Energiepreisbremse: Wer bezahlt den 200-Milliarden-Euro-Abwehrschirm?
Seite 3: Verbot von Einweg-Kaffeebechern?
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Wie wäre es mit einem Verbot von Einweg-Kaffeebechern? Wer will was von wem wofür warum, wenn er genutzt wird, und wie sieht es aus, wenn er gesetzlich verboten würde?
Da Erdöl eine endliche Ressource ist, möchte der Kaffeebechernutzer auf etwas zugreifen, auf das nach ihm niemand mehr zugreifen kann; denn Erdöl wächst bei unserer Lebensweise und in unserem Zeithorizont nicht nach (es entstand lange, bevor an Menschen auch nur zu denken war).
Damit möchte er über etwas herrschen, das ohne Herrschaft allen zusteht, und zwar einschließlich aller noch nicht Geborenen. Das ist weniger verrückt als es vielleicht klingt. Die Gegenposition dazu heißt: Nach mir die Sintflut – und ist philosophisch nicht konsensfähig.
Außerdem ist sie Maximal-Herrschaft, denn irgendwer muss dann ja in der Sintflut ertrinken. Daraus folgt tatsächlich, dass niemand Erdöl nutzen durfte, spätestens nachdem klar war, dass es eben eine endliche Ressource ist. "Wir" haben es trotzdem gemacht und darauf den westlichen Wohlstand und die noch gegenwärtige globale (Vor-)Herrschaft aufgebaut.
Es gibt aber noch weitere Fragen-Antwort-Runden beim Einweg-Kaffeebecher: Wer ihn nutzt, möchte ihn nach Benutzung auch irgendwie wieder loswerden (oder man hortet alles zuhause und überlässt das Müllproblem mit seinem Tod anderen, was auch wieder Herrschaft ist).
Man möchte den Becher also vielleicht in die Gegend werfen, sobald er leer ist. Da sich der Becher nicht alsbald und damit in zu tolerierender Zeit zersetzt, ist diese 'Entsorgung' eine Herrschaft über das Stück Boden, auf dem er liegt, vielleicht sogar über die gesamte Fläche all der Punkte, von denen aus er zu sehen ist.
Der Kaffeebechernutzer muss also die Menschen in dieser Gegend fragen, ob er sein Behältnis dort hinwerfen darf. (Wenn er ehrlich dazu sagt, dass es rund 50 Jahre dauern wird, bis der Becher in Kleinstteile zersetzt ist, und dass Partikel davon weitere Zeit im Naturkreislauf verbleiben, manche Stoffe gar ewig, ist die Anfrage gar nicht mehr zustimmungsfähig, weil die Angefragten ja wieder Herrschaft über nachfolgende Generationen ausüben würden.)
Im Ergebnis wird der Kaffeetrinker also wohl eher verhandeln, seinen Becher verbrennen zu dürfen oder aufwendig in Materialfraktionen zu trennen und dann aus dem Kunststoffanteil bspw. Bahnschwellen zu pressen (perspektivisch, mit einem Kaffeebecher reicht's auch für die Modellbahn noch nicht), womit der endgültige Verbleib des Mülls allerdings immer noch nicht geklärt ist.
Derzeit wird der Kohlenstoff im Kunststoffanteil irgendwann wieder als CO2 in der Luft landen, mit den bekannten Auswirkungen. Für dieses Vorhaben müsste der Nutzer nun also den Rest der Menschheit fragen, ob das okay geht, wenn er die Zusammensetzung der Atmosphäre verändert, sofern wir nicht davon ausgehen dürfen, dass sich das in akzeptabler Zeit von alleine irgendwie wieder einpegelt.
Für die Herstellung des Einweg-Kaffeebechers wird ferner Holz gebraucht. Soweit nicht auf der eigenen Parzelle vorhanden, muss der Nutzer klären, ob er für sein Vorhaben etwas Holz bekommen kann. Derzeit wird diese Frage schlicht über den Preis geregelt: das nicht unbegrenzt vorhandene Holz bekommt, wer einen verlangten Preis dafür zahlt.
Dass Geld die individuelle Freiheit bedroht, dürfte unstrittig sein, denn mit ihm kann global Macht ausgeübt werden, aufgrund der sehr ungleichen 'Verteilung' der Geldmittel gibt es auch ein sehr extremes Machtgefälle in der Welt.
Ein deutscher Coffee-to-go-Kunde kann armen Menschen das von ihnen benötigte Bau- oder Feuerholz vor der Nase weg kaufen. (Und in unserer aktuellen "Energiekrise" können sich selbst in Deutschland einige Bewohner von Altbauten mit Kaminheizung das Feuerholz nicht mehr leisten.)
Das werden viele als ungerecht empfinden: der eine kann sich Existenzielles nicht leisten, weil ein anderer einem Luxus frönt. Warum es tatsächlich auch wieder schlicht Herrschaft ist, weil die Wer-will-was-von-wem-wofür-warum-Fragen nicht geklärt wurden, führt hier zu weit.
Es sollte schon deutlich geworden sein, dass sich bei demokratischer Betrachtung weit mehr Fragen vor der Nutzung eines Wegwerfbechers stellen als nur die, ob es das eigene Portemonnaie hergibt. Zusammengefasst lautet die Frage daher nicht, ob sich Einwegbecher verbieten lassen, sondern wie ihre Nutzung legalisiert werden kann.
Letzteres kann nur gehen, wenn der Becher keine von den Betroffenen ungenehmigte Herrschaft über sie darstellt, wenn Herstellung und Nutzung also - in der klassischen Begrifflichkeit - nicht unerlaubt in die Freiheit anderer eingreifen.
Die Ergebnisse solcher Betrachtungen passen nicht in ein politisches Rechts-Links-Schema und sie sind, obwohl völlig am Freiheitsbegriff orientiert, in vielen Fällen alles andere als libertär. Vermutlich kommt niemand ausschließlich zu Ergebnissen, die ihm persönlich gefallen. Drogenverbote? Nein. Böllerverbot zu Silvester? Vermutlich nein.
Autoverbot in der Stadt? Vermutlich ja. Bürgergeld für alle? Ja.
Wer will was von wem wofür warum? Vielleicht wollen mit Gas- und Strompreisbremse in erster Linie Politiker einen Kredit bei allen Bürgern aufnehmen, den sie ihnen dann großzügig auszahlen können, um als Krisenmeister dazustehen.
Es lohnt sich in jedem Fall, bei Forderungen anderer wie auch bei eigenen Ideen genau zu prüfen, wie es mit Freiheit und Herrschaft aussieht.