Die Meere erwärmen sich immer schneller
Energie und Klima – kompakt: Die Erderhitzung verläuft ungleich, wie eine neue Studie aufzeigt. Große Anteile der Sonnenenergie werden von den Ozeanen aufgenommen. Warum das zunehmend zu einem Problem wird.
Treibhausgase wie Wasserdampf, Kohlendioxid (CO2) und Methan sorgen dafür, dass die Wärmeenergie, die Tag für Tag, Stunde für Stunde von der Sonne auf die Erde niederprasselt, dann in Bewegungsenergie und Verdunstung umgesetzt und wieder abgestrahlt wird, nicht ungehindert wieder in den Weltraum entschwinden kann.
Vielmehr wird die Wärmeabstrahlung der Erde und der Meeresoberfläche von den Gasen teilweise absorbiert, wodurch diese sich und anschließend die umliegende Luft erwärmen. Natürlich strahlen sie diese Wärmeenergie ihrerseits wieder ab, allerdings nicht nur nach oben in den Weltraum, sondern auch zu den Seiten und nach unten. Insgesamt wird dadurch mehr Energie im Klimasystem gespeichert.
Man kann das mit einem Eimer unter einem laufenden Wasserhahn vergleichen. Je höher der Eimer, desto mehr Wasser wird aufgefangen, auch wenn das Wasser letztlich über den Rand des Eimers abfließt. Stünde kein Eimer unter dem Wasserhahn, würde kein Wasser aufgefangen. Ohne Treibhausgase wäre die Erde etwa 30 Grad Celsius kälter und ein Eisball. Das Leben hätte sich nie entwickeln können.
Vor rund 200 Jahren hatte das bereits der französische Mathematiker und Naturforscher Jean-Baptiste Joseph Fourier erkannt. Andere wie John Tyndall und Svante Arrhenius haben später im 19. Jahrhundert gezeigt, welche Gase für den Treibhauseffekt verantwortlich sind, und berechnet, wie sich das Klima erhitzen wird, wenn immer mehr CO2 in die Luft emittiert wird.
Genau das passiert inzwischen. Die CO2-Emissionen sind auf historischem Rekordniveau und immer mehr Wärmeenergie wird im Klimasystem eingefangen. Doch wie viel ist es und wo bleibt sie?
Klar ist seit Langem: Nur ein kleinerer Teil trägt zur Erwärmung der Atmosphäre bei, worauf gewöhnlich hingewiesen wird, wenn von einer Beschränkung des Klimawandels auf 1,5 oder "deutlich unter zwei Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau" die Rede ist.
Der Frage nach der Wärmeenergie ist ein 70-köpfiges internationales Team von Forscherinnen und Forschern aus Dutzenden Instituten nachgegangen. Die Ergebnisse wurden kürzlich im Earth System Science Data, einem Open-Access-Wissenschaftsmagazin des EU-Klima-Programms Copernicus, veröffentlicht.
Das Ergebnis: 89 Prozent der zusätzlichen Energie wurde von den Ozeanen aufgenommen, vier Prozent vom Eis, sechs Prozent von der Landoberfläche und ein Prozent von der Atmosphäre. Besonders wichtig: Das Klimasystem ist aus dem Gleichgewicht gebracht worden und wird es in absehbarer Zeit bleiben.
Meeresspiegel: Auch bei 1,5 Grad plus starker Anstieg
Der Wärmeinhalt der Ozeane und die Größe der Eismassen entsprechen noch nicht den durch die höhere Konzentration der Treibhausgase in der Atmosphäre veränderten Rahmenbedingungen. Mit anderen Worten: Die Wände des Eimers wurden erhöht, und dieser hat sich noch nicht wieder gefüllt, ist also zurzeit noch nicht wieder am Überlaufen.
Es wird also noch mehr Wärmeenergie im Klimasystem gespeichert werden, selbst, wenn die Emissionen sofort eingestellt würden. Daher hatte auch der Weltklimarat, der IPCC, in seinem letzten Bericht über die physikalischen Grundlagen des Klimawandels darauf hingewiesen, dass die Meere auf jeden Fall noch sehr lange weiter steigen werden. Wenn die Erwärmung auf 1,5 Grad gegenüber dem vorindustriellen Niveau begrenzt würde, wird der mittlere Meeresspiegel in den nächsten 2000 Jahren noch immer um zwei bis drei Meter steigen.
Besonders besorgniserregend an der jüngsten Studie ist, dass sich die Wärmeaufnahme der Ozeane in den letzten beiden Jahrzehnten deutlich beschleunigt hat. Das ist in mehrfacher Hinsicht eine schlechte Nachricht.
Wärmeres Wasser macht vielen Arten zu schaffen, verändert Ökosysteme und führt zur Abwanderung und Artensterben. Insbesondere Korallen können bei hoher Temperatur nicht mehr mithalten und stoßen zunächst die einzelligen Algen, mit denen sie in Symbiose leben, ab und bleichen aus. Halten die Auslöser, die Hitzewellen im Wasser, zu lange an, sterben oft ganze Riffe ab.
Wärmeres Wasser bedeutet außerdem ein Ansteigen der Meere durch die sogenannte thermische Expansion. Wie jeder andere Stoff auch, dehnt sich Wasser bei Erwärmung aus, wodurch der Meeresspiegel steigt. Zudem nagt das Wasser – je wärmer, desto mehr – an den Unterseiten des Schelfeises.
Dabei handelt es sich um Gletscherzungen, die auf Grönland und mehr noch in der Antarktis vom Land ins Meer fließen. Je dünner dieses Schelfeis durch das Schmelzen an seiner Unterseite wird, desto weiter kann das Wasser unter das Eis vordringen.
Das kann insbesondere auf flachen Meeresgrund, wie es ihn in einigen Gebieten der Westantarktis gibt, mitunter sehr schnell gehen, wie kürzlich eine britisch-norwegische Studie herausfand, über die wir gestern berichtet haben.
Wärmeres Wasser bedeutet schließlich auch, dass weniger CO2 aus der Luft aufgenommen wird. Bisher absorbieren die Ozeane rund ein Viertel der Treibhausgase, die durch menschliche Aktivitäten emittiert werden. Doch mit zunehmender Erwärmung wird dies weniger werden, sodass mehr CO2 dauerhaft, das heißt für mehrere Jahrtausende, in der Atmosphäre verbleibt.
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