Die Jakarta-Methode: Massenmorde unter falscher Flagge

Diktator von westlichen Gnaden: Haji Mohamed Suharto 1970 auf Staatsbesuch in Deutschland (hier: Berchtesgaden). Foto: Bundesarchiv / Engelbert Reineke / CC-BY-SA 3.0

Eine umfassende Aufarbeitung des "Indonesian Genocide" und der Rolle der CIA steht im Westen noch aus. Vincent Bevins Buch "Die Jakarta-Methode" ist ein Schritt nach vorn. Es wirft aber auch Fragen für Europa auf.

Die niedrigsten Schätzungen liegen bei 500.000 Opfern, basieren aber auf Angaben der Massenmörder selbst, realistischere Zahlen liegen bei drei Millionen Toten: Eines der großen Menschheitsverbrechen, der "Indonesian Genocide", dringt mit fast 60 Jahren Verspätung langsam ins Bewusstsein der westlichen Welt.

Vincent Bevins leistet in seinem jetzt auf Deutsch erschienenem Buch "Die Jakarta-Methode: Wie ein mörderisches Programm Washingtons unsere Welt bis heute prägt" eine längst überfällige Aufarbeitung. Er erweitert die Perspektive auf die geheimen Kriege der USA gegen den "Kommunismus" – was viele linksorientierte Organisationen von Gewerkschaften über Feministinnen bis zu Sozialdemokraten einschließt.

Als "Jakarta-Methode" bezeichnet Bevins den ungeheuerlichen Plan einer physischen Vernichtung aller "Kommunisten" im Machtbereich der USA durch systematischen Massenmord – nach dem Muster des "Indonesian Genocide" 1965/66.

Bevins Buch basiert auf freigegebenen Geheimdokumenten, wissenschaftlicher Literatur und eigenen Interviews mit überlebenden Opfern, deren Biographien er einfühlsam mit historischen Fakten verknüpft.

Bevins zeigt die Anwendung der Jakarta-Methode in mindestens 23 Ländern Asiens, Afrikas und Lateinamerikas, schildert von der CIA inszenierte Militärputsche vor allem in Brasilien, Chile und Guatemala, die Hunderttausende Tote forderten.

Dabei ist seine Dokumentation möglicherweise lückenhaft, denn auf seiner Weltkarte, die "vorsätzliche Massenmorde zur Beseitigung von Linken oder mutmaßlichen Linken" zeigt, bleibt der europäische Kontinent weiß. Bevins übersieht, wie das im Andreotti-Skandal 1990 aufgeflogene geheime Gladio-Netzwerk ("Stay behind") im Grunde ähnlich in Westeuropa operierte. Zwar mit deutlich weniger Todesopfern, aber mit derselben Bereitschaft, über Leichen zu gehen, um zu verhindern, dass sich das Kräfteverhältnis nach links verschiebt.

Indonesiens Präsident entschuldigt sich für Massenmorde

Der international bekannte US-Journalist Vincent Bevins schreibt für Leitmedien wie die Washington Post, die Financial Times, den Guardian, war Korrespondent in Südostasien und Brasilien. Er interviewte den späteren Präsidenten Jair Bolsonaro für die Los Angeles Times, als den "verlässlich rechtsaußen stehenden Abgeordneten" noch niemand kannte.

Bevins spricht zahlreiche Sprachen und lebte jahrelang in Jakarta, der Hauptstadt Indonesiens. Dort zeigt sein Enthüllungsbuch vielleicht schon erste Wirkung, denn vor zwei Jahren schrieb Bevins noch:

Im Jahr 2005 wurde Joko ‚Jokowi‘ Widodo zum Bürgermeister von Solo gewählt. 2014 schaffte er es zum Präsidenten Indonesiens. Seine Kandidatur wurde von Menschenrechtsgruppen unterstützt, von denen viele dachten, er würde als erstes Staatsoberhaupt, das nicht aus Suhartos militärisch-oligarchischem Zusammenhang kam, die Verbrechen von 1965 anerkennen… Sie lagen falsch… 2019 wurde er für eine weitere fünfjährige Amtszeit wiedergewählt.


