Einträgliches Gift

Seite 2: Amerika - Abladeplatz für verbotene Ackergifte?

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Somit - und dies ist der eigentliche Skandal - wird sich der Einsatz von Glufosinat auf die Länder außerhalb der EU verlagern. Denn in den restlichen Teilen der Welt darf das Gift weiter gespritzt werden.

Die Nachfrage nach glufosinathaltigen Unkrautvernichtungsmitteln steigt - vor allem dort, wo Unkräuter gegen Glyphosat ("Roundup") resistent werden - insbesondere in den USA und in weiten Teilen Südamerikas.

Bereits 2013 hatte Bayer, während die EU die Verwendung des Wirkstoffes einschränkte, seine Glufosinat-Produktion in den USA erweitert.

Dass die BASF ähnlich leichtfertig mit Pestiziden und deren Nebenwirkungen umgeht wie Bayer, ist wenig beruhigend. So richtete das Herbizid Dicamba beim Ausbringen auf herbizidresistentem Gen-Soja von Monsanto in den USA auf benachbarten Feldern immense Schäden an.

Glaubt man den Angaben des gen-ethischen Netzwerks soll die Abdrift im vergangenen Jahr nicht resistente Pflanzen auf einer Fläche von insgesamt 1,4 Millionen Hektar zerstört haben.

Geschädigt werden Pflanzen, Tiere, Boden - und nicht zuletzt der Mensch. So hat in Südamerika der Anbau von Gen-Soja mit glyphosathaltigem Roundup tausende Menschen krank gemacht. Bis sich Glufosinat auf Mensch und Natur ähnlich schädlich auswirken wird, ist es nur eine Frage der Zeit.

Geheimniskrämerei bei der Zulassung

Bei all dem scheint die Bayer-Monsanto-Fusion das Machtgefüge der Mega-Konzerne weiter zu festigen. Bald üben immer weniger und mächtigere Agrarkonzerne immer mehr Kontrolle über die globale Lebensmittelproduktion aus, während immer neue gentechnisch veränderte Pflanzen zunehmend Resistenzen gegen Herbizide hervorbringen.

Die Abhängigkeit der Landwirte von Pestiziden wächst, die Artenvielfalt wird dezimiert, die menschliche Gesundheit gefährdet. Konzerne wie Bayer und BASF kümmert dies nicht - so lange der Profit stimmt. Sie verdienen das große Geld mit "innovativen" Produkten. Unter Verwendung positiv besetzter, aber abgenutzter Begriffe wie "Nachhaltigkeit" versuchen sie, die giftigen Cocktails gewinnbringend zu vermarkten.

Selbst bei konkreten Hinweisen auf Risiken für Mensch und Umwelt bleiben giftige Wirkstoffe jahrzehntelang zugelassen. So teilte das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) auf Anfrage der Bürgerinitiative Campact e. V. mit, dass für 29 neue glyphosathaltigen Spritzmittel eine Zulassung bis 2023 beantragt worden sei.

Weitere acht Produkte haben Zulassungen nach altem Recht, teilweise sogar bis 2026. Hersteller- und Produktnamen will das Bundesamt allerdings nicht nennen. Gerald Neubauer, Campaigner bei Campact, findet derartige Vertuschungstaktiken unzulässig.

Die Öffentlichkeit habe ein Recht darauf, über die Zulassungsverfahren für Pestizide mit Glyphosat informiert zu werden, so sein Argument. Schließlich wiege das öffentliche Interesse schwerer als die Geschäftsgeheimnisse von Konzernen.

Für eine pestizidfreie Landwirtschaft

Während über die Zulassung immer neuer Pestizide gestritten wird und Glyphosat-Hersteller für ihre "Rechte" kämpfen, setzen sich die Grünen dafür ein, dass die Agrargifte so schnell wie möglich vom deutschen Markt verschwinden.

In einem Antrag vom Februar fordern sie im Rahmen eines "Pestizidreduktionsprogrammes", den Einsatz von Ackergiften in den nächsten vier Jahren um 40 Prozent zu senken. Vor allem fordern sie ein Verbot von giftigen Stoffen wie Glyphosat, Glufosinat sowie bienengefährdender Neonicotinoide.

Außerdem soll der Anteil der pestizidfreien Flächen deutlich erhöht werden, um Rückzugsmöglichkeiten für Pflanzen und Tiere zu schaffen. Natur- und Trinkwasserschutzgebiete, Vogelschutz- und Flora-Fauna-Habitat-Gebiete sollen komplett pestizidfrei bleiben, in blühenden Beständen und vor der Ernte soll nicht gespritzt werden dürfen.

So ehrgeizig wie sich dieser Plan anhört, es wäre an der Zeit, ihn in die Realität umzusetzen. Weder der Markt noch einzelne Konzerninteressen sollten darüber entscheiden, ob Pestizide zugelassen werden oder nicht.

Der Respekt vor der Natur und der menschlichen Gesundheit muss alleiniger Maßstab sein. Nur eine Landwirtschaft, die Böden, Flora und Fauna schont und die Biodiversität fördert, stellt unbelastete, gesunde Nahrung her. Allein deshalb müssen wir auf lange Sicht unsere Abhängigkeit von Pestiziden beenden.