung für diese oder ähnliche Zwecke anbietet.

Nach einem Artikel, den ich jüngst über die rechtsextreme Alt-Right in den USA, die Trump im Netz half, schrieb, erreichten mich etliche Leser-Nachfragen: Wer ist denn dieses Firmengeflecht hinter Cambridge Analytica? Ich hatte kurz auf den deutschstämmigen Dotcom-Milliardär Peter Thiel verwiesen und dabei auch jene Firma erwähnt, der viele Medien neben WikiLeaks und den Putin-Trollen eine Hauptschuld an der Wahl Donald Trumps 2016 zuschrieben: Cambridge Analytica (CA) wird uns seit 2017 als Wahlmanipulations-Bösewicht präsentiert, der irgendwie auch im Auftrag Putins und mithilfe von Julian Assange und WikiLeaks der Demokratin Hillary Clinton ihren Wahlsieg gestohlen habe.

Einiges spricht jedoch dafür, dass Assange, Putin und selbst CA uns nur als Sündenböcke präsentiert werden. Recherchiert man nur ein wenig tiefer, stößt man auf den Namen Robert Mercer, einen Milliardär und Computer-Genius, der mit Online-Börsendeals reich wurde. Seine Tochter Rebekah Mercer steckt im Firmendickicht um CA und sie brachte auch den Alt-Right-Propagandisten Steve Bannon in Trumps Wahlkampfteam.

Dabei ist Thiel eine Schlüsselfigur im Trump-Unterstützer-Netzwerk. Er gründete den Netzbezahldienst Paypal, investierte 2002 bei eBay, gab Zuckerberg 2005 die ersten Millionen für Facebook, wo Thiel immer noch Einfluss hat. Thiel besitzt auch private Geheimdienstfirmen wie PALANTIR (ein Wort aus dem bei Computer-Nerds beliebtem Fantasy-Epos Lord of the Rings), die NSA und CIA zuliefern, genau wie das Firmengeflecht hinter Cambridge Analytica. Letzterer Firma wirft der Medienmainstream vor, Trumps Wahl mittels Ausforschung und Manipulation der Facebook-Nutzer maßgeblich befördert zu haben.

SCL: Strategic Communication Laboratories

Auffällig war bei der Berichterstattung zum Facebook-Trump-Skandal, dass die Recherchen fast immer mit der Firma Cambridge Analytica (CA) endeten und diese als schwarzes Wahlmanipulations-Schaf der Digitalbranche hinstellten. Schon ein paar Klicks zu Wikipedia führen jedoch zu SCL, der Mutterfirma von CA. Das deutsche Wikipedia schreibt zu SCL: "Die SCL Group (Strategic Communication Laboratories Group) war ein britisch-US-amerikanisches Unternehmen für Verhaltensforschung und strategische Kommunikation." SCL machte genau das, weswegen man dessen Tochter CA als bösen Buben darstellte: Wahlmanipulationen (neben anderen Formen der Manipulation von Bevölkerungen).

Prominenteste Auftraggeber von SCL waren britische- und amerikanische Militärs und -Geheimdienste, aber auch westliche Großkonzerne und prowestliche Diktaturen wie jene in Riad. Riad, ein Regime, das kritische Journalisten in seiner Botschaft in kleine Streifen schneiden lässt, aber an einem positiven Image feilt - etwa mit medial gehypter Fahrerlaubnis für Frauen (solche Imagetipps gehörten auch zum Angebot von SCL).

Wollen unsere Mainstream-Medien, denen das Thema SCL scheinbar schwer fällt, vermeiden, dass ihre Leser erahnen, wie viele als demokratisch gepriesene westliche Wahlen vermutlich manipuliert werden? Firmen wie SCL oder Palantir (s. a.: Datenkrake Polizei? Palantir als die Spitze des Eisberges) wenden dafür neueste psychologische und Neuro-Technologien ebenso an wie das Profiling mittels unserer persönlichen Daten aus Internet, "Sozialen Medien", Handys usw. Ziel ist die Manipulation unserer Mediennutzung bis hin zu genau auf einzelne Nutzerprofile zugeschnittener Desinformation (Neudeutsch: "Fake News"). Die Trump-Wahl ist vor diesem Hintergrund höchstens bezüglich des Ergebnisses, nicht bezüglich der angewandten Methoden bemerkenswert. Für die 2017 präsentierten Sündenböcke, Julian Assange und Putin, hatte SCL vielleicht auch etwas im Angebot: Negative Campaigning.

Negative Campaigning: Developing a positive campaign for a candidate or party is often not enough to ensure that the electorate fully understand the choices available to them. It is sometimes necessary to design a campaign that clearly demonstrates the weaknesses and negative traits inherent to the opposition. Such campaigns need to be carefully designed to resonate with voters’ existing concerns, though at the same time without being perceived by the audience as unduly aggressive. SCL Elections understands this fine balance and also, how to use third party sources to articulate this type of sensitive information in a less partisan fashion. The more hostile aspects of a campaign are a powerful tool in the preparation for a poll but must be employed carefully.

SCL-Firmenwebsite, aus dem Netz gelöscht, aber über die alternative Wayback-Machine des Web Archive noch dokumentiert

Schmutz-Kampagnen sollen uns demnach als von angeblich unparteilichen Dritten lanciert in den Medien präsentiert werden. Die Kampagne gegen WikiLeaks und Julian Assange könnte hier fast als ein mögliches Produkt derartiger Dienstleister wie SCL oder Palantir vermutet werden. Am deutschen Wikipedia fällt auf, dass der Eintrag zu SCL besonders ausgedünnt erscheint - man vergleiche ihn mit dem englischen Wikipedia (solche Quervergleiche und Nachrecherchen sind bei Wikipedia generell zu empfehlen). Dort werden viel mehr Machenschaften wie Wahlmanipulationen genannt, sogar die Beteiligung eines Sprosses des englischen Königshauses an der Londoner Firma erwähnt: Lord Ivar Mountbatten, ein Cousin von Queen Elizabeth II., war scheinbar ebenfalls in die psychologische PR-Bearbeitung der britischen Bevölkerung involviert. SCL/CA sollen bekanntlich auch den Brexit-Betreibern ihre "Verhaltenswissenschaft" (darf man diese heute nicht mehr Massenmanipulation nennen?) angedient haben.

Emerdata: Nachfolgerin von SCL und Cambridge Analytica

Die Mercer-Töchter Rebekah und Jennifer waren, wie die Schweizer NZZ tief in ihrem Wirtschaftsteil flüstert, in der März 2018 gegründeten Nachfolge-Firma für SCL/CA engagiert: Emerdata. Dort werden von der breiten Öffentlichkeit unbemerkt jene Profiling- und Massenmanipulations-Technologien munter weiterentwickelt und angewendet, die uns Trump und Brexit bescherten. Während viele Westmedien sich monatelang in empörten Kommentaren gegen Putin-Trolle ergingen und Putins angeblichen Komplizen Julian Assange stereotyp unter "Vergewaltigungsverdacht" stellten, war das offenbar o.k., freie Märkte eben. Die NZZ enthüllte ihrem Schweizer Wirtschaftspublikum die enge Verbindung der militärnahen Datenfirmen mit militärnahen Söldnerfirmen: Blackwater-Gründer Eric Prince ist neben den Mercer-Milliardären mit dabei. Seine harten Jungs, die schon für US-Präsident Bush im Irak mordeten und folterten, dürften die Geheimdienst-Hacker und privaten Cyberkrieger ideal ergänzen: In deren Aktien kann man guten Gewissens investieren.

Die neue Firma Emerdata ist laut eigener Beschreibung ebenfalls in der Datenverarbeitung tätig ... Dafür stiessen Ende März mit Rebekah und Jennifer Mercer die Töchter des amerikanischen Milliardärs und Geldgebers der Republikaner, Robert Mercer, zu Emerdata. Mercer war auch der wichtigste Investor von CA und der rechten Plattform Breitbart. Seine Tochter Rebekah gilt als die zentrale Strippenzieherin hinter Donald Trumps Wahlsieg, überzeugte sie diesen 2016 doch davon, Stephen Bannon als Wahlkampfleiter einzusetzen und die Dienste von CA in Anspruch zu nehmen. Die Journalistin Wendy Siegelman hat zudem gezeigt, wie Emerdata personell mit zahlreichen anderen wichtigen Figuren vernetzt ist, unter anderem auch dem Gründer des Söldnerunternehmens Blackwater, Erik Prince.

NZZ, 3. Mai 2018

Warum Trump?

Eine Frage bleibt aber noch: Warum ausgerechnet Donald Trump? Darüber lässt sich nur spekulieren: Klar wird jedoch, dass Firmen beteiligt waren, die eng mit der westlichen CIA-NSA-MI5-Geheimdienstfamilie liiert sind. Nichts, was in solchen Firmen passiert, dürfte den Diensten entgehen; wären diese Cyber-Militärkonzerne nicht unter sehr strenger Kontrolle der Geheimdienste, wären sie ein viel zu großes Sicherheitsrisiko. Nicht erst Snowden hat die enge Verflechtung von CIA, NSA und deren privaten Dienstleistern enthüllt. Möglicherweise gab es also in diesen Diensten, die man mit ihren Machtzirkeln in Militär, Politik und Großkonzerne auch als "Deep State" bezeichnet, Gruppen, die Trump und Brexit wollten.

Und warum Trump? Vielleicht, weil er sich für einen Rechtsruck in den USA gut eignete, vielleicht sogar wegen seiner langjährigen Beziehungen nach Moskau. Banal wäre die Spekulation, dass man dadurch nach seiner Wahl die Schuld an auffliegenden Wahlmanipulationen auf Putin schieben könnte (was geschehen ist). Subtiler wäre die Annahme, dass man im Deep State die allzu brutale Stoßrichtung westlicher Machtpolitik gegen Russland (Maidan-Putsch-Komplott etc.) lieber mehr gegen den wichtigeren Konkurrenten China richten wollte (Trump und besonders sein Steigbügelhalter Bannon sind bekanntlich fanatische China-Hasser).

Deep State, Bilderberger und Börsengurus

Deep State und Milliardärs-Polit-Netzwerke wie die Bilderberger haben aber möglicherweise allein schon Interesse am herbeimanipulierten Rechtsruck westlicher Bevölkerungen: Wer sich gegeneinander aufhetzen lässt, fragt nicht nach dem immer unfairer verteilten Reichtum unserer Volkswirtschaften. Wer "Migration" und "AfD" als größte Probleme sieht, fragt nicht nach der jedes Jahr weiter auseinanderklaffenden Einkommensschere, auch nicht nach der stetig wachsenden Macht der megalomanischen 1 Prozent.

Die großen Vermögen und die großen Geheimniskrämer scheinen jedenfalls immer enger zusammenzuhängen. Und wo könnte man Geheimnisse besser zu Geld machen als mit Insidergeschäften an der Börse? Wenn Börsengurus wie Mercer also mit Machenschaften von Geheimdienst-nahen Firmen wie SCL zu tun haben, stellt sich die Frage nach Abhängigkeiten.

Die Börsenguru-Milliardäre müssen ja nicht gleich Strohmänner der NSA-Clique sein, denkbar wären auch hie und da ein paar Infos über Konkurrenten, geheime Verhandlungen von Fusionen usw., die im großen Netz der NSA hängen bleiben. Im Gegenzug, so könnte man spekulieren, werden Milliarden in Massenmanipulation gesteckt oder über Firmenstiftungen an die Opposition gegnerischer Regime verteilt.

Wenn unsere Mainstream-Medien über das korrupte Russland und seine Oligarchen berichten, stellen sie oft den KGB ins Zentrum und schließen mit der Frage: Hat dieses Land einen Geheimdienst oder hat dieser Geheimdienst ein Land, so etwa ARTE in einer Doku zur Geschichte des KGB? Diese Frage wäre auch im Plural sinnvoll.

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