Bevins, S. 341

Doch im Januar 2023 erlebte Indonesien, das viertvolksreichste Land der Welt, eine Überraschung: Präsident Jokowi entschuldigte sich endlich, wenn auch zaghaft, für Verbrechen der indonesischen Suharto-Diktatur. Hat Bevins Buch Wellen bis nach Jakarta geschlagen?

Bislang dominiert dort auch 58 Jahre später noch die Vertuschung der Verbrechen, denunziert man sogar weiterhin die Opfer als Täter: Feministinnen von Gerwani, damals eine der größten Frauenrechtsorganisationen der Welt, indonesische Gewerkschafter und vor allem die Mitglieder der PKI, der seinerzeit nach der KP Chinas und der KPdSU drittgrößten Kommunistischen Partei der Welt, die 1966 praktisch ausgelöscht wurde.

Die Wahrheit über die gewaltsamen Ereignisse von 1965/66 blieb jahrzehntelang verborgen. Im Kielwasser jener Gewalt wurde eine Diktatur errichtet, die der Welt Lügen auftischte, während die Überlebenden stumm blieben -sei es, weil sie inhaftiert waren oder zu verängstigt, die Stimme zu erheben. Nur dank der Anstrengungen heldenmütiger indonesischer Aktivisten und engagierter Wissenschaftler in vielen Teilen der Welt können wir nun die Geschichte offenlegen.


Bevins, S. 9

Erst 2012 gab die Regierung in Jakarta bezüglich des Indonesian Genocide zu, "dass damals schwere Menschenrechtsverletzungen begangen wurden". Zunächst ohne Entschuldigung, vielleicht nicht nur, um eine Strafverfolgung der Täter weiterhin zu blockieren, vielleicht auch aus außenpolitischen Gründen.

Ausgeführt wurde die Jakarta-Methode meist unter Ägide der CIA, wobei durch Operationen unter falscher Flagge und Propaganda die Schuld für verübte Verbrechen soweit möglich den Opfern, den "Kommunisten", angehängt wurde, wie Bevins dokumentiert. In westlichen Medien vertuschte man die im Rahmen der Jakarta-Methode verübten Verbrechen gegen die Menschlichkeit seit 1965 mit Lügen und Halbwahrheiten als "Amoklauf", "Bürgerkrieg" oder "Niederschlagungen kommunistischer Aufstände".

Deutsche Leitmedien versäumten bislang eine Aufarbeitung des Indonesian Genocide, obwohl inzwischen bekannt wurde, dass auch der westdeutsche Geheimdienst BND den Massenmördern 1965 Geld und Ausrüstung geliefert hatte.

2015 hätte Indonesien als Gastland der Frankfurter Buchmesse Anlass geboten, zumal das von Anett Keller herausgegebene Buch "Indonesien 1965ff. Die Gegenwart eines Massenmordes" dort vorgestellt wurde. 2022 entfernte man im Zuge des Documenta15-Eklats sogar ein den Massenmord anklagendes Gemälde und warf den indonesischen Künstlern Antisemitismus vor. Die Aufarbeitung der westdeutschen Mitschuld am Indonesian Genocide blieb dagegen aus, das deutsche Feuilleton begnügte sich mit der vagen Ahnung "Es gab da Massenmorde".

Bei Vincent Bevins können wir jetzt mehr erfahren – mehr als einigen lieb sein mag.

Putsch, Massenmord und perfide Propaganda

1965 stürzte eine von der CIA gesteuerte Intrige den für die USA unbequemen Präsidenten Sukarno durch einen Militärputsch. Ablauf und Folgen werden von Vincent Bevins minutiös rekonstruiert. Bei dem Putsch, für den man die Kommunisten verantwortlich machte, wurden zunächst sechs führende Generäle ermordet – Bevins verweist auf einen ähnlichen Plot beim Putsch gegen Allende, dem in Chile 1970 der Mord am loyalen General Schneider vorausging (S.260).

In den folgenden Monaten der Jahre 1965/66 wurden brutale Massenmorde durch die indonesische Armee und teils durch islamistische Paramilitärs begangen. Millionen Menschen wurden in Lager gesperrt und grausam gequält. Möglich wurden die bestialischen Verbrechen auch durch eine perfide Propaganda-Kampagne zur Dämonisierung der PKI, der Millionen Mitglieder zählenden Kommunistischen Partei Indonesiens und besonders ihrer Frauenorganisation Gerwani:

Das Militär verbreitete die Geschichte, die PKI seit die Drahtzieherin eines gescheiterten kommunistischen Putsches gewesen. Suharto und seine Mannen behaupteten, die KP habe die Generäle auf den Luftwaffenstützpunkt Halim gebracht und ein dämonisches Ritual abgehalten.

