Die ukrainische Gegenoffensive ist gescheitert
- Die ukrainische Gegenoffensive ist gescheitert
- Befestigte Stellungen, überlegene Artillerie und lückenlose Aufklärung
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Mit bisher katastrophalen Ergebnissen für die Ukraine läuft deren Gegenoffensive seit dem 4. Juni. Die Verluste übersteigen Prognosen bei Weitem. Wesentlicher Grund: der russische Minengürtel.
Die Regierung in Kiew muss liefern. Seit der Intervention Russlands in die Ukraine summieren sich die westliche Waffen- und Finanzhilfen auf deutlich über 130 Milliarden Euro. Dafür möchte die USA und ihre Verbündete militärische Erfolge sehen – und drängen Kiew seit Monaten zu einer Offensiv-Operation.
Jetzt zeigt sich, dass die Ukraine nicht zu erfolgreichen Offensivaktionen in der Lage ist, wie etwa noch im September 2022 im Raum Charkow – trotz milliardenschwerer Waffenlieferungen. Gerade einmal an einer Stelle haben die Ukrainischen Angreifer die erste Linie der russischen Verteidigungsanlagen erreichen, aber nicht durchbrechen können. Seit dem 27. Juli hat die Ukraine sogar netto Gebietsverluste zu beklagen, so der Youtube-Kanal WeebUnion, der Quellen beider Kriegsparteien auswertet.
Die Gründe sind vielfältig. Basis des russischen Abwehr-Erfolges ist die Ausgestaltung der seit dem Sommer 2022 vorbereitete Verteidigungslinie, die von russischen Medien auch Surovikin-Linie genannt wird.
Russland hat Verteidigungsbarrieren errichtet, wie es sie in Europa seit dem Untergang des Dritten Reiches nicht mehr gegeben hat. Die Verteidigungsanlagen orientieren sich geschickt an den geografischen Gegebenheiten und beziehen etwa Anhöhen, Flüsse, Wälder, Einschnitte oder Dämme mit ein – ein besonderes Augenmerk ist auf die Fortifizierung von Straßen und Kreuzungen gerichtet.
Tief gestaffelte Verteidigungsanlagen erstrecken sich von der Provinz Luhansk im Nordosten durch die besetzten Gebiete von Donezk und Saporischschja, folgt dem Lauf des Flusses Dnipro, passiert Cherson und endet am Zugang zur Halbinsel Krim.
Die militärische Entwicklung im Ukraine-Krieg (19 Bilder)
Die russischen Streitkräfte haben zusätzlich ganze Städte befestigt, um sie in Festungen hinter den Verteidignunglinien zu verwandeln. Besonders stark sind die Linien im südwestlichen Teil der Oblast Saporischschja, wo aktuell einer der Hauptstöße der ukrainischen Offensive zu verzeichnen ist. Dort sind mindestens drei hintereinander liegende Verteidigungslinien vorbereitet.
Alle Elemente der neuen, russischen Verteidigungslinien sind historisch hinlänglich bekannt: Drachenzähne, Panzergräben, Stacheldraht, Minen, Schützengräben, Geschützstellungen. Doch auf Basis dieser starken Defensivstellung kommen technische Innovationen zum Tragen.
Eines der größten Minenfelder der Welt
Die Grundlage des russischen Verteidigungserfolges bilden Minen. Russland hat den Bereich der Verteidigungsanlagen zu einem der größten Minenfelder der Welt gemacht – um die 170.000 Quadratkilometer sollen vermint worden sein, ein Gebiet mehr als halb so groß wie Italien.
Durch die komplexen Minenfelder kommt der Angreifer nur mit Hilfe spezieller Minenräumfahrzeuge, die durch die lückenlose Aufklärung ein leichtes Ziel für russische Streitkräfte sind. Veröffentlichte Videos lassen den Rückschluss zu, dass bereits ein erheblicher Teil des Minenräumgerätes der ukrainischen Armee durch russische Streitkräfte ausgeschaltet wurde. So verlor die ukrainische Armee an nur einem Tag drei finnische Minenräumpanzer vom Typ Leopard-2R, von denen nur sechs Modelle an die ukrainische Armee geliefert wurden.
Die ukrainischen Truppen versuchen, das vorgelagerte Minenfeld in Konvois zu überwinden, indem eine Kolonne von gepanzerten Fahrzeugen einem Minenräumpanzer hinterher fährt. Wird das Räumfahrzeug ausgeschaltet, ist die feststeckende Fahrzeugkolonne nur allzu oft ein leichtes Ziel für die gut eingeschossene, russische Artillerie oder Kamikaze-Drohnen – die ukrainischen Verluste sind immens.
Eine erhebliche Gefahr bedeuten außerdem fernverlegbare Minen. Erst vor kurzem haben die russischen Streitkräfte das ISDM Zemledeliye System in Dienst gestellt. Das ISDM Zemledeliye sieht aus wie ein Raketenwerfer und kann mit Hilfe von Satellitennavigation und Wettersensoren an jedem beliebigen Ort ein Minenfeld mit einer Breite von 105 Metern und einer Tiefe von 70 Metern anlegen– und das auf eine Distanz von bis zu 15 Kilometern.
Wahrscheinlich spielte das System eine Rolle bei dem berüchtigten Panzerangriff der 47. Mechanisierten Brigade der Ukraine Anfang Juni bei Mala Tomachka, bei dem mehrere Leopard-2-Panzer und sechzehn Bradley-Kampffahrzeuge aufgegeben werden mussten. Auch die Ukraine setzt fernverlegte Minen erfolgreich gegen russische Angriffe ein, wie etwa Anfang des Jahres in Wuhledar.
Minen mit High-Tech-Erkennungssystem
Das neue ISDM Zemledeliye-System ermöglicht es, Minen auf bestimmte Objekte wie gepanzerte Fahrzeuge oder Personen zu programmieren. Darüber hinaus kann das System die Fahrzeuge der eigenen Streitkräfte erkennen. Der ferngesteuerte Minenleger erstellt nach dem Einsatz eine Karte des verminten Gebiets. Jede Mine ist mit programmierbaren Selbstzerstörern ausgestattet. So soll sichergestellt werden, dass die Minenfelder nicht dauerhaft sind, sondern nach einer bestimmten Zeit deaktiviert werden, und das ohne menschliches Eingreifen.
Eine ähnlich spezialisierte Waffe mit entsprechenden Fähigkeiten gibt es auf Seite der Nato nicht. Allerdings lieferten die USA bisher offiziell über 14.000 fernverlegbare Minen des Typs RAAMS, die über herkömmliche Artillerie vom Kalliber 155 Millimeter verschossen werden können. Zusätzlich kann die Nato über die Mehrfachraketenwerfer MLRS und HIMARS die AT2-Panzermine fernverlegen.
Der Nachteil fernverlegter Minen ist, dass diese sichtbar auf dem Boden liegen und nicht getarnt oder eingegraben sind. Daher eignet sich diese Art des Ausbringung hauptsächlich, um schnelle feindliche Bewegungen, die unter Hast und Feuer vorgetragen werden, zu bekämpfen.