Der Bitcoin-Crash ist programmiert

Seite 3: Was passiert ohne Ponzi-Schema?

Was geschieht dann? Dann müssten sich die Transaktionskosten dramatisch erhöhen. Das würde die Transaktionen mit Bitcoin für sehr viele Teilnehmer unattraktiv machen. In den letzten fünf Jahren gab es etwa zwischen 200.000 und 350.000 Bitcoin-Transaktionen pro Tag, das entspricht etwa 75 bis 125 Millionen pro Jahr.

Momentan werden etwa 80 Millionen Bitcoin-Transaktionen jährlich durchgeführt. Verglichen mit Visa oder den 700 Milliarden weltweiten Finanz-Transaktionen jährlich ist Bitcoin von der Anzahl der Überweisungen her gesehen ein Zwerg und für eine wirklich große Menge an Transaktionen aufgrund seiner Programmierung nicht geeignet. Bitcoin ist keine Transaktionswährung, sondern ein Anlageobjekt.

Legt man Einnahmen der Miner in Höhe von zehn Milliarden US-Dollar ausschließlich auf die derzeit 80 Millionen Überweisungen um, müsste der Preis pro Transaktion rechnerisch auf etwa 125 US-Dollar steigen.

Das wäre zehn bis 100 Mal so viel als in den vergangenen neun Jahren und würde sicherlich viele Teilnehmer von Bitcoin-Transaktionen abhalten, wie schon die kurzzeitigen Gebührenanstiege auf über 20 US-Dollar in der Vergangenheit gezeigt haben.

Einige Anleger dürften sich dann auch aus dem Bitcoin zurückziehen. Wenn die Zahl der Transaktionen daraufhin auf unter 80 Millionen zurückgeht, müssen die Unterhaltskosten für die Rechenleistungen auf eine immer kleiner werdende Zahl an Überweisungen umgelegt werden und die Kosten pro Transaktion steigen dann immer weiter.

Das heißt, Bitcoin würde dadurch für kleinere Anleger immer unattraktiver. Denn was nützt mir ein Bitcoin-Account, wenn eine Überweisung von meinem Wallet prohibitiv teuer wird? Das dürfte zu weiteren Mittelabzügen, weiteren Preisrückgängen und einer Abwärtspreisspirale führen.

Nun kann man natürlich argumentieren, dass die derzeitigen Kosten von zehn Milliarden US-Dollar reduziert werden können. Nach Berechnung von Ingenieuren des VDI beträgt der minimale Stromverbrauch von Bitcoin 56,79 Terawattstunden.6

Unterstellt man einen Strompreis von fünf US-Cent pro Kilowattstunde, kostet der Unterhalt von Bitcoin pro Jahr rein von den Stromkosten her also mindestens knapp drei Milliarden Dollar.7

Darin sind aber noch nicht die Kosten für die Hardware enthalten. Legt man nur die Stromkosten auf die Transaktionen um, so müsste eine Transaktion mindestens etwa 35 Dollar kosten.8

Ich denke, selbst bei diesen Gebühren würde das Überweisen von Bitcoin für viele Nutzer unattraktiv und könnte die geschilderte Abwärtsspirale auslösen.

Zwei Möglichkeiten, um die Kostenstruktur von Bitcoin zu verbessern, wären eine Umstellung von proof-of-work auf proof-of-stake oder ein durchschlagender Erfolg von Bitcoin lightning, sprich eine dramatische Erhöhung der Transaktionszahl. Ersteres wird von Fachleuten für sehr unwahrscheinlich gehalten, letzteres stark bezweifelt.

Fazit

Eine Kryptowährung, die kaum für Massenüberweisungen geeignet ist und gleichzeitig so viel Strom verbraucht wie 20 bis 40 Millionen deutsche Haushalte, sodass für sie rund um die Uhr sechs bis zwölf Kernkraftwerke laufen müssen, ist viel zu teuer und kann daher auf Dauer nicht funktionieren.

Der seit seiner Gründung ständig zunehmende Stromverbrauch zwang Bitcoin von Anfang an in ein Ponzi-Schema oder Schneeballsystem: Die nachfolgenden Anleger müssen immer weitere Geldströme nachliefern, um ständig steigende Bitcoin-Preise zu ermöglichen.

Der Bitcoin-Preis muss, im Gegensatz beispielsweise zu Gold, laufend steigen, sonst bricht das Rechnernetzwerk zusammen und mit ihm die Kryptowährung selbst. Der permanent wachsende Stromverbrauch ist ein Konstruktionsfehler von Bitcoin. Wenn er nicht behoben wird, dürfte Bitcoin eines Tages crashen. Der Crash ist einprogrammiert.

Prof. Dr. Christian Kreiß, Jahrgang 1962: Studium und Promotion in Volkswirtschaftslehre und Wirtschaftsgeschichte an der LMU München. Neun Jahre Berufstätigkeit als Bankier, davon sieben Jahre als Investment Banker. Seit 2002 Professor an der Hochschule Aalen für Finanzierung und Volkswirtschaftslehre. Autor von sieben Büchern: Gekaufte Wissenschaft (2020); Das Mephisto-Prinzip in unserer Wirtschaft (2019); BWL Blenden Wuchern Lamentieren (2019, zusammen mit Heinz Siebenbrock); Werbung nein danke (2016); Gekaufte Forschung (2015); Geplanter Verschleiß (2014); Profitwahn (2013). Drei Einladungen in den Deutschen Bundestag als unabhängiger Experte (Grüne, Linke, SPD). Zahlreiche Fernseh-, Rundfunk- und Zeitschriften-Interviews, öffentliche Vorträge und Veröffentlichungen. Mitglied bei ver.di und Christen für gerechte Wirtschaftsordnung. Homepage: www.menschengerechtewirtschaft.de

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