Gastransit-Stopp durch Ukraine treibt Energiepreise
Ukraine will Gastransit aus Russland stoppen. An den Börsen steigen die Preise, Europas Gasspeicher leeren sich schneller als erwartet. Droht ein eisiger Winter?
Das neue Jahr steht vor der Tür und für einige EU-Staaten bringt es wohl ein Ende der Gaslieferungen aus Russland. Die Ukraine hat schon seit Monaten angekündigt, den Transitvertrag mit dem Kriegsgegner in Moskau nicht verlängern zu wollen. Für Länder wie die Slowakei bedeutet dies, dass sie in wenigen Tagen von einem wichtigen Energieträger abgeschnitten sein könnten.
Die Unsicherheiten haben sich zuletzt bei den Gaspreisen an den Börsen bemerkbar gemacht. In nur einer Woche ist der Gaspreis um mehr als sechs Euro auf ein Preisniveau von über 45 Euro pro Megawattstunde gestiegen. Seit Ende Februar hat sich der Gaspreis verdoppelt. Nur im November lagen die Gaspreise mit über 48 Euro pro Megawattstunde noch höher.
Hinzu kommt, dass die Vorräte in Europas Speichern aktuell stark abnehmen. Am 22. Dezember waren die Speicher nur noch zu etwa 76 Prozent gefüllt, Anfang November waren sie es noch zu mehr als 95 Prozent. Prognosen gehen davon aus, dass die Temperaturen in Europa in diesem Winter niedriger ausfallen könnten, was den Gasverbrauch noch weiter in die Höhe treiben könnte.
Russland will Gaslieferungen fortsetzen
Der Kreml hat indessen betont, bereit zu sein, die Gaslieferungen fortzusetzen. Das erklärte der stellvertretende russische Ministerpräsident Alexander Novak am Mittwoch in einem Interview mit dem staatlichen Fernsehsender Rossiya 24. „Wir haben unsererseits immer erklärt, dass wir bereit sind, die Gaslieferungen nicht nur über die bestehende Verbindung durch die Ukraine fortzusetzen“, sagte Novak.
Es sei nun an den Behörden in Kiew und der Europäischen Union, sich über die Zukunft des Gastransports zu einigen, fügte er hinzu. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte zuvor erneut erklärt, dass sein Land den Transitvertrag nicht verlängern werde.
„Wir wollen nicht, dass sie hier Geld verdienen“, sagte Selenskyj im Juli mit Blick auf Russland. Jetzt hatte Selenskyj laut Bloomberg die Möglichkeit ins Spiel gebracht, dass die Weiterleitung russischen Gases möglich sei, wenn der sichergestellt werde, dass der Kreml während des Krieges nicht finanziell von dem Geschäft profitiere.
Russland bietet alternative Routen für Gastransit an
Russland beliefert Europa nicht nur über die Ukraine mit Erdgas, sondern auch über verschiedene andere Routen, wie die Turkstream-Pipeline, die das Schwarze Meer durchquert. Etwa 15 Milliarden Kubikmeter Erdgas erreichten die EU-Staaten auf diesem Weg. Zudem werde der Brennstoff auch als Flüssigerdgas (LNG) per Tanker verschifft.
Insgesamt hätten die russischen Gasexporte nach Europa in den ersten elf Monaten dieses Jahres 50 Milliarden Kubikmeter überstiegen, so Novak. Präsident Wladimir Putin erklärte zudem, Russland sei auch bereit, die Gaslieferungen über die letzte verbleibende Verbindung der Nord-Stream-Pipeline wieder aufzunehmen.
„Dunkelflaute“ könnte Strompreise in Deutschland treiben
Die Gaspreise könnten auch den Strompreis in Deutschland erheblich beeinflussen. Das liegt daran, dass die Stromerzeugung aus Windenergie in dieser Woche erheblich zurückgehen könnte.
Laut Prognosen wird die Windstromerzeugung in Deutschland in der letzten Dezemberwoche auf nur noch 1,8 Gigawatt einbrechen – gerade mal zehn Prozent des winterlichen Durchschnitts. Um die Stromversorgung aufrechtzuerhalten, müssten dann teure Gas- und Ölkraftwerke einspringen. Das könnte die Strompreise zusätzlich in die Höhe treiben.
Mittelfristig soll der großflächige Ausbau von Energiespeichern solche Preisausschläge dämpfen. Doch bis dahin bleibt die Abhängigkeit von Gas als Reservekapazität bestehen – und damit auch ein Risiko für steigende Strompreise, sollte der russische Gastransit durch die Ukraine tatsächlich versiegen.