Folgen des Ukraine-Krieges: Eiszeit zwischen Russland und Japan

Eine Kurilen-Insel. Foto: Anatoly Gruzevich, CC-0

Die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs und die Spannungen mit China haben die Bemühungen um eine Stärkung der Beziehungen zunichte gemacht. Ein Gastbeitrag.

Während der Krieg in der Ukraine in sein drittes Jahr geht, verschlechtern sich die russisch-japanischen Beziehungen weiter. Die Beziehungen zwischen den beiden Ländern waren allerdings noch nie reibungslos.

Seit dem Zweiten Weltkrieg wurden die Beziehungen durch die Unfähigkeit, einen Vertrag zur förmlichen Beendigung der Feindseligkeiten zwischen den beiden Ländern zu schließen, sowie durch einen alten Territorialstreit um eine Inselkette im Pazifik, die in Japan als Nördliche Territorien und in Russland als Südliche Kurilen bekannt sind, beeinträchtigt.

Schon vor dem Ukraine-Konflikt hatte sich Tokio über die zunehmende russische Militärpräsenz auf den Inseln beschwert.

Tauwetter in Ära Abe

Michael Corbin verfügt über fast 30 Jahre Erfahrung in der akademischen Welt, in der Regierung in Washington und in verschiedenen Think Tanks, die sich mit Handel und Wirtschaft in Russland und Eurasien befassen. Er hat einen M.A. in Russisch und Osteuropastudien von der Ohio State University.

Trotz dieser anhaltenden Feindseligkeiten nach dem Zweiten Weltkrieg trug Shinzō Abe, der von 2012 bis 2020 Premierminister war, dazu bei, die Beziehungen zu Moskau zu verbessern, indem er versuchte, Russland als Puffer gegen China, Japans größte Sicherheitsbedrohung, zu gewinnen.

Laut Tass trafen sich Wladimir Putin und Abe über 25 Mal persönlich und führten etwa zehn Telefongespräche. Ihr letztes Treffen fand im Herbst 2019 statt und ihr letztes Telefongespräch wurde am 31. August 2020 geführt, als Putin Abe anrief.

Der Eckpfeiler der Beziehung zwischen Putin und Abe basierte auf hohem persönlichem Respekt sowie auf dem gegenseitigen Interesse an einem verstärkten Handel, insbesondere zur Deckung des japanischen Bedarfs an Rohstoffen. Abe sah Russland auch als potenziellen Puffer gegen ein zunehmend feindseliges China.

Wirtschaftssanktionen

Im Jahr 2013 erreichte der russisch-japanische Handel ein Rekordvolumen von 34,8 Milliarden US-Dollar und blieb trotz schwankender Ölpreise über das gesamte Jahrzehnt hinweg stark. Noch im Jahr 2021 lag der Gesamthandelsumsatz bei über 20 Mrd. US-Dollar, wobei 45 Prozent des Handelsvolumens auf Treibstoffexporte nach Japan entfielen.

Nach der Invasion in der Ukraine im Februar 2022 entzog Tokio Russland den Status der Meistbegünstigung. Dies geschah im Rahmen einer Reihe von Wirtschaftssanktionen, zu denen auch das Einfrieren von Vermögenswerten gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin und die russische Zentralbank gehörte.

Die Japan Times berichtet: "Ohne den Status der Meistbegünstigung nach den Regeln der Welthandelsorganisation wurden die Zölle auf aus Russland importierten Lachs von 3,5 auf 5 Prozent und auf Krabben von vier auf sechs Prozent angehoben". Infolge dieser und brennstoffbezogener Sanktionen belief sich der Gesamthandel im Jahr 2023 auf nur noch auf knapp zehn Milliarden US-Dollar.

Der Handel bricht ein

Ein Rückgang der Einfuhren russischer Kohle um 67,1 Prozent sowie ein Rückgang der Autolieferungen nach Russland um 44,9 Prozent und der japanischen Ersatzteile und Komponenten um 32,5 Prozent aufgrund der Sanktionen gegen Moskau waren die Hauptfaktoren für den Rückgang des Handels. Auf Energierohstoffe und Transportmittel entfallen allerdings immer noch fast 70 Prozent des gesamten bilateralen Umsatzes.

Trotz des Handelseinbruchs sind laut einem Bericht der japanischen Außenhandelsorganisation Jetro vom Februar 156 Unternehmen und Wirtschaftsorganisationen vor 2022 in Russland aktiv. Davon gaben 35 Prozent an, ihre Geschäfte unverändert fortzusetzen.

Bis zum Herbst 2023 bestand Japans Beitrag in Höhe von 12,1 Mrd. US-Dollar für die Ukraine in den vergangenen zwei Jahren hauptsächlich aus finanzieller und humanitärer Hilfe, während sich die Bereitstellung von militärischer Ausrüstung hauptsächlich auf nicht-tödliche Waffen beschränkte.

Tokio exportiert erstmals wieder Waffen

Im Dezember reagierte Moskau jedoch verärgert, als Japan erklärte, es sei bereit, nach einer Überarbeitung seiner Waffenexportrichtlinien Patriot-Luftabwehrraketen an die Vereinigten Staaten zu liefern. Damit hat Tokio zum ersten Mal seit neun Jahren seine Exportbeschränkungen grundlegend überarbeitet.

Obwohl Japans neue Exportkontrollen immer noch verhindern, dass Waffen in Länder geliefert werden, die sich im Krieg befinden, könnte dies "indirekt der Ukraine in ihrem Krieg mit Russland zugutekommen, da die Vereinigten Staaten dadurch zusätzliche Kapazitäten erhalten, um Kiew militärische Hilfe zu leisten".

Die diplomatische Situation hat sich in letzter Zeit ebenfalls weiter zugespitzt.

Die Moscow Times berichtet, dass der russische Ex-Präsident Dmitri Medwedew am 20. Februar "Japans Premierminister scharf kritisierte, nachdem dieser erklärt hatte, seine Regierung sei weiterhin entschlossen, einen Friedensvertrag mit Moskau zu unterzeichnen, um den Territorialstreit über eine von Tokio beanspruchte Inselkette beizulegen."