Eklat in EU um Billig-Getreide aus Ukraine

Getreidefeld. Bild: szefu911, Pixabay.

Brüssel hatte Agrarimporte aus dem Kriegsland von Steuern befreit. Bedenken aus Polen und Ungarn wurden ignoriert. Nun ist der Eklat da.

Die Europäische Union hat das von Polen und Ungarn eingeführte Importverbot für ukrainisches Getreide kritisiert. Ein Sprecher der EU-Kommission sagte am Sonntag, einseitige Handelsmaßnahmen von EU-Staaten seien nicht erlaubt. Die EU nehme die Entscheidungen Polens und Ungarns "zur Kenntnis".

"In diesem Zusammenhang sollte betont werden, dass die Handelspolitik die ausschließliche Zuständigkeit der EU ist und daher einseitige Maßnahmen inakzeptabel sind", schrieb der Sprecher in einer per E-Mail verbreiteten Erklärung, aus der Nachrichtenagenturen zitierten. Gerade in schwierigen Zeiten ist es wichtig, Lösungen innerhalb der EU miteinander abzustimmen.

Polen hat am Samstag angekündigt, den Import von Getreide und anderen Nahrungsmitteln aus der Ukraine einzustellen. Die ungarische Regierung schloss sich der Maßnahme umgehend an.

Beide Staatsführungen begründeten ihren Schritt damit, Schaden von der einheimischen Landwirtschaft abzuwenden. Vor allem in Polen hatte es zuletzt größere Proteste von Landwirten gegen den Import des ukrainischen Billig-Weizens gegeben.

Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán betonte, die aktuelle Situation belaste die Landwirte im Land stark. In letzter Zeit hätten umfangreiche Getreidelieferungen aus der Ukraine zu einem Rückgang der Preise und Verkäufe entsprechender Agrargüter des heimischen Marktes geführt.

Nach Angaben des ungarischen Landwirtschaftsministers István Nagy soll das Importverbot bis Ende Juni aufrechterhalten werden. Bis dahin warte man auf die Entscheidung der EU, sagte Nagy auf Facebook.

In Polen gilt das Verbot neben Getreide auch für Zucker, Fleisch, Obst und Gemüse, Milch, Eier und andere Produkte. In Ungarn gilt dies für Getreide, Ölsaaten und andere landwirtschaftliche Erzeugnisse.

Orbán sagt, Ungarn hoffe auf eine Änderung der EU-Regeln. Auch die Frage der Aufhebung der Einfuhrzölle auf ukrainisches Getreide muss berücksichtigt werden, da infolge des Angriffskriegs Russlands weniger landwirtschaftliche Produkte aus der Ukraine auf dem Seeweg exportiert werden.

Stattdessen werden große Mengen Getreide aus der Ukraine auf der Straße in benachbarte europäische Länder transportiert, darunter Polen und Ungarn.

Nach ursprünglichen Plänen sollten diese landwirtschaftlichen Güter in andere Länder exportiert werden. Tatsächlich aber landen sie oft in den westlichen Nachbarstaaten der Ukraine. Dort führt das dazu, dass sich die Silos und Lager füllen und die Preise drastisch sinken. Dies wiederum trieb polnische und ungarische Bauern auf die Barrikaden.

Im März bereits hatten mehrere osteuropäische Länder an die Europäische Kommission geschrieben und beklagt, dass die Einfuhren von Getreide, Ölsaaten, Eiern, Geflügel und Zucker aus der Ukraine ein beispielloses Niveau erreicht hätten. Daher sei es notwendig, eine Einfuhrsteuer auf landwirtschaftliche Produkte aus der Ukraine zu erwägen. Dennoch hat die EU die Zollbefreiung auf Einfuhren von ukrainischem Getreide bis Juni 2024 verlängert.