Deutsche Bahn: Mehr Gewalttaten in Zügen

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Laut Bahnpolizei gibt es einen Anstieg der Gewalt. Attacken gegen das Personal will man mit einer besseren Dokumentation beikommen. Was hilft zum Schutz der Reisenden?

Gewalt in öffentlichen Verkehrsmitteln, bzw. die Angst davor, sorgt für eine Menge Klagen und Anekdoten im privaten Kreis und politisch kann das guten Nährboden für Rechtsauslegerparteien abgeben. "Gefühlt", so lauten die Klagen, komme es in öffentlichen Verkehrsmitteln, wo sich die Passagiere kaum aus dem Weg gehen können, in den letzten Jahren verstärkt zu Konflikten untereinander sowie mit dem Personal in Bussen und Bahnen. Was ist dran?

Da sich die polizeiliche Zuständigkeit bei öffentlichen Verkehrsmitteln auf unterschiedliche Behörden verteilt, ist ein bundesweiter Überblick nur schwer zu gewinnen. Am einfachsten gelingt es bei Zügen der Deutschen Bahn, für die die Bundespolizei als Nachfolgerin der früheren Bahnpolizei zuständig ist.

Bei anderen Verkehrsmitteln, die nicht den Schienenverkehr der DB auf Gleisen des Infrastrukturunternehmens DB Netze betreffen, liegt die Zuständigkeit im Bereich der jeweiligen Einheiten der Landespolizei.

Kurzer Rückgang durch Corona-Maßnahmen

Auf Bahnhöfen und in Zügen in Deutschland gab es im Jahr 2020 rund 16.300 Gewaltdelikte und damit über 1.600 weniger als im Vorjahr und da waren die Zahlen seit dem Höchststand im Jahre 2017 schon deutlich gesunken.

Nach Angaben der Bundespolizei entwickelten sich die Gewaltdelikte in Regional- und Fernzügen auf dem Gebiet der Bahnanlagen der Eisenbahnen des Bundes seit 2015 wie folgt:

″Bis zum Berichtsjahr 2018 erfolgte lediglich für Körperverletzungs- und Raubdelikte eine Zuordnung zu Zügen des Regional- und Fernverkehrs. Die Erfassung von Straftaten gegen das Leben, die persönliche Freiheit und die öffentliche Ordnung in Bezug zum Regional- und Fernverkehr erfolgte nach einer Anpassung der Erfassungsmodalitäten in der PES erst ab dem Berichtsjahr 2019,″ so die Bundespolizei zu ihrer Statistik.

Als PES wird die Polizeiliche Eingangsstatistik bezeichnet. Auffällig an den neuere und damit vergleichbaren Zahlen ist der inzwischen wieder deutliche Anstieg der Vorfälle.

Für das Jahr 2019 nennt die DB insgesamt 2.558 Angriffe allein auf Zugpersonal, so die DB Regio-Tochter Start.

Mit dem verstärkten Einsatz von Bodycams will die DB jetzt der zunehmenden Gewalt gegen ihr Personal begegnen und hofft, dass die bessere Dokumentation solcher Angriffe letztlich die Täter abschreckt. Das mag jedoch nur dann wirken, wenn man es mit Tätern zu tun hat, die überlegt und nicht rein impulsiv handeln.

Messerangriffe

Bei den gefürchteten Gewalttaten mit Messereinsatz gibt es anders als vielfach befürchtet kein Übergewicht bei zugewanderten Tatverdächtigen. ″Laut Bundespolizei wurde 2022 gegen 71 Tatverdächtige wegen Gewaltstraftaten mit Messereinsatz ermittelt. Davon waren 36 "Nicht-Deutsche".

Der Anteil der "nicht-deutschen" Tatverdächtigen bei schwerer Körperverletzung, Raub, Mord und Totschlag beträgt laut Bundespolizei 55,5 Prozent. Das ist etwas weniger als noch im Vorjahr, da lag der "Anteil bei diesen Delikten bei 57,6 Prozent″.

Nicht nur die DB ist von der steigenden Gewalt betroffen

Jenseits der DB sind auch andere Verkehrsunternehmen von der steigenden Zahl an Straftaten in öffentlichen Verkehrsmitteln betroffen. In Bussen und Bahnen im Stadtkreis Freiburg im Breisgau handelte es sich zumeist um Vermögens- und Fälschungsdelikte.

Darunter fallen alle Fälle des Schwarzfahrens. Bedrohungen und Körperverletzungen stiegen zuletzt in Bussen im Vergleich zum Vorjahr von vier auf sechs Fälle und in Straßenbahnen von 36 auf 52 Fälle. Es gibt jedoch nicht nur Vorfälle in den Verkehrsmitteln, sondern auch zwischen anderen Verkehrsmittel und dem ÖPNV.

Unfälle aus Fahrlässigkeit

In der Annahme, der Fahrer eines öffentlichen Verkehrsmittels müsse sich immer so verhalten, dass er Fehleinschätzungen anderer Verkehrsteilnehmer ungeschehen machen kann, setzen Autofahrer immer wieder unversehens zu einem nicht erlaubten Wendemanöver an und übersehen die sich im toten Winkel mit Höchstgeschwindigkeit nähernde Straßenbahn, deren Bremsweg deutlich länger ist als der eines gummibereiften PKW.

Regelverstöße, die in keiner Statistik auftauchen

Dass Busse und Bahnen nicht als Partylocation ausgestattet sind und es seinen Grund hat, dass meist auch ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass Essen und Trinken an Bord nicht erwünscht ist, wird von Fahrgästen immer wieder ignoriert, die dann auch davon ausgehen, dass sie mit ihrem Ticket auch die Berechtigung erworben haben, ihren Müll am Platz zurückzulassen, sorgt gerade im Regional- und Nahverkehr immer wieder für eine unangenehme Vermüllung.

Andere Fahrgäste sind darüber zwar nicht erfreut, halten sich jedoch vielfach gegenüber den Verursachern zurück, weil sie sich vor deren Reaktion fürchten. Da solche Regelverstöße üblicherweise nicht polizeilich erfasst werden, tauchen sie in keiner Statistik auf und somit gibt es von diesen meist als Einzelfälle bezeichneten Vorfällen keine statistisch belastbare Zahlen, sondern nur unsystematische Erzählungen.

Als Folge daraus gibt es bislang auch keine brauchbaren Ansätze, wie man die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel als Müllsammler verhindern könnte.