Der Zeit davoneilen

Die Zukunft des Reisens

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Bis vergangenen Donnerstag tagten mehr als 200 internationale Raumfahrt-Experten unter dem Motto „Neue Wege ins All – Konzepte, Technologien, Missionen, Visionen“ in Barcelona, um über neue Trends im kleinen Kosmos der Weltraumwissenschaft zu diskutieren und zukunftsweisende Ideen zu präsentieren. Einen von vielen interessanten Ansätzen präsentierte Dr. Hubert Reile, Programmdirektor Weltraum des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) auf der Konferenz: Den Flug von Frankfurt nach Sydney in 90 Minuten.

Vielleicht in 20 Jahren das neue Transportmittel der Zukunft, das raketenangetriebene Interkontinentalflugzeug SpaceLiner. Bild: DLR

Die beste Technik aus der Luft- und Raumfahrt soll im DLR-SpaceLiner zusammengefügt werden, um den Flugreisenden in ca. 20 Jahren sehr viel Reise-Zeit zu ersparen. Wer denkt da nicht an den Klassiker des französischen Schriftstellers Jules Verne: In 80 Tagen um die Welt? Über 130 Jahre später nutzt man die neuen technologischen Errungenschaften der Fliegerei und schafft es, natürlich nicht mehr so nostalgisch und abenteuerlich, wie die Protagonisten im Roman, dafür aber etwas komfortabler eine Reise um die Welt mit Zwischenstopps innerhalb sechs Wochen durchzuführen, wobei es jedem selbst überlassen bleibt, diese zeitlich auszudehnen. Wem es aber nur um die Geschwindigkeit geht, der sollte vielleicht einfach noch ein paar Jahre warten, denn in Zukunft sprechen wir dann nicht mehr über Wochen, sondern über Tage.

Reisen in der Zukunft

Wissenschaftler der DLR haben eine Konzeptstudie entworfen, wie bestehende aber auch erst in Zukunft noch zu entwickelnde Weltraum-Technik genutzt werden kann, das bestehende Transportwesen (Mensch und Güter) zu verbessern und zwar aus ökonomischen und ökologischen Gesichtspunkten. Heraus kam eine Symbiose aus Flugzeug und Raumtransporter, der SpaceLiner, ein ultraschnelles Interkontinentalpassagierflugzeug, das auf einem raketenangetriebenen zweistufigen und mehrfachverwendbaren Trägersystem basiert. „Wir versuchen damit einen neuen Schritt in der Transporttechnologie zu begehen“, so Martin Sippel, einer der dafür verantwortlichen DLR-Wissenschaftler. „Da muss noch Forschung reingesteckt werden. Aber mit dieser neuen Technologie besteht die Möglichkeit, in 90 Minuten von Frankfurt nach Sydney fliegen“.

Wir müssen uns einfach vom herkömmlichen Denken lösen und mit neuen Ansätzen und Ideen neue Märkte für raketenangetriebene Träger erschließen.

So könnte ein Interkontinentalnetz für den SpaceLiner aussehen, das einige der wichtigsten Kontinente erschließt. Bild: DLR

Herausforderungen

Der mit Wasserstoff/Sauerstoff-Flüssigtriebwerken ausgestattete Space-Flieger wird senkrecht ähnlich der Space Shuttle in eine Höhe von etwa 100 km fliegen, dabei werden die Passagiere einer Belastung von max. 2,5 G ausgesetzt. Dort oben wird er in die entsprechende Richtung „gleiten“ und dann wieder senkrecht in die Atmosphäre zum Landen ansetzen, nach der Skipping-Methode. Das aktuelle Konzept sieht vor, dass der SpaceLiner ca. 50 Passagiere transportieren kann. In weniger als 1,5 Stunden können Entfernungen von 17 000 km überbrückt werden. Obwohl die Space-Shuttle-Technologie über 25 Jahre als ist, müssen Schlüsseltechnologien verbessert werden, um den SpaceLiner als sicheres Transportmittel zu realisieren:

  1. Zuverlässigkeit und Sicherheit
  2. Langlebige raketenangetriebene Trägersysteme
  3. Effektives Kühlverfahren
  4. Abschussrampen und Landebahnen

Eine besondere Herausforderung wird die Kühlung sein, denn der SpaceLiner muss für den Flug z. B. von Sydney nach Westeuropa 6,55 km/s bis auf eine Höhe von 75 km beschleunigen. Bei dieser Beschleunigung können Temperaturen an den Transporter-Rändern und der Nase zwischen 2100° und 2700° C erreicht werden, aktuelle thermische Schutzmaterialen halten diesen noch nicht stand. Deswegen muss ein neues Kühlverfahren entwickelt werden, einen vielversprechenden Ansatz als Kühlmittel bietet verdampfendes Wasser auf speziellem Keramikmaterial. Alternativ könnte auch über ein optimiertes Design nachgedacht werden.

