G7-Gipfel in Japan: Wann wird der Bruch mit Russland und China unumkehrbar?

Gruppenfoto mit Dame: Ursula von der Leyen vertritt neben Charles Michel (2. v. l.) die EU. Vom ukrainischen Präsidenten Selenskyj wird keine Krawatte erwartet. Foto: G7 Japan

Scholz sieht F16-Beschluss als Botschaft an Moskau. Und die wird dort als sehr weitreichend verstanden. Beobachter aus China: G7 reißen die Welt auseinander.

Der G7-Gipfel im japanischen Hiroshima, dem Ort des ersten US-Atombombenabwurfs auf bewohntes Gebiet vor knapp 78 Jahren, stand an diesem Wochenende ganz im Zeichen des Ukraine-Krieges und militärischer Lösungsansätze.

US-Präsident Joe Biden hat am Rand des Treffens von Staatschefs der Wirtschaftsmächte Deutschland, Frankreich, Italien, Japan, Kanada, Großbritannien und USA sowie Vertretern der EU grundsätzlich den Weg dafür freigemacht, im Rahmen einer Koalition von Verbündeten US-Kampfjets Typs F-16 an die Ukraine zu liefern.

Die USA hatten während des G7-Gipfels auch grünes Licht für die Ausbildung von Kampfjet-Piloten an Maschinen dieses Typs gegeben. Das Projekt wird von Großbritannien, Frankreich, Belgien, Dänemark und Portugal mitgetragen. Zu einem späteren Zeitpunkt soll entschieden werden, wann und wie viele Flugzeuge geliefert werden und wer sie zur Verfügung stellt.

Laut Scholz ist unklar, "was am Ende der Ausbildung stehen wird"

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) rechnet allerdings nicht mit einer baldigen Lieferung: "Das, was mit der Ausbildung von Piloten verbunden ist, ist ja ein längerfristiges Projekt", sagte Scholz laut einem Bericht der Nachrichtenagentur dpa am Sonntag am Rande des G7-Gipfels. Die USA hätten noch gar nicht endgültig entschieden, "was am Ende der Ausbildung dann stehen wird".

Das Projekt sei zunächst eine Botschaft an diejenigen, die die Ukraine angegriffen hätten: Russland solle nicht darauf setzen, dass die Unterstützung für das Land mit zunehmender Dauer des Krieges nachlasse. "Es bleibt die Botschaft: Russland muss Truppen zurückziehen."

Lawrow: Ziel sei, "Russland auf dem Schlachtfeld zu besiegen"

Russlands Außenminister Sergej Lawrow fasste die Botschaft, wie er sie verstanden hatte, laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Tass etwas anders zusammen:

Das Ziel wurde laut und offen verkündet, nämlich, Russland auf dem Schlachtfeld zu besiegen, und ohne dabei stehen zu bleiben, es später sozusagen als geopolitischen Rivalen auszuschalten, zusammen mit jedem anderen Land, das einen unabhängigen Platz in der Welt beansprucht.


Sergej Lawrow, Außenminister der Russischen Föderation

Die Expertengemeinschaft der westlichen Länder diskutiere offen über Szenarien auszuarbeiten, die auf einen Zerfall Russlands abzielen, und verhehlten nicht, "dass die Existenz Russlands als unabhängiges Zentrum mit den Zielen des Westens unvereinbar ist", so Lawrow. Der Westen strebe die "Weltherrschaft" an.

In einer gemeinsamen Erklärung hatten die G7-Staats- und Regierungschefs am Samstag China aufgefordert, "Russland dazu zu drängen, seine militärische Aggression zu stoppen und seine Truppen sofort, vollständig und bedingungslos aus der Ukraine abzuziehen".

In einer weiteren Erklärung ging es um Strategien, die ökonomische Abhängigkeit des Westens von China zu reduzieren.

Wir werden weiterhin dafür sorgen, dass die klar definierte, enge Gruppe sensibler Technologien, die für die nationale Sicherheit von entscheidender Bedeutung sind oder den internationalen Frieden und die internationale Sicherheit gefährden könnten, angemessen kontrolliert werden, ohne den breiteren Technologiehandel übermäßig zu beeinträchtigen.


Aus dem G7-Statement zur "ökonomischen Resilienz und Sicherheit"

Chinas Offizielle sehen sich im Ukraine-Krieg als potenzielle Vermittler – westliche Regierungen bescheinigen ihnen aber eine zu große Nähe zu Russland.

In einer Analyse der chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua heißt es nun, "der von den USA manipulierte G7-Gipfel" reiße die Welt auseinander und sorge für Spannungen.

Die G7 haben am Samstag eine Erklärung zur wirtschaftlichen Resilienz und Sicherheit herausgegeben und damit gedroht, dem "ökonomischen Zwang" entgegenzuwirken, der die Welt unter dem Vorwand, die Abhängigkeit von China zu verringern, de facto in zwei Märkte und zwei Systeme in Bereichen wie Halbleiter und kritische Mineralien spalten wird.


Xinhua

Selenskyj im Friedensmuseum

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte am Sonntag an den Beratungen der G7-Staaten teilgenommen, nachdem er am Vortag als Überraschungsgast in Hiroshima gelandet war und bereits mehrere der dort versammelten Staats- und Regierungschefs getroffen hatte – darunter Scholz und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron.

Am Sonntagmorgen traf Selenskyj den kanadischen Premierminister Justin Trudeau, später war auch ein bilaterales Gespräch mit US-Präsident Biden geplant. Im Anschluss an die Gipfelberatungen war ein Besuch Selenskyjs im Friedensmuseum der Stadt geplant, die vor knapp 78 Jahren, am 6. August 1945, Ziel des verheerenden US-Atombombenabwurfs geworden war.