Mitglieder der Frauenbewegung Gerwani hätten nackt umhergetanzt, während andere Frauen die Generäle gefoltert und verstümmelt hätten: die Genitalien abgeschnitten, die Augen ausgestochen und sie anschließend ermordet. Sie behaupteten, die PKI verfüge über lange Listen von Personen, die sie zu töten gedenke und habe bereits Massengräber vorbereitet.


Bevins, S.183

Etwa ein Viertel der indonesischen Bevölkerung war über Gewerkschaften, Kultur-, Jugend- oder Frauenorganisationen der überaus erfolgreichen PKI verbunden, somit wurden über zwanzig Millionen wehrlose Zivilisten potentielles Ziel der unbeschreiblich bestialischen Pogrome. Genaue Zahlen sind unbekannt, da historische Forschung und politische Aufarbeitung der Verbrechen verboten waren. Militärs brüsteten sich später, drei Millionen Kommunisten ermordet zu haben, mindestens eine Million Menschen wurden in Lager gepfercht, so Bevins:

Etwa 15 Prozent der Gefangenen waren Frauen. Sie waren einer besonders grausamen, geschlechtsspezifischen Gewalt ausgesetzt, die unmittelbar der von Suharto mit westlicher Hilfe verbreiteten Propaganda entsprang.


Bevins, S. 212

Zuvor hatte Bevins bei der Schilderung anderer US-Geheimkriege ähnliche Propaganda-Operationen beschrieben, etwa 1954 bei der Errichtung eines neokolonialen Regimes auf den Philippinen. Die philippinische US-Kolonie war von den Japanern erobert worden und nach 1945 strebten Widerstandskämpfer der "antijapanischen Volksarmee" Huk an die Macht. Die US-Regierung ließ bei der Aufstandsbekämpfung Napalm auf die "Huk-Rebellion" regnen und ersann, so Bevins, eine "bizarre psychologische Kriegsführung" in der Erfindung der "Figur eines Vampirs":

Es war eine dieser psychologischen Operationen, die Teil des Antiguerilla-Krieges war: Darin verbreiteten CIA-Agenten das Gerücht, dass ein Aswang, ein blutsaugender Ghul… aus der philippinischen Mythologie, frei herumliefe… Entsprechend stachen sie einem Huk-Rebellen, den sie getötet hatten, zwei Löcher in den Hals, ließen ihn ausbluten und auf der Straße liegen.


S. 58

Die Huk-Kämpfer gaben auf; und ein prowestliches Regime wurde errichtet.

West-Medien spielten mit

Genau wie diese Vampir-Story war auch Suhartos Version der kastrierenden Gerwani-Frauen frei erfunden. Doch der Diktator errichtete Denkmäler und Museen, die seine Version der Geschichte propagieren, und ließ sogar einen "schaurigen, dreistündigen Film" darüber drehen, der an jedem Jahrestag im Fernsehen gesendet wurde.

Die Armee führt ihn immer noch auf. Die von Suharto verbreitete Geschichte trifft einen Nerv, sie berührt einige der düstersten Ängste… die Verdrehung von Geschlechterrollen, der Angriff auf die Geschlechtsorgane starker Männer, ausgeführt von dämonischen Frauen – der Stoff für einen gut geschriebenen, reaktionären Horrorfilm.


S. 185

Heute wissen wir, dass neben der CIA mindestens noch britische, australische und westdeutsche Geheimdienste in die Verbrechen des Indonesian Genocide verwickelt waren. Bevins dokumentiert auch die Ähnlichkeit des Putsch-Drehbuchs mit dem ebenfalls CIA-intendierten Militärputsch in Brasilien 1964 und dokumentiert die Anwendung der Jakarta-Methode für viele weitere Geheimkriege der CIA in Asien, Lateinamerika und Afrika.