Aktuelle Design-Version, oben das Interkontinental-Spaceflugzeug für max. 50 Passagiere und auf der Unterseite der wieder verwendbare Treibstoffbooster. Bild: DLR

Weltraumtourismus in greifbarer Nähe

Private Initiativen arbeiten schon länger daran, kostengünstige Raumtransporter zu entwickeln, um in Zukunft Touristen in einer Höhe von ca. 110 km für eine kurze Zeit das Weltraumvergnügen und die damit verbundene Schwerelosigkeit zu ermöglichen. Eine der aussichtsreichsten Firmen hat der Britte Richard Branson. Er wird mit seinem Unternehmen Virgin Galactic einer der ersten privaten Anbieter sein, die den Markt des Weltraumtourismus mit seinem Flieger SpaceShip2 ab 2009 erschließen möchte. Erste Tests werden 2008 in der nordamerikanischen Mojave-Wüste durchgeführt. Der Transporter kann max. acht Personen (sechs Touristen und zwei Piloten) in den Orbit und wieder zurück fliegen, das zweieinhalbstündige Vergnügen soll pro Person ca. 200 000 Dollar kosten.

Weltraumtourismus mit SpaceShip2. Bild: Virgin Galactic

In naher Zukunft: Fliegen mit Überschallgeschwindigkeit

Seit die Concorde der Air France sich zum letzten Mal am 31. Mai 2003 in die Lüfte erhob, gab es schon jede Menge neuer Pläne in den Schubladen, um ein besseres und schnelleres aber auch profitableres Highspeed-Flugzeug zu entwickeln – doch noch heute sitzen verschiedene internationale Konsortien an den Entwürfen – allein die Umsetzung lässt weiter auf sich warten. Vor einiger Zeit nun hat das US-amerikanische Konsortium Supersonic Aerospace International (SAI den US-Flugzeugbauer Lockheed Martin damit beauftragt einen neuen Überschall-Jet für die Businessflieger zu konzipieren. Dieses exklusive Flugzeug mit einer Länge von rund 40 Metern ist je nach Bestuhlung für maximal 14 Passagiere ausgerichtet und deshalb preislich auch in der Region einer Privatjet-Charter und nicht für das Reisebudget einer Familiereise gedacht.

Die Reiseflughöhe soll bei ca. 47 000 Fuß (etwas über 15 500 Meter) liegen. Für einen Trip von Chicago nach Paris würde man viereinhalb anstatt bisher achteinhalb Stunden benötigen - bei einer Reisegeschwindigkeit von rund 2000 km/h.

Überschall-Jet der Zukunft von SAI, aber die Klärung der Schadstoffbelastung steht noch offen

Auch die die NASA, Boeing und die Japanische Weltraumagentur (JAXA ) werden gemeinschaftlich in diesem Jahr ein Konzept für ein neues leises Überschallpassagierflugzeuge entwickeln, mit verbesserter ökonomischer Leistungsfähigkeit und einer neuen „Lärmverminderungtechnologie“. Ab 2020 sollen diese flotten Jumbos mit einer Aufnahmekapazität von 200-300 Passagieren und einem auch für den Normalverbraucher bezahlbaren Flug, das Reisen revolutionieren.

Doch in Zeiten weltweiter Diskussionen um Klimawandel deren negative Auswirkungen auf unser Umwelt muss man sich auch bewusst machen, dass Überschallflugzeuge in Höhen von 15-20 Kilometern zwar durch den geringen Luftwiderstand Treibstoff sparen, aber die Abgase direkt in die Stratosphäre, in der schädliche Moleküle stabiler sind als in der oberen Troposphäre, geschleudert werden. Neben dem Ausstoß von klimaschädlichem Kohlendioxid und Ozon, könnten die Stickoxide auch zum Abbau des Ozonschildes in der Stratosphäre beitragen.

Überschall-Jet für bis zu 300 Passagiere. Bild: JAXA

In weniger als 90 Minuten von Frankfurt nach Sydney - der DLR-Spaceliner

Die DLR-Studie "Spaceliner" führt das Beste und Zukunftsträchtigste aus Luft- und Raumfahrt zusammen: Demnach soll ein Flug von Europa nach Australien mit bis zu 50 Passagieren in weniger als 90 Minuten möglich ist. Selbst wenn der errechnete Flugpreis eher dem Preis eines Fluges in einem Privatjet für die gleiche Strecke entspricht, also nicht mit Touristen-Flugpreisen konkurrieren kann, wird von Marktanalysten (Futron, Suborbital Space Tourism Demand Revisited, August 2006.) für 2021 ein viel versprechender Markt von etwa 700 Millionen Dollar pro Jahr für 15.000 Highspeed-Fluggästen vorausgesagt. Als nächste steht auf dem Plan, die technische Machbarkeit zu demonstrieren, um für schnelle Verbindungswege in der Zukunft gerüstet zu sein.