Energiebedarf schlägt Umweltschutz

Bild: Pexel

Angst vor einer möglichen Versorgungslücke infolge der Sanktionen gegen Russland. Zahlreiche Umweltschutzmaßnahmen werden fallengelassen. Das könnte nachhaltige Konsequenzen haben.

Westliche Werte wie Menschenrechte, Klima- und Umweltschutz werden schnell in die Tonne getreten, wenn ein Energiemangel befürchtet wird, wie er kürzlich provoziert wurde. Wenn die Märkte auf politische Entscheidungen reagieren, wie Märkte halt reagieren, bricht in Berlin und Brüssel die Panik aus. Und dann wird der Umweltschutz schneller über Bord geworfen, als man schauen kann.

Aktuell trifft dies auf Weiterbetrieb von Kohlekraftwerken zu oder von drei Kernkraftwerken, eines im windreichen Norddeutschland und zwei in Süddeutschland, das noch immer nicht im geplanten Umfang an die großen Windparks im Norden und Nordosten angebunden ist. Einsprüche der Bevölkerung gegen die Trassenführung und den Freileitungsbau haben den Bau der Links über die Maßen verzögert.

Lange vorbei scheinen die Zeiten, als der weithin sichtbare Bau einer Hochspannungstrasse die Anbindung der Region an die Zukunft verkündete.

Die Bequemlichkeiten des aktuellen Lebens zählen mehr

Seit dem Wirtschaftswunder kam der Strom zuverlässig aus der Steckdose und seine Zuleitung wurde für die meisten Menschen unsichtbar unter die Erde verlegt, wo die Leitungen meist nur einen anthropogenen Gegenspieler hatten, den gemeinen Bagger oder seinen Fahrer.

Wenn die zuschlugen, brach das große Zittern aus. Weg war das Internet, das Onlinekaufhaus war unerreichbar. Mit dem Aussterben von Tante Emma und dem Einzug der Discounter, die mit ihrem Warenwirtschaftssystem ad hoc feststellen konnten, was schneller dreht als erwartet und nachordern konnten, sorgten die elektrischen Heinzelmännchen für einen weitgehend hemmungslosen Warenfluss.

Ohne Strom werden Computer jedoch zu einfallslosen Blechkästen, die Logistik bleibt stehen, die meisten Firmen müssen die Arbeit einstellen und selbst in der Freizeit ist die Freiheit des TV-Konsums schnell dahin, wenn der Smartphone-Akku zur Neige geht.

Übervolle Tiefkühltruhen werden ohne Strom schnell zu lästigen Müllbehältern. Ohne eine funktionierende Mikrowelle dauert die Zubereitung der Fertigmahlzeit deutlich länger als zuvor. Und plötzlich muss man sich Gedanken darüber machen, was man verzehren will und wie zubereitet wird, was zuvor als Convenience Food fertig gewürzt und gesalzen nur noch schnell aufgewärmt wurde.

Die in den letzten Jahren allgegenwärtigen Sorgen um die Umwelt oder das Waldsterben erscheinen wie weggeblasen. So, als wären sie Überbleibsel aus einer fernen Märchenwelt. Die schnelle Mahlzeit wird plötzlich wichtiger als der schleichende Tod durch die Zerstörung der Umwelt und den Klimawandel.

Die Pirouetten, die der Umgang mit der Umwelt dreht

Lange und mühsam erkämpfte Entwicklungen wie das Abschalten der Kernkraftwerke zum Ende des Jahres werden mit einem Machtwort des Kanzlers über Nacht beiseitegeschoben, obwohl der Nutzen des Steckbetriebs mehr an Homöopathie als an fundierte Energiewirtschaft erinnert und so mancher schon wieder die nächste Wende zur scheinbar billigen Energiewende erhofft.

Aber beim Umgang mit der Kernkraft spielt Rationalität kaum noch eine Rolle. So hat die Schweiz jetzt den Bau eines Atommüllendlagers direkt in der geplanten Vorzugseinflugschneise für den Flughafen Zürich-Kloten verkündet.

Und im nahen Birr AG baut man ein Dieselturbinennotkraftwerk, das pro Stunde mit dem Inhalt eines Bahntankwaggons gefüttert werden muss.

Einsprüche sind möglich, aber ohne aufschiebende Wirkung. Lärm und Abgase unvermeidlich. Sonst stehen derartige Einrichtungen am Orten, wo Umweltvorschriften das kleinste Problem darstellen, weil die Infrastruktur durch Erdbeben oder ähnliche Ereignisse zerrüttet ist.

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