Kritisch dokumentiert Bevins, wie der abschreckende Erfolg dieser moralisch widerlichen Kampagne dazu führte, dass sie im US-Diskurs kaum diskutiert wurde, dann aber als Grundlage und Modell für geheime CIA-Einmischungskampagnen in zahlreichen anderen Ländern von Guatemala, Chile und Brasilien bis zu den Philippinen, Vietnam und Zentralamerika diente: die Jakarta-Methode.


Glenn Greenwald, The Intercept 21. 5. 2020

Die physische Vernichtung von politisch engagierten Menschen, die zu "Kommunisten" erklärt wurden, war Bevins zufolge maßgebliche Strategie des Westens und prägt bis heute unsere Welt.

Verschweigen und Vertuschen gegenüber den westlichen Öffentlichkeiten gehörte immer zu den zentralen Elementen dieser mörderischen Praxis. Westliche Medien standen treu auch an der Seite des neuen Diktators von Jakarta, Bevins kritisiert einen Artikel von C. L. Sulzberger aus der New York Times vom 13. April 1966, Titel "When a Nation Runs Amok":

Er wiederholte die Lüge, wonach Mitglieder der KP die Generäle am 1. Oktober getötet hätten, zudem aufgeschlitzt und gefoltert von Gerwani-Frauen. Er fuhr fort zu beteuern, dass ‚die Indonesier liebenswürdig‘ seien; doch hinter ihrem Lächeln verberge sich ‚diese seltsame malaiische Ader, diese innere, rasende Blutrünstigkeit, die anderen Sprachen eines ihrer wenigen malaiischen Wörter gegeben hat: amok.‘ Der malaiische und indonesische Begriff amok bezog sich eigentlich auf eine traditionelle Form des rituellen Selbstmord.


Bevins, S. 211

Am 18. Juni 1966 hatte mit James Reston ein weiterer Journalist der New York Times Putsch und Massenmorde in Indonesien sogar als "Lichtblick in Asien" gelobt. Vor dem Hintergrund des nicht so gut laufenden Vietnam-Krieges erschien Reston der Indonesian Genocide als Wichtigste in einer Reihe "hoffnungsvoller politischer Entwicklungen in Asien". Er rühmte seine Regierung in Washington dafür, den Diktator Haji Mohamed Suharto mit "verborgener Unterstützung" an die Macht geputscht zu haben, wie Bevins auf Seite 216 anmerkt.

Aber wie konnten die internationale Presse und das US-Außenministerium völlig unbeeindruckt davon bleiben, dass all das durch Massenmord an unbewaffneten Zivilisten erreicht wurde? Howard Federspiel vom State Department brachte die Antwort perfekt auf den Punkt. "Das kümmerte niemanden", erinnerte er sich, "solange es Kommunisten waren, die abgeschlachtet wurden".


Bevins, S. 217

Suhartos Putsch von 1965

Über den genauen Ablauf des Putsches streiten sich bis heute die Historiker. Am 30.September 1965 wurden sechs Sukarno loyale Militärführer ermordet, darunter der Armeechef Ahmad Yani. Aus den undurchsichtigen Intrigen hinter diesem Putsch ging überraschend General Suharto als starker Mann hervor. Bevins versucht, etwas Licht ins Dunkel zu bringen:

Seltsamerweise übernahm General Suharto am 1. Oktober das Heereskommando – und nicht etwa Washingtons langjähriger Günstling Nasution, der ranghöchste Offizier des Landes, der gerade die vergangene Nacht überlebt hatte. Der Rollentausch war dermaßen unerwartet, dass mehrere zentrale Akteure Wochen brauchten, um zu begreifen, dass Suharto tatsächlich das Sagen hatte.


S. 181

Ahmad Yani hatte Suharto einige Jahre zuvor bei Korruption erwischt und ihn persönlich verprügelt, wie Bevins schreibt und damit Rachemotive andeutet. Zum Putschzeitpunkt war Suharto Chef des Strategischen Kommandos und laut Bevins "ausgebildet worden von Suwarto, einem engen Freund von Guy Pauker, der ein Berater der RAND Corporation war, einem Thinktank im Umfeld des US-Militärs".

Sukarno blieb formal noch bis März 1966 im Amt, aber machtlos, "denn Suhartos Kräfte schlachteten die Menschen vom linken Flügel der indonesischen Politik buchstäblich weg." (S.207) Zusätzlich verursachte Suharto, unterstützt von der US-Regierung, eine Hungersnot und ermutigte "antikommunistische Studentengruppen" zu Protesten.

Dann erzwang Suharto den Rücktritt von Sukarno und stellte sich als Retter des Landes dar. Die USA lockerten ihren "ökonomischen Würgegriff" und der US-Konzern Freeport bekam nur Tage nach Suhartos Machtübernahme Zugriff auf die Grasberg-Mine, die größte Goldlagerstätte der Welt (S.208).

Die Jakarta-Methode und "Stay Behind"

Etwas rätselhaft bleibt Vincent Bevins fehlende Einbeziehung der geheimen paramilitärischen Netzwerke, die in Westeuropa ab 1990 unter dem Stichwort "Gladio" enthüllt wurden. Bevins verfolgt die Drahtzieherrolle von Frank Wisner, der rechten Hand von CIA-Boss Allen Dulles, beim Jakarta-Putsch und stößt dabei auf Gladio. Doch er begnügt sich mit zwei kurzen Erwähnungen, die sich nur auf eine vertuschende Darstellung der Ereignisse beziehen:

Gewiss war die CIA immer noch in Europa aktiv und intrigierte auf eine Art und Weise, die wir bis heute nicht völlig erfassen. Die "Stay behind"-Netzwerke der Operation Gladio etwa, die in Wisners frühen Tagen entstanden, existierten bis in die 1980er-Jahre. Doch als die europäischen Regierungen für die Bürger zu weit nach rechts rückten, wechselten die Wähler zu linken Parteien und umgekehrt – was im Rahmen des Erlaubten war.


Bevins, S.251 f.

Wir mögen die Verbrechen der Gladio-Paramilitärs vielleicht "bis heute nicht völlig erfassen". Aber zahlreiche strafrechtliche Ermittlungen, Gerichtsurteile und Abschlussberichte parlamentarischer Untersuchungskommissionen allein aus Italien zeigen weit mehr als Bevins bewusst ist. Gladio existierte mindestens bis 1990 und der Wechsel von Wählern zu "linken Parteien" lag für die Drahtzieher von Gladio in London und Washington durchaus nicht immer "im Rahmen des Erlaubten".

Besonders in den Frontstaaten des Kalten Krieges, Westdeutschland, Italien, Griechenland und Türkei, tobte sich der fanatische Antikommunismus der McCarthy-Ära, den Bevins als Ideologie hinter der Jakarta-Methode sieht, weidlich aus.

Die deutsche Journalistin Regine Igel (Zeit, SZ, NZZ) lebte 18 Jahre in Italien und verfolgte akribisch die Regierungskrise 1990 um Giulio Andreotti, die Gladio letztlich endgültig auffliegen ließ. In ihrem Buch "Andreotti. Politik zwischen Geheimdienst und Mafia" (1997) sowie dessen überarbeiteter Neuausgabe "Terrorjahre: Die dunkle Seite der CIA in Italien" (2006) zeigt sie, wie Andreotti, der übermächtige Pate der italienischen Politik, erst als Verteidigungsminister den Aufbau von Gladio betrieb und später als mehrfacher Ministerpräsident von Gladio-Terroraktionen profitierte.

Andreotti steht im Zentrum eines Spinnennetzes zwischen Mafia, CIA sowie der Geheimloge P2 und reißt bei seinem Sturz 1990 durch entgleisende Schutzbehauptungen geheime Teile der Verschwörung mit sich ins Licht der Öffentlichkeit. Es folgte eine Flut von Ermittlungen der Justiz und des Parlaments in Rom.

Nur so konnte letztlich mehr über das streng geheime Wirken von Nato, Neofaschisten, Geheimdiensten und Organisierter Kriminalität herausgebracht werden. Leider erreichte die Öffentlichkeit nur wenig davon, was für die Effizienz der medialen Krisenbewältigung der Geheimdienste spricht.

Wer die Lektüre dicker Bücher jedoch nicht scheut, kann sich aus zuverlässiger Quelle über Hintergründe informieren. So gibt Regine Igel tiefe Einblicke in die Arbeitsweise des Gladio-Netzwerks im Rahmen der sogenannten "Strategie der Spannung" der Nato.