Gasstreit mit Ukraine: Orbán und Fico drohen mit Vergeltung
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Beide Politiker erheben schwere Vorwürfe gegen die EU und die Ukraine. Diese seien für steigende Energiepreise verantwortlich. Drohungen gegen Kiew.
Der slowakische Ministerpräsident Robert Fico und Ungarns Premier Viktor Orbán beschuldigten in Bratislava die EU-Kommission in Brüssel und die Ukraine, die Energiepreise nach oben zu treiben. Orbán sprach dabei von Vergeltung, wenn die Ukraine am Gastransitstopp festhält.
Die Gastransitfrage könne nicht durch "aggressive und feindselige Äußerungen" gelöst werden, antwortete Ministerpräsident Orbán auf eine Frage zum Gastransitstopp auf der Pressekonferenz nach seinen Gesprächen mit seinem Amtskollegen Fico am 21. Januar.
Ukraine handelt "inakzeptabel"
Die Ukraine sei angesichts der anhaltenden globalen Veränderungen, die seiner Meinung nach "gegen Kiew arbeiten", nicht mehr in der Lage, "sich das zu leisten", unterstrich Orbán und ergänzte: "Wenn sie aggressiv und feindselig bleiben … werden sie uns letztlich verärgern und wir werden Gegenmaßnahmen ergreifen."
Ficos Bemühungen, durch Verhandlungen eine Lösung für die Einstellung des Gastransits zu finden, unterstützt Orbán rundum. Das Ende des Gastransits bedrohe nicht nur die Interessen der Slowakei, sondern auch die Ungarns und die Energiesicherheit der gesamten Region. Die Art und Weise, wie Kiew versuche, die Beziehungen zu den mitteleuropäischen Ländern zu kontrollieren und zu gestalten, sei "inakzeptabel", kritisierte Orbán weiter.
Abhängigkeit von teurem Gas aus dem Westen eindämmen
Fico erklärte seinerseits, es liege im Hauptinteresse seines Landes, dass die Gaslieferungen aus der Ukraine in die Slowakei fortgesetzt würden. Die Slowakei verfüge über einen gültigen Vertrag mit Gazprom zum Kauf von Gas zu einem bestimmten Preis.
Die einzige Route für russisches Gas nach Mitteleuropa führe derzeit über die Türkei. Wenn es für die Slowakei möglich werde, über die Schwarzmeer-Pipeline Turkish Stream Gas zu erhalten, sei das eine gute Lösung für die Diversifizierung, erläuterte Fico. Es gelte, jede Möglichkeit zu nutzen, um sicherzustellen, dass die Slowakei nicht nur von teurem Gas aus dem Westen abhängig sei.
Gas aus Russland gilt als bestes Angebot
Erst kürzlich reiste Fico zu Gesprächen in die Türkei, um auszuloten, wie es mit Gaslieferungen über Turkish Stream aussieht. Dazu laufen Aktivitäten, um die Durchleitungskapazitäten aus Ungarn in die Slowakei auf über fünf Milliarden Kubikmeter Gas im Jahr zu erhöhen und auf diesem Weg russisches Gas über die Türkei und Bulgarien nach Zentraleuropa zu transportieren.
In Bukarest auf einer Energiekonferenz kritisierte Außen- und Handelsminister Péter Szijjártó politisch motivierte Energiesanktionen, die die Wettbewerbsfähigkeit Europas zerstören würden und schwerwiegende Auswirkungen auf den Lebensstandard hätten. Deshalb sollten so schnell wie möglich neue Ressourcen und Versorgungswege erschlossen werden, sagte er. Doch es lohne sich nur dann, die Versorgungsrichtung zu ändern, wenn es ein besseres Angebot gebe: billiger und zuverlässiger. Szijjártó weiter:
Es liegt kein besseres Angebot auf dem Tisch. Deshalb geben wir die Energiezusammenarbeit mit Russland nicht auf. Und das ist auch der Grund, warum wir die Turkish Stream-Pipeline, die derzeit die wichtigste Garantie für unsere Versorgungssicherheit ist, auf jede erdenkliche Weise schützen werden.
Wer nach der Pfeife tanzt
Wie die Vergeltung nun gegenüber der Ukraine aussehen kann, ließ Orbán in Bezug auf die Beitrittsverhandlungen der Ukraine mit der Europäischen Union durchblicken. So verwies er darauf, unabhängig davon, was Brüssel über die Mitgliedschaft der Ukraine in der Europäischen Union sage, dass die einstimmige Zustimmung der Mitgliedsstaaten, darunter Ungarn und die Slowakei, erforderlich sei.
Die Ukraine könne sich nicht so verhalten, als ob die Welt, Bratislava und Budapest "nach ihrer Pfeife tanzten", monierte Orbán. "Unter der demokratischen US-Regierung mag das so gewesen sein, aber das ist vorbei, und jetzt beginnt eine neue Ära des Friedens." Orbán hat den Eindruck, dass Kiew "noch nicht bewusst ist, dass sich das Kräfteverhältnis radikal geändert hat und dass die mitteleuropäischen Länder ernst genommen werden müssen".
Möglicherweise täuscht sich Orbán in einer weniger kritischen Sicht von US-Präsident Donald Trump auf Russland. Weitere Sanktionen hält dieser für wahrscheinlich, sollte der russische Präsident Wladimir Putin Verhandlungen über eine Einigung auf ein Ende des Krieges gegen die Ukraine nicht akzeptieren. "Scheint ganz so", antwortete der neue Staatschef auf einer Pressekonferenz im Weißen Haus auf eine dementsprechende Frage. Nach seiner Vereidigung als US-Präsident am 20. Januar äußerte sich Trump außergewöhnlich kritisch zu Putin.