Drei Jahre Pandemie im Spiegel der Übersterblichkeitsstatistik
Seite 5: Wie erklären sich denn nun die Unterschiede?
- Drei Jahre Pandemie im Spiegel der Übersterblichkeitsstatistik
- Konvergenz der Übersterblichkeit im Zeitverlauf: 37 grau gescheckte Schafe
- Haben die Kontaktbeschränkungen geholfen?
- Haben die Impfungen geholfen?
- Wie erklären sich denn nun die Unterschiede?
- Abschließendes Fazit: Der "Schwedische Sonderweg" hat sich bewährt
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Bisher können wir festhalten: Die Kontaktbeschränkungen erklären statistisch nichts, und die Impfungen haben offenbar nur 2021 die Übersterblichkeit reduziert. Wir haben hier aber noch eine Reihe anderer Variablen getestet, die im Datensatz zur Verfügung gestellt werden.
Als besonders robust hat sich dabei der Zusammenhang zwischen dem Human-Development-Index (HDI) und der Übersterblichkeit erwiesen. Der HDI ist auf einen Wert von 0 bis 100 normiert und setzt sich aus drei Komponenten zusammen – dem monetären Wohlstand, der Lebenserwartung und dem Bildungsniveau der Bevölkerung.
Wie Abbildung 7 zeigt, haben Länder mit höherem HDI eine niedrigere Übersterblichkeit, und der statistische Zusammenhang ist dabei auch recht stark (R2=0,60).
Die Frage ist dann jedoch, wie sich dieser Einfluss von Wohlstand, Bildung und hoher Lebenserwartung auf das Sterbegeschehen erklärt. Man kann schließlich das Virus nicht mit Geldscheinen wegwedeln. Welche kausalen Zwischenglieder können aufgefunden werden?
Nehmen wir zunächst die gesundheitspolitischen Maßnahmen, also Instrumente, auf die die Behörden im Rahmen einer Pandemie – jenseits von Kontaktbeschränkungen und Impfungen – ebenfalls Einfluss haben: Mehr Coronatests und mehr Krankenhausbetten pro Kopf könnten die Übersterblichkeit reduzieren. Mehr registrierte Ansteckungsfälle könnten sie erhöhen. Die Statistik meldet jedoch Fehlanzeige (vgl. Tabelle 1).
Nehmen wir dann eine Reihe von Strukturgegebenheiten, auf die die Regierung keinen Einfluss hat, und die alle die Übersterblichkeit erhöhen könnten: Eine höhere Bevölkerungsdichte könnte den Ansteckungsverlauf beschleunigen.
Ein höherer Anteil von älteren Menschen an der Bevölkerung könnte die Vulnerabilität für das Virus erhöhen. Ebenso der Anteil der Raucher an der Bevölkerung. Auch hier meldet die Statistik: Falsches Vorzeichen oder nicht signifikant – also ebenfalls Fehlanzeige. Einzig eine erhöhte Todesrate durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen und die Diabetes-Prävalenz korrelieren positiv und signifikant mit der Übersterblichkeit (und negativ mit dem HDI) – hier ist tatsächlich eine Vermittlung zwischen HDI und Übersterblichkeit denkbar.
Tabelle 1: Getestete Variablen – erwartetes Vorzeichen, Korrelationskoeffizient, Signifikanz (+ p<0.10; * p < 0.05) und daraus resultierende statistische Bewertung |
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Variablen | Theoretische Erwartung | Korrelation mit Übersterblichkeit | Statistische Bewertung |
Strenge Regierung (Index) | minus | 0,26 | falsches Vorzeichen |
Vollständig geimpft ( Prozent Bev.) | minus | -0,46* | Vorzeichen richtig und Korrelation signifikant |
Geboostert ( Prozent Bev.) | minus | -0,45* | |
C19-Tests pro Kopf | minus | -0,09 | nicht signifikant |
Hospitalbetten pro Kopf | minus | -0,21 | nicht signifikant |
registrierte C19-Fälle ( Prozent Bev.) | plus | -0,32+ | falsches Vorzeichen |
Bevölkerungsdichte (Bev./qkm) | plus | -0,19 | falsches Vorzeichen |
Über-70-Jährige ( Prozent Bev.) | plus | -0,41* | falsches Vorzeichen |
Raucher männlich ( Prozent Bev.) | plus | 0,16 | nicht signifikant |
Raucher weiblich ( Prozent Bev.) | plus | -0,04 | falsches Vorzeichen |
Herz-Kreislauf-Todesrate | plus | 0,41* | Vorzeichen richtig und Korrelation signifikant |
Diabetes-Prävalenz ( Prozent Bev.) | plus | 0,41* | |
Human-Development-Index (HDI) | ? | -0,78* | überraschend starker Einfluss |
Lebenserwartung 2019 | plus | -0,74* | |
Bruttoinlandprodukt pro Kopf 2019 | minus | -0,63* |
Es bleibt am Ende dennoch etwas rätselhaft, wie der HDI auf die Übersterblichkeit einwirkt. Die identifizierten Wirkmechanismen – Impfungen, Diabetes-Prävalenz und Todesrate durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen – erklären nämlich nur einen kleineren Teil des Effekts. Der HDI hat direkt einen größeren Einfluss auf die Übersterblichkeit als indirekt über diese Vermittlungsglieder. Wir werden im abschließenden Fazit auf diese Erklärungslücke noch einmal zurückkommen.
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