Die CDU, das Klima und Corona: "Es ist unsere Aufgabe, den Protest aufzugreifen"
Seite 2: Wirtschaft: "Alle Zeichen deuten auf einen Abstieg"
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Das sogenannte Heizungsgesetz hatte ja nun aber bei einigen große Empörung hervorgerufen, auch in Ihrer Fraktion. War diese Empörung denn wirklich gerechtfertigt?
Jens Spahn: Absolut. Dieses Ampelgesetz hat extrem viel Unmut im Land produziert. Weil die Bürger gemerkt haben: Hier wird aus ideologischen und parteipolitischen Gründen die Brechstange angesetzt. Es wird dabei weder effektiv noch pragmatisch gehandelt. Da ist es als Opposition unsere Aufgabe, den Protest aufzugreifen und Verbesserungen zu fordern. Wenn so schlecht regiert wird, können wir das nicht tolerieren.
Wie wird, kann und soll es denn mit dem Heizungsgesetz nach Ihrer Meinung weitergehen – nach der Sommerpause?
Jens Spahn: Die Ampel-Regierung will das Gesetz ohne richtige Beratung direkt nach der Sommerpause beschließen. Damit setzt sie ihr verkorkstes Verfahren fort und ignoriert das Bundesverfassungsgericht.
Wir als Union fordern einen Neustart des Gesetzes. Die Bürger erwarten ein gutes Gesetz, kein überhastetes. So wie es aktuell ist, werden wir ihm jedenfalls nicht zustimmen. Die Förderung ist immer noch unklar, die Anforderungen der Wärmeplanung werden viele Kommunen überfordern und die Hürden für Wasserstoffheizungen sind so hoch, dass es einem Verbot gleichkommt. Um nur einige Kritikpunkte zu nennen.
Viele Fachleute erwarten ja aber eine längere und stärkere Rezession. Geht es nun langfristig bergab mit der deutschen Wirtschaft? Und was wäre, wenn die Energiepreise noch einmal stark ansteigen?
Jens Spahn: Es ist nicht lange her, da hat der Bundeskanzler noch ein neues Wirtschaftswunder angekündigt. Davon sind wir meilenweit entfernt. Tatsächlich deuten gerade alle Zeichen auf einen Abstieg. Wir bräuchten jetzt eine wirtschaftspolitische Wende.
Aber was wäre denn Ihr Masterplan für die Transformation der Gesellschaft? Wie könnte man die Energiewende, die Wärmewende, die Klimawende, die Verkehrswende, den Umbau der Wirtschaft, Inklusion und Teilhabe anders und besser gestalten?
Jens Spahn: Wir müssen eine Agenda für Wachstum starten. Wir haben dazu eine Deutschlandstrategie vorgeschlagen. Sie umfasst vier zentrale Punkte. Erstens: eine Politik für stabile Finanzen. Zweitens: Die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts stärken. Drittens: Den Wettbewerb der besten Ideen nutzen durch Technologieoffenheit. Viertens: eine Agenda für mehr Souveränität.
"Das Aufstiegsversprechen muss wieder für alle eingelöst werden"
Wird China denn nicht die Wirtschaft des Westens in den nächsten Jahrzehnten vielleicht derart unter Druck setzen im Hinblick auf Produktivität und Wertschöpfung, dass die Marktwirtschaft auch im Westen "brutaler" wird? Oder wie könnte der Westen darauf anders reagieren?
Jens Spahn: Ich bin überzeugt davon, dass die soziale Marktwirtschaft einer Demokratie allen anderen Systemen überlegen ist. Dafür müssen wir uns aber wieder auf ihre Stärken besinnen. Starke Konkurrenz ist ganz sicher nicht die größte Herausforderung für unsere Unternehmen. Damit können sie in einem fairen globalen Wettbewerb umgehen. Allerdings ersticken sie derzeit in immer mehr Bürokratie. Hinzu kommen die hohen Energiekosten, der Mangel an gut ausgebildeten Fachkräften und ein Steuer- und Sozialsystem, das zunehmend leistungsfeindlich ist. Das sind die Felder, die wir angehen müssen.
Was sagen Sie denn zu den neuen Leitlinien der Bundesregierung zum Umgang mit China – auch im Hinblick auf etwaige verdeckte Spionage-Bedrohungen durch Wirtschaftsunternehmen wie etwa Huawei?
Jens Spahn: Die CDU/CSU-Fraktion hat bereits vor Monaten eine China-Strategie vorgelegt und darin unter anderem einen China-Check gefordert: Einen jährlichen Bericht, der die Abhängigkeiten gegenüber systematisch China analysiert und Konsequenzen ableitet.
Nun hat sich endlich auch die Ampel-Regierung positioniert. Allerdings klaffen Wort und Tat bei der Ampel bislang auseinander. Erinnern wir uns nur daran, wie Olaf Scholz die chinesische Beteiligung am Hamburger Hafenterminal gegen alle Bedenken durchgedrückt hat. Wenn die Ampel nun sagt, wir müssen unabhängiger von China werden, ist das richtig. Wir werden sie daran messen.
Aber haben denn nicht alle Parteien versäumt, alle Menschen wirtschaftlich "mitzunehmen" in die Wohlstands- und Leistungsgesellschaft? Auch die AfD macht den "Abgehängten" keine wirtschaftlichen Perspektiven auf.
Und selbst BKA-Präsident Holger Münch stellte zur Vorstellung der letzten polizeilichen Kriminalstatistik ungewohnt sozialpolitisch fest, dass Kriminalität fast immer das Resultat von Perspektivlosigkeit ist und konstatierte zur sozialen Ausgrenzung etwa durch Armut: "Was dagegen zu tun, ist lange bekannt".
Jens Spahn: Richtig ist: Das Aufstiegsversprechen muss wieder für alle in unserer Gesellschaft eingelöst werden. "Wohlstand für alle" war immer ein Pfeiler für Zusammenhalt in unserem Land. Was bei diesen Debatten aber gerne unter den Tisch fällt: Armut und Perspektivlosigkeit sind in den letzten Jahren in großem Umfang eingewandert.
Das hat Konsequenzen. Vom Kitaplatz über den Sprachkurs bis zum Wohnungsmarkt: wir sind in vielen Bereichen an der Belastungsgrenze. Der frühere Bundespräsident Joachim Gauck hat dazu treffend gesagt: Unsere Herzen sind weit, unsere Möglichkeiten aber endlich.
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