Die rechten Methoden einiger Linker

Seite 2: Menschenrechtler, nicht Männerrechtler

Es wäre keine Medizin mehr möglich, würden wir weiter rigoros das Ineinandergreifen von personalen Zuschreibungen untersagen, wie es eine pseudoakademische, pseudolinke Cancel Culture allzu gern vorzugaukeln versucht. Kein Psychologe und kein Freund könnten einem noch helfen. Am Ende wäre jeder genau das, was die Masse zu verhindern sucht: allein.

Umso besser daher, dass sich in der Sache nun ein großer Mann der SPD eindeutig positioniert. Vielleicht sollte ich wieder eintreten, dachte ich kurz, bevor die Führung dieser schmerzhaft verblühenden Partei sich die Peinlichkeit leistete, ihre Scham über den Beitrag kundzutun.

Thierse bot seinen Austritt an. Sehr überraschend war das allerdings nicht, ist die pseudolinke Cancel Culture doch längst in der SPD und ihrem Umfeld zuhause.

Daran erinnerte mich auch ein sehr freundlicher Leserbrief, der mich nach meinem Verhältnis zum Feminismus fragte. Im Tumult der Impfdebatte würden hier und da Zweifel geäußert, ob ich denn nicht einfach nur ein Männerrechtler sei.

Ich zog das Bonmot von Esther Vilar, das sie in der legendären Talkshow mit Alice Schwarzer verwandte: Nein, Menschenrechtler. Schließlich ist schon der Versuch, eine durch die Entlastung der Intensivmedizin auch für Frauen günstigere Impfkampagne mit diesem Begriff zu verhindern Zeugnis des destruktiven Charakters auch dieser Hälfte der Doppelmasse.

Aber zum Beweis meiner vermeintlich schlimmen Männerrechtlerei, die die Zahlen von Toten und Intensivpatienten außer Kraft setzen soll, verwies der Leserbrief auf eine Publikation der Friedrich-Ebert-Stiftung, in dem eine Erzählung aus meinem Manifest wiedergegeben wird, das die Befreiung des Mannes aus seinem engen Selbstverständnis und immer gleichen Lebensentwurf postuliert, denn "als Junge wird man geboren, zum Übermann aber wird man gemacht."

Der Autor der Publikation der Friedrich-Ebert-Stiftung, Robert Claus, unterstellt mir, den Antifeminismus salonfähig zu machen. Um dies zu belegen schreibt er allerdings eine Szene aus meinem Buch so drastisch um, dass sie nicht wiederzuerkennen ist. Einen von mir erzählten autobiografischen Alptraum von einer Abtreibung, gibt Claus nicht als Alptraum wieder, sondern als eine von mir wertend erzählte reale Begebenheit.

Um seine Behauptung meines angeblichen Antifeminismus weiter zu stützen, veränderte er in seiner Wiedergabe aber noch weit mehr. So verbannt er den Erzähler von der Seite der schwangeren Frau, wo er während des Eingriffs die Hand hält, in den Nebenraum.

Statt der absurden Situation im Alptraum, in dem die Freundinnen von der Straße aus durch ein großes Fenster den Abbruch beobachten und dazu rauchen und lachen, ist der Icherzähler bei Robert Claus also in einem Nebenraum, vor dessen Fenster die Freundinnen warten.

Mal abgesehen von der immensen Verletzung der geschilderten Gefühle: Blank lügen, ist das links oder doch eher rechts? Und das ist nicht mal ein Tweet, sondern wird seit Jahren so von der Friedrich-Ebert-Stiftung vertrieben. Ich schrieb ihm übrigens, und er antwortete, tat aber unwissend.

Front gegen den ursprünglichen Feminismus

Diesen Alptraum zu erzählen, ist auch für mich als Schriftsteller ein intimer Vorgang. Ich habe die Schilderung übrigens nur mit dem Wissen um und in der Tradition des legendären Titels des Magazins Stern gewagt, auf dem vor Jahrzehnten Frauen ihre Schwangerschaftsabbrüche gestanden haben. Beides folgt der Denkschule von Olympe de Gouges, die im 18. Jahrhundert das Recht auf Bekanntgabe einer Vaterschaft forderte: Das ist ursprünglicher Feminismus.

Aber man findet die pseudolinken Canceler jetzt auf der Seite Napoleons, der die Bekanntgabe eines Vaters im Code civil unterband. Bis heute kommt in Deutschland niemand gegen diese Verfügung an, auch der Europarat nicht. Wie in der Debatte um das britische Gesetz gegen die implizite Zensur schon festgestellt wurde: Männer dürfen über Abtreibung nicht reden.

Und das soll noch Feminismus sein? Hat man nicht zwei Jahrhunderte ihre Beteiligung gefordert? Es war, was immer fehlte und heute zu queer für die Queeren ist. Dass die tageszeitung mir letztlich Abtreibungsneid attestierte hat mich übrigens nicht verletzt. Schließlich ist kaum ein deutlicheres Beispiel für das vorstellbar, was Frantz Fanon die komplementäre Neurose nennt: Die Bekämpfung der Freiheit des Anderen, wo Kampf für die eigene Freiheit sein sollte.

So behält vielleicht doch Katharina Rutschky recht, die einst spitz formulierte, die Fortschritte für Frauen seien durch technische, wirtschaftliche und medizinische Errungenschaften eingetreten, nicht durch die Bewegung.
Denn wie eng das Übermaß an Bashing mit den albernen Reden der Rechten zusammenhängt, sieht man an der ideologischen Ausschlachtung der niedrigen Geburtenquote als Grund nicht etwa für die Freiheit der Frauen, sondern für Überfremdung.

Die verirrte Rechte macht für beides wiederum den Feminismus verantwortlich. Und dann gibt es noch den Antrag der AfD auf ein Staatsstipendium zur Erforschung der Männerfeindlichkeit. Wohin das wieder führen würde, sieht man am besten am Umschlag des Buches "Der Weg der Männer", das der neurechte Antaios-Verlag vertreibt.

Die mit Speeren bewaffneten Totenköpfe auf dem Cover geben den orientierungslosen Inhalt gut wieder, sind aber auch nicht soweit vom Bild entfernt, das man auf dem politisch gegenüberliegenden Ende des Hufeisens mitunter meint vom irgendwie genetisch toxischen Gegner entwerfen zu müssen.

Ich empfehle spätestens hier kurz zu lachen und statt der Misandrie eher die falschen Freundschaften zu erforschen. Gegen Einsamkeit hilft jedenfalls Menschlichkeit, sobald man mit einer von Hunderttausenden ungenutzten Dosen geimpft ist.

Dazu gehören Ehrlichkeit und Sauerstoff. Nicht der Rausch mit möglichst vielen Unbekannten gleicher Farbe, Nation, Überzeugung oder Orientierung. Vom Geschlecht ganz zu schweigen.

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