EU rüstet auf: 150 Milliarden Euro für militärische Unabhängigkeit von USA

Harald Neuber
EU Fahnen vor dem Europäischen Rat von unten in den Himmel fotografiert, darüber blauer Himmel und Wolken

Bei der Aufrüstung will die EU jetzt hoch hinauf. Bild: Christophe Licoppe/ Shutterstock.com

EU will militärisch unabhängiger von USA werden. Das lässt sie sich 150 Milliarden Euro kosten. Einer aber schert aus.

Bei einem Treffen in Brüssel haben die Staats- und Regierungschefs der 27 EU-Länder am Montag darüber beraten, wie die Verteidigungsfähigkeit Europas gestärkt und die Unterstützung für die Ukraine ausgebaut werden kann. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bezeichnete das Gipfeltreffen als "Wendepunkt".

Ziel der Europäischen Union ist es, sich angesichts einer angenommenen Bedrohung durch Russland unabhängiger von der militärischen Unterstützung der USA zu machen. Um dies zu erreichen, sieht ein Plan der EU-Kommission Kredite in Höhe von 150 Milliarden Euro für Investitionen in Raketenabwehr, Drohnenabwehrsysteme und andere Verteidigungstechnologien vor.

Die Staats- und Regierungschefs diskutierten außerdem über einen Friedensplan für die Ukraine sowie Möglichkeiten, das Land finanziell und eventuell auch mit Truppen zu unterstützen. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj, der an dem Treffen teilnahm, zeigte sich dankbar für die Solidarität: "Wir sind sehr dankbar, dass wir nicht alleine sind", sagte er.

Schwüre an die Ukraine

Jeanna Smialek, Leiterin des Brüsseler Büros der New York Times, berichtete, dass die EU-Staatschefs während des laufenden Treffens vor allem "gelobten, an der Seite der Ukraine zu stehen". Allerdings war die Zustimmung nicht ganz einstimmig. "Ungarn hat sich einer gemeinsamen Unterstützungserklärung nach dem Treffen des Europäischen Rates nicht angeschlossen", so Smialek.

Einer schert aus

Es sei "das erste Mal seit Beginn der groß angelegten Invasion Russlands, dass die Einstimmigkeit der EU bei einer solchen Erklärung gebrochen ist". Ungarn war in der Vergangenheit bereits zurückhaltend, sich einem EU-Konsens in Bezug auf die Ukraine anzuschließen.

Frankreich precht vor

Der französische Präsident Emmanuel Macron erklärte zudem, dass Frankreich bereit sei, über eine Ausweitung des Schutzes durch sein Atomwaffenarsenal auf europäische Verbündete zu diskutieren. Dies wäre ein bedeutender Schritt hin zu einer stärkeren Einbindung der europäischen Staaten in die nukleare Abschreckung. Die Einsatzentscheidung werde aber in Paris verbleiben.

Die USA verhandeln

Parallel zu den Beratungen in Brüssel teilte der US-Sondergesandte Steve Witkoff mit, dass Vertreter der USA und der Ukraine in der nächsten Woche in Saudi-Arabien zusammenkommen wollen, um über eine Beendigung des Krieges zu sprechen. Dies zeigt, dass trotz der Bemühungen der EU um mehr Eigenständigkeit die Rolle der Vereinigten Staaten bei der Lösung des Konflikts weiterhin von zentraler Bedeutung ist.

Signal an Moskau

Die Beschlüsse des EU-Gipfels sind ein wichtiges Signal an Russland, dass die europäischen Staaten gewillt sind, enger in Verteidigungsfragen zusammenzuarbeiten und die Ukraine langfristig zu unterstützen. Durch die geplanten Investitionen in die Rüstungsindustrie und eine mögliche Ausweitung der nuklearen Abschreckung soll die Abhängigkeit von den USA verringert werden.

EU ist gespalten

Gleichzeitig macht das Treffen aber auch deutlich, dass die EU in Bezug auf die Ukraine-Politik keineswegs immer einer Meinung ist. Vor allem die Haltung Ungarns, das engere Beziehungen zu Russland pflegt, bleibt ein Unsicherheitsfaktor. Es ist fraglich, ob die EU ohne die Führungsrolle der USA in der Lage wäre, eine einheitliche Linie gegenüber Moskau zu vertreten.

Bilanz für Ukraine positiv

Für die Ukraine sind die in Brüssel getroffenen Entscheidungen trotz allem positiv zu bewerten. Die Zusage weiterer finanzieller Hilfen und einer möglichen militärischen Unterstützung durch EU-Staaten stärkt die Position Kiews in dem seit über einem Jahr andauernden Abwehrkampf gegen Russland. Präsident Selenskyj dürfte das Gipfeltreffen somit als Erfolg verbuchen können.

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Allerdings ist noch völlig unklar, ob die Beschlüsse ausreichen werden, um eine Wende in dem festgefahrenen Konflikt herbeizuführen. Solange Russland nicht zu substanziellen Zugeständnissen bereit ist, wird sich an der Situation auf dem Schlachtfeld wenig ändern. Die geplanten Gespräche zwischen den USA und der Ukraine in Saudi-Arabien lassen zumindest die Hoffnung auf eine diplomatische Lösung aufkeimen.

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Letztlich wird die Zukunft der Ukraine aber nicht in Brüssel entschieden, sondern auf den Schlachtfeldern im Osten des Landes und am Verhandlungstisch mit Moskau. Die EU kann die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Verteidigung und einen tragfähigen Frieden verbessern. Den Ausschlag geben wird aber die Frage, ob Russland irgendwann bereit ist, seine Aggression zu beenden. Bislang ist davon leider nichts zu erkennen.