Der Deal: Wie Putin und Prigoschin sich gegenseitig retteten

Damals noch Freunde: Wladimir Putin besichtigte 2010 die neue Fabrik Concord, die Jewgeni Prigoschin leitete. Bild: Russische Regierung

Der Wagner-Chef bewies großes taktisches Geschick und setzte Moskau unter Druck. Wäre der Konflikt eskaliert, hätte es im Fiasko enden können – für beide Seiten. Was nun?

Bei dem von ihm geführten Militäraufstand bewies der Söldnerführer der Militärfirma PMC Wagner ein großes Maß an taktischem Geschick. Schlag auf Schlag traf er Entscheidungen, gab Statements ab und schuf neue militärische Lagen, auf die die träge Maschinerie des Systems Putin reagieren musste.

Die Situation war für beide Seiten ernst

Dabei befand er sich in einer eigentlich fast aussichtslosen Situation. Mächtige politische Verbündete im Kreml oder Establishment hatte er keine, die Unterstützung durch eine Palastrevolution war ausgeschlossen. Im ganzen Land schwörten die wichtigsten regionalen Politfunktionäre wie Gouverneure Putin demonstrativ die Treue, als offensichtlich wurde, dass sich Prigoschins Rebellion gegen den Kremlkurs in einen offenen Aufstand verwandelte. Darunter war auch Ramsan Kadyrow, der Prigoschins Vorgehen als "abscheulichen Verrat" bezeichnete und eigene Truppen in die Region Rostow entsandte.

Doch Prigoschin war schneller als der Apparat. Während Putin am Freitag selbst noch schwieg, besetzten Prigoschins "Wagneriten" am Abend die Großstadt Rostow im Don. Als der Präsident sich erstmals an das Volk wandte und man in mehreren Regionen einen Ausnahmezustand aufrief, waren die Wagner-Kämpfer bereits auf der Autobahn von Rostow nach Moskau unterwegs, wohlvorbereitet gegen militärische Versuche, sie aufzuhalten.

Das sollte die Regierung schnell merken – drei Hubschrauber und ein Flugzeug, die zu ihrer Eliminierung entgegen geschickt wurden, schossen die Söldner mithilfe ihrer Luftabwehrsysteme ab. Dabei sollen nach unterschiedlichen Quellen 13 bis 20 Regierungssoldaten zu Tode gekommen sein. Als schließlich die Regierung und Prigoschin mit Vermittlung des weißrussischen Staatschefs Lukaschenko ihren Kompromiss abschlossen, standen die Söldner bereits 200 Kilometer vor der russischen Hauptstadt.