Der Aufstieg und Fall von Sebastian Kurz

Sebastian Kurz. Bild: European People's Party / CC-BY-2.0

Ein gutes Licht wirft dies auf die österreichische Politik gewiss nicht

"Die FPÖ kann es nicht", hieß es noch im Mai 2019 von dem österreichischen Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz im Zusammenhang des Aufkommens des Ibiza-Videos, welches das Ende der Koalition zwischen ÖVP und FPÖ bedeutete. Nun, etwa zweieinhalb Jahre später, musste der jüngste Kanzler der österreichischen Republik erneut als Kanzler zurücktreten.

Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft lautet, dass das Team von Kurz Umfragen und Berichterstattungen in der Boulevard-Tageszeitung Österreich manipuliert und dies mit Steuergeldern finanziert haben soll. Zwar gilt die Unschuldsvermutung, doch deutlich wird aus den Chats des Teams von Kurz vor allem, dass man keinen sonderlich großen Respekt gegenüber der Bevölkerung hat. Es lässt sich ein ungutes Menschenbild erkennen, das sich hauptsächlich gegen schutzsuchende Flüchtlinge richtet.

Flüchtlinge und Migranten

Seit dem Jahr 2015 hat Sebastian Kurz ein Thema gefunden, das er für sich instrumentalisierte, um auf die Leiter der österreichischen Politik hinaufzusteigen: Flüchtlinge und Migranten. Ein Thema, das zuvor vor allem die rechtsextreme Freiheitlichen Partei Österreichs für ihre Hetze heranzog - und zwar mit Erfolg. Von 2017 bis zum besagten Mai 2019 bildete die ÖVP (bzw. die nunmehr türkise "neue Volkspartei") mit der FPÖ eine Regierung.

Dabei hat sich das Team Kurz bei den Nationalratswahlen 2017 nicht nur farblich an der blauen FPÖ angepasst (die ÖVP war früher als die schwarze Partei bekannt), sondern auch deren politischen Kurs übernommen. Gewiss, die neue Volkspartei trat netter und smarter auf als die Freiheitlichen, doch inhaltlich gab es kaum Unterschiede. So wurde Sebastian Kurz, mit dem Image des jungen "Sonnyboys", der mit voller Härte gegen Migranten vorgeht, gleich zweimal zum Kanzler gewählt.

Zwar mag es keine eindeutig rassistischen und menschenverachtende Aussagen in der Öffentlichkeit vonseiten der neuen ÖVP gegeben haben, doch machen einige Chats ziemlich deutlich, welches Bild einige (Ex-)Parteimitglieder von sich selbst und dem "allgemeinen Volk" haben.

So bezeichnete der ehemalige Generalsekretär Thomas Schmid, der sich selbst als Kurz' "Prätorianer" betitelte, Menschen als "Pöbel" und "Tiere" und macht nebenbei auch Witze über Flüchtlinge, die mit dem Schlauchboot fliehen müssen und nicht wie er das Privileg haben, elegant mit dem Flugzeug quer rund um die Welt reisen zu können.

Im Juni trat Schmid aufgrund des zunehmenden Drucks zurück, ziemlich genau vier Monate vor dem Rücktritt von Sebastian Kurz. Nun gibt es Stimmen, allen voran natürlich innerhalb der Volkspartei, die das Verhalten von Kurz und Schmid (die Kurz' Vorgänger, Reinhold Mitterlehner, unter anderem als "Arsch" bezeichneten) verteidigen. Die Nachrichten seien ja nicht für die Öffentlichkeit gedacht gewesen, beharrt Verfassungsministerin Karoline Edtstadler von der ÖVP in einem Interview mit der Zeit im Bild.

Abgesehen davon, dass es jedoch gar nicht um die Kraftausdrücke in den Chats per se geht, sondern um das skrupellose Vorgehen des ehemaligen Kanzlers und seiner Gefolgschaft, um mit allen Mitteln an die Macht zu kommen, sollte man sich die Frage stellen, ob das Team von Kurz überhaupt noch ein Gefühl für ethisch-moralische Verhaltensweisen hat?

Türkise geschlossen hinter ihrem Parteichef

Die Frage ist schnell beantwortet, wenn man bedenkt, dass Druck auf die Kirche ausgeübt wurde, nachdem diese sich kritisch über die Migrationspolitik der vermeintlich christlichen Volkspartei geäußert hatte. Im Zuge des Verdachtes auf Korruption behauptete Finanzminister Gernot Blümel, der wohl engste Vertraute von Kurz, mehrfach, dass er sich nicht erinnern könne, in seiner Zeit als Minister einen Dienstlaptop gehabt zu haben.

Bei einer Hausdurchsuchung von Blümel konnte letztendlich doch ein Laptop festgestellt werden, den die Frau Blümels interessanterweise mit ihrem Kind nach draußen "zum Spazieren" mitgenommen hat, weshalb die Ermittler das Gerät zunächst auch nicht finden konnten.

Sogar die FPÖ hat sich infolge des Ibiza-Skandals ab einem gewissen Zeitpunkt gegen den einstigen Partei-Chef Heinz-Christian gestellt. Die Türkisen hingegen jüngst deutlich, dass sie geschlossen hinter ihrem Parteichef stehen, bis er letztendlich selbst zurücktrat und Außenminister Alexander Schallenberg als neuen Kanzler vorschlug.

Kurz als "Schattenkanzler"?

Dies wiederum deutet für Kritiker darauf hin, dass Kurz immer noch als "Schattenkanzler" aktiv sei. Für die Grünen scheinen die bisherigen Vorkommnisse kein Grund zu sein, um die Koalition zu sprengen. Das Bestreben nach Machterhalt scheint auch bei der selbsternannten Menschenrechtspartei groß zu sein.

In den letzten vier Jahren kam es insgesamt fünf Mal zum Wechsel des österreichischen Bundeskanzleramts. Man mag von der jetzigen Konstellation halten was man will, doch ein gutes Licht wirft dies auf die österreichische Politik gewiss nicht.

Der Aufstieg von Sebastian Kurz gelang, weil er seinen Kurs an den rechtspopulistischen Kurs der Freiheitlichen Partei anglich. Ironischerweise ähnelt jedoch der Fall von Kurz ebenso jenen des ehemaligen FPÖ-Parteichefs H.C. Strache. Es fragt sich nur, wie lange seine Parteifreunde zu ihm stehen werden.