Entscheidende Phase der WHO-Verhandlungen über internationales Pandemie-Abkommen
Lehren aus der Corona-Krise: Im Fall einer neuen Pandemie wollen die Mitgliedsstaaten besser vorbereitet sein. Woran es bisher noch hakt.
Die Verhandlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) über ein internationales Abkommen zur Vorbeugung von Pandemien sind in eine entscheidende Phase eingetreten. Bis Donnerstag wird am WHO-Hauptsitz in Genf intensiv über den Vertragstext diskutiert, der nach Informationen der Nachrichtenagentur AFP Ende Mai von der Weltgesundheitsversammlung abgesegnet werden soll, wie unter anderem das Deutsche Ärzteblatt berichtet.
Uneinigkeit unter den WHO-Mitgliedstaaten
Trotz mehrerer Verhandlungsrunden bestehen nach wie vor erhebliche Differenzen zwischen den 194 Mitgliedstaaten der WHO. Der Beschluss, ein internationales Pandemie-Abkommen zu erarbeiten, wurde im Dezember 2021 gefasst, um aus der Corona-Krise zu lernen.
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Die Coronapandemie, die nach WHO-Angaben ab Ende 2019 weltweit mindestens 20 Millionen Menschenleben forderte, hat auch schwere wirtschaftliche Schäden durch Gegenmaßnahmen wie Lockdowns und Reisebeschränkungen mit sich gebracht. Die Gesundheitssysteme waren zudem unzureichend auf die Pandemie vorbereitet, was den Kampf gegen das Coronavirus durch einen lang anhaltenden Mangel an Impfstoffen erschwerte.
Vertrag für bessere Vorbereitung und Reaktion auf Pandemien
Das Ziel des angestrebten völkerrechtlich bindenden Abkommens ist es, auf zukünftige Gesundheitskrisen besser vorbereitet zu sein und im Falle einer Pandemie schneller und gezielter reagieren zu können. Es soll klare Regeln in den Bereichen Prävention, Vorsorge und Reaktion festlegen, unter anderem einen genauen Handlungsleitfaden für alle WHO-Mitgliedstaaten vor und während einer Pandemie enthalten und eine zuverlässige Finanzierung sicherstellen.
Die neunte und letzte Verhandlungsrunde begann am Montag vergangener Woche. Die Gespräche gestalteten sich bislang schwierig und zogen sich oft bis spät in die Nacht. Ob der Vertragstext bis Donnerstag fertiggestellt wird, ist ungewiss. WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus appellierte mehrfach an die Unterhändler und betonte, dass Kompromisse notwendig seien.
Unterschiedliche Interessen der Länder
Die europäischen Länder, die das Pandemie-Abkommen besonders vehement gefordert haben, plädieren für mehr Investitionen in die Prävention. Afrikanische Länder hingegen fordern vor allem einen besseren Zugang zu Impfstoffen und Arzneimitteln. Die USA möchten, dass alle Länder verpflichtet werden, Daten und Proben bei neu auftretenden Krankheitserregern schnell und transparent auszutauschen.
Diplomaten befürchten angesichts der unterschiedlichen Interessen, dass das Abkommen diese Woche nicht abgeschlossen wird. Es wird bereits über eine zusätzliche Verhandlungsrunde im April spekuliert.
"Wir alle wissen, dass es noch wesentliche Bereiche gibt, in denen noch kein Konsens erzielt wurde", sagte WHO-Chef Tedros zu den Unterhändlern. Er betonte, dass das gemeinsame Ziel klar und von "entscheidender Bedeutung für die Menschheit" sei. "Wir können nicht zulassen, dass sich der Teufelskreis aus Panik und Untätigkeit wiederholt."