Die CDU, das Klima und Corona: "Es ist unsere Aufgabe, den Protest aufzugreifen"
Seite 3: KI: "Die Arbeit wird uns nicht ausgehen"
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Es ist ja nun aber ohnehin seit Jahren viel von Politikverdrossenheit die Rede – besonders nach den Krisen der letzten Jahre mit ihren wirtschaftlichen Auswirkungen im Alltag aller Menschen: Energiepreise, Inflation, Wohnungsnot, Armut, Umbau der Wirtschaft und des Arbeitsmarktes. Was muss getan werden, um diese Politikverdrossenheit zu bekämpfen? Oder droht gar eine Demokratieverdrossenheit?
Jens Spahn: Wir leben in einer Zeit multipler Krisen. Das führt naturgemäß zu Verunsicherung. Politik hat in solchen Zeiten die Aufgabe, Sicherheit zu geben. Dazu gehört, die von der Politik selbst geschaffene Veränderungen auf ein Minimum zu reduzieren.
Derzeit passiert das Gegenteil: Statt sich rundum auf die zentralen Aufgaben zu konzentrieren, möchte die Ampel unsere Gesellschaft nach ihren Vorstellungen umbauen. In der "Zeit" stand kürzlich der kluge Gedanke, dass man ein verkorkstes Heizungsgesetz nicht mit einer Neuregelung des Personenstandsrechts kompensieren kann. Das trifft es.
Kenner der Digital-Ökonomie wie Sascha Lobo warnen aber davor, dass KI und die akzelerierte Digitalisierung der Gesellschaft zum Ausschließen weiter Teile der Bevölkerung führen werden. Steht allen eine gewaltige Umwälzung bevor – mit und ohne Ampel?
Jens Spahn: Diese Sorge deckt sich nicht wirklich mit der Lage an unserem Arbeitsmarkt. Es fehlen längst Arbeitskräfte auf allen Qualifikationsstufen. Die Arbeit wird uns nicht ausgehen. Ich sehe eher die Chance, dass KI und Automatisierung unsere Arbeit wieder produktiver machen. Und das wird dringend nötig sein. Derzeit arbeiten so viele Menschen in Deutschland wie nie, die Produktivität ist aber nicht gestiegen. Allein, wenn wir Renten, Gesundheitssystem und Investitionen in Klimaschutz stemmen wollen, wird die Produktivität steigen müssen.
Schon Karl Marx als auch tatsächlich George W. Bush prognostizierten, dass Globalisierung letztlich die Armut weltweit besiegen würde. Braucht Globalisierung aber nicht humane Regeln, dass auch wirklich alle von der Globalisierung profitieren, wie ja schon unter der Großen Koalition der damalige CSU-Minister Müller einforderte?
Jens Spahn: Die Wahrheit ist, dass wir tatsächlich auf einem guten Weg sind, Armut, Hunger, Seuchen und Kindersterblichkeit in der Welt zu besiegen. Hunderte Millionen Menschen aus allen Teilen der Welt sind bereits aus der Armut gehoben worden. Wäre die Welt Marx gefolgt, hätte das nicht geklappt. Ein wichtiger Baustein ist, den freien Handel in der Welt zu intensivieren. Wir brauchen mehr Handelsabkommen, gerade mit Demokratien, mit unseren strategischen Partnern. Das macht uns weniger abhängig von einzelnen Ländern und fördert den Wohlstand weltweit.
"Die CDU ist keine linke Partei. Ein Glück!"
Vielen befürchten aktuell einen starken "Rechtsruck" der Union – weil Partei-Chef Merz die AfD "einfangen" möchte nach deren Umfrage-Hochs. Ist die Sorge der Mahner unter den Beobachtern vor einer solchen Entwicklung der CDU nach rechts nicht ganz unbegründet?
Jens Spahn: Ich habe bei diesen Diskussionen manchmal den Eindruck, einige vergessen, dass die CDU keine linke Partei ist. Ein Glück! Denn die demokratische Mitte hat auch eine rechte Seite. Der "Rechtsruck" ist ein Kampfbegriff. Wir tun als Union gut daran, uns frei von solchen Kategorien zu machen. Es geht darum, Positionen und Inhalte zu vertreten, die für unser Land und seine Bürger richtig sind.
Bereuen Sie im Nachhinein manchmal, vor der Corona-Pandemie Gesundheitsminister geworden zu sein? Und welche Maßnahme in den Lockdowns würden Sie mit heutigem Abstand auf keinen Fall noch einmal genau so treffen?
Jens Spahn:In dieser schweren Phase unserem Land und seinen Bürgern gedient zu haben, empfinde ich als Ehre. Ich habe dieses Amt mit allen Höhen und Tiefen sehr gerne ausgeübt. Die Schulschließungen waren in dieser Form rückblickend falsch. Was das für Kinder und Jugendliche bedeutet, war zu lange zu wenig im Blick.
Angela Merkel galt lange als "Klimakanzlerin". Wird Friedrich Merz der nächste Klimakanzler? Oder wird es Herr Wüst? Oder freut sich ein Dritter aus der CSU?
Jens Spahn: Erstmal freue ich mich, wenn auch Sie annehmen, dass die nächste Regierung von der Union angeführt wird. Wir sind uns in der Union alle sehr einig darüber, jetzt keine Personaldiskussionen zu führen. Friedrich Merz hat klar gesagt: Wir werden das rechtzeitig vor der Wahl entscheiden. Jetzt wollen wir über die Inhalte debattieren, die für den Kurs unseres Landes entscheidend sind.
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