Der Bitcoin-Crash ist programmiert

Seite 2: Wer bezahlt die Stromrechnung?

Bei einem angenommenen Strompreis von fünf US-Cent pro Kilowattstunde beträgt die Bitcoin-Stromrechnung momentan 3,5 bis 6,75 Milliarden US-Dollar pro Jahr.2

Das Geld zahlen zunächst die sogenannten Miner ("Schürfer"), von denen es über eine Million gibt. Allerdings unterliegt der Miner-Markt einem starken Oligopol.

Im Mai 2021 kontrollierten allein vier große chinesische Mining-Pools 60 Prozent des gesamten Marktes. Miner sind Betreiber von Rechenzentren, die ihre Rechenleistungen zu Verschlüsselungs- und Dokumentationszwecken dem Bitcoin-Netzwerk zur Verfügung stellen.

Sie ermöglichen dadurch Bitcoin-Transaktionen und halten das gesamte Bitcoin-Netz am Laufen. Ohne die gewaltigen Rechenleistungen der Miner könnte Bitcoin nicht existieren (Stand 7.7.2021).

Die Miner decken ihre Stromkosten sowie ihren Aufwand für Investitionen in Hardware (Rechner, Räume usw.) zu etwa 90 Prozent durch Einnahmen aus neu geschaffenen (geschürften) Bitcoins, die sie als Belohnung für ihre dem Netzwerk zur Verfügung gestellten Rechnerleistungen erhalten. Etwa zehn Prozent ihrer Einnahmen kommen aus Transaktionsgebühren, die die Benutzer von Bitcoin pro Transaktion bezahlen.

Die Kosten pro Transaktion betragen derzeit offiziell mindestens 30 US-Cent.3 In den letzten fünf Jahren lagen sie meistens zwischen 50 US-Cent und einem US-Dollar.

Während der beiden starken Bitcoin-Kursanstiege 2018 und ab Mitte 2020 stiegen sie teilweise deutlich darüber, beide Male für wenige Wochen auf über 20 US-Dollar. Derzeit betragen sie knapp vier US-Dollar.

Auffällig ist, dass nach den beiden kurzen Phasen starken Kostenanstiegs, 2018 und 2020/21, die Zahl der Transaktionen deutlich gesunken ist, etwa um 30 bis 50 Prozent (Stand: 11.07.2021).

Die Nutzer scheinen auf kräftige Gebühren-Verteuerungen also stark zu reagieren. Das ist insofern interessant, als die Vermögensverteilung bei Bitcoin sehr ungleich ist und viele Bitcoins fast nie bewegt werden: 85 Prozent aller Bitcoins gehören weniger als 0,5 Prozent aller Bitcoin-Adressen und 80 Prozent aller Bitcoin-Bestände gelten als illiquide, das heißt, werden sehr wenig bewegt.

Von demokratischen Besitzverhältnissen bei Bitcoin kann also keine Rede sein.

Die Miner, die die Rechenleistungen erbringen, werden zum größten Teil, etwa zu 90 Prozent, bezahlt, indem bestehende Bitcoin-Eigentümer verwässert werden. Solange der Bitcoin-Kurs ständig steigt, merken das die Alteigentümer praktisch nicht.

Zwischen Mai 2020 und Mai 2021 wurden 330.000 neue Bitcoins geschürft. Das entspricht einer Verwässerung der Alteigentümer von unter zwei Prozent.

Bei einem Preis von 30.000 Dollar pro Bitcoin entspricht das Schaffen von 330.000 neuen Bitcoins knapp zehn Milliarden US-Dollar, die an die Miner fließen. Die Gesamteinnahmen der Miner, inklusive Transaktionsgebühren, werden von digiconomist auf derzeit etwa elf Milliarden US-Dollar jährlich geschätzt. Das entspricht 585 US-Dollar pro Bitcoin und Jahr4, um das Bitcoin-Netzwerk am Laufen zu halten.

Damit man Bitcoin für Anlage- oder Transaktionszwecke halten kann, müssen bei einem Preis von 30.000 Dollar also ständig Kosten von knapp zwei Prozent des Wertes an die Miner bezahlt werden.

Das ist ein großer Unterschied zum Halten von Gold, das, wenn es einmal geschürft ist, grundsätzlich nichts kostet, sondern einfach als Münze oder Barren daliegt, außer man möchte es versichern oder legt es in ein Depot und zahlt Depotgebühren. Bitcoin kostet im Gegensatz zu Gold immer Strom, einfach, weil die Rechner ständig laufen müssen.

Angenommen, der Bitcoin-Kurs würde auf 10.000 US-Dollar sinken, müssten knapp sechs Prozent seines Wertes5 pro Jahr für den Unterhalt der Rechenzentren bezahlt werden.

Das wäre eine ökonomisch absurd hohe Verwaltungsgebühr und dürfte zu einem Ausstieg einiger Anleger aus dem Bitcoin führen.

Stromrechnung wird durch Ponzi-System finanziert

Die Zahl der Bitcoins, die neu geschaffen bzw. geschürft werden kann, nimmt ständig ab. Sie halbiert sich etwa alle vier Jahre, denn die Gesamtzahl von Bitcoin ist auf 21 Millionen begrenzt.

Während man als Miner anfangs 50 Bitcoin für eine bestimmte Rechnerleistung bekam, sind es derzeit nur noch 6,25. Voraussichtlich im Jahr 2024 wird sich diese Zahl erneut halbieren.

Daher werden bis einschließlich 2024 voraussichtlich 328.125 Bitcoin Jahr pro neu dazukommen, ab etwa 2025 164.063.

Bei der bisherigen Einnahmenstruktur der Miner musste und muss der Bitcoin-Preis also wegen der zurückgehenden Zahl neu geschürfter Bitcoin ständig steigen, damit es sich für die Miner lohnt, Rechenkapazitäten zur Verfügung zu stellen und so das Netzwerk am Laufen zu halten.

Anders ausgedrückt: Solange der Preis von Bitcoin steigt, funktioniert das Spiel. Da der Bitcoin-Kurs in der Vergangenheit exorbitant gestiegen ist, war das nie ein Problem. Er kann aber nur dann immer weiter steigen, wenn immer neue Anlegergelder nachfließen. Bricht der Strom von Neugeldern ab, endet das Ponzi-Schema. Dann funktioniert das bisherige Einnahmensystem nicht mehr